Richard Voß unternahm in jungen Jahren zahlreiche Reisen, insbesondere nach Italien. Als Johanniter nahm er am 1870 am Deutsch-Französischen Krieg teil und wurde verwundet. Anschließend studierte er in Jena und München. Ab 1874 lebte er abwechselnd in Königssee bei Berchtesgaden und in Frascati bei Rom. In seinem Haus „Bergfrieden“ in Königssee waren zahlreiche Künstler und Adelige zu Gast, ebenso in der Villa Falconieri in Frascati, die später an Wilhelm II. ging. 1884 wurde er zum Bibliothekar der Wartburg ernannt.
1878 heiratete er Melanie von Glenck. Damit verbarg Voss „ein beispielloses Doppelleben, zu dem er als Homosexueller gezwungen war und das sich in seinem Schaffen niederschlug.“[2] Seine homosexuellen Beziehungen – z. B. mit Ernst von Wildenbruch, Prinz Georg von Preußen (1826–1902), Kurt Martens und seinem „Blutsbruder“ Richard Kandt – machten seinen Umgang in höchsten Kreisen um Kaiser Wilhelm II. derart problematisch, dass er für den Aufenthalt in der Villa Falconieri als zu unwürdig erklärt wurde. Den Grund des Bruchs der leidenschaftlichen Beziehung mit Kandt sah der Antisemit und deutsch-national gesinnte Voß in Kandts jüdischer Herkunft.[3]
Bereits als 10-Jähriger hatte er während seiner Kuraufenthalte in Sankt Zeno bei Bad ReichenhallMauritia Mayer kennengelernt und war mit ihr trotz des Altersunterschiedes von 18 Jahren bis zu ihrem Tod freundschaftlich eng verbunden.[4] In seinem Bestseller-Roman Zwei Menschen (die Erstausgabe erschien 1911 und erreichte 97 Auflagen in über 1 Million Exemplaren)[5] setzte er ihr in der Hauptfigur Judith Platter ein idealisiertes literarisches Denkmal.[4]
1916 schlug Voß vor, einen überdimensionalen bayerischen Löwen als Kriegerdenkmal in die Falkensteinerwand am Königssee zu schlagen. Um das Projekt zu verhindern, wurde der Vorläufer des heutigen Nationalparks Berchtesgaden geschaffen.
Voß starb am 10. Juni 1918 in Berchtesgaden und wurde dort auch beerdigt. Das von Stephan Sinding geschaffene Urnengrab des Ehepaars Voß ist an der nördlichen, Richtung Bahnhofstraße führenden Mauer auf dem Alten Friedhof neben der Franziskanerkirche.[7]
In Schönau am Königssee wurde eine Straße nach Richard Voß benannt, die von der Königsseer Straße abzweigend, kurz vor dem großen Parkplatz am Königssee, zum Ortsteil Schwöb führt.[11][12]
Im Berchtesgadener Ortsteil Mitterbach wurde zu Ehren seiner Romanfigur in Zwei Menschen eine Stichstraße zur Vorderbrandtstraße in Judith-Platter-Weg benannt.[13]
Ein bereits 1902 von Josef Kopf in Rom gefertigtes Bronzerelief mit einem Seitenprofil des Dichters war nach dessen Tod in eine Felswand am Anfang des Soleleitungswegs in Berchtesgaden eingelassen,[14] allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg herausgebrochen und gestohlen worden.[15] 1958 wurde es von Hans Richter (1931–2014)[16] nachgebildet und an gleicher Stelle wieder angebracht.[15]
Literatur
Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und männlicher Sexualität im deutschen Sprachraum. MännerschwarmSkript-Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-928983-65-2. Überarbeitete Taschenbuchausgabe: Suhrkamp, Frankfurt 2001, ISBN 3-518-39766-4, S. 714 f.
A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Reprint von 1929. Verein für Heimatkunde des Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1973, S. 376–378.
Hellmut Schöner (Hrsg.): Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I. Verein für Heimatkunde des Berchtesgadener Landes, Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982, ISBN 3-87490-528-4, S. 579, 580.
↑Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und männlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, MännerschwarmSkript-Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-928983-65-2. Überarbeitete Taschenbuchausgabe: Suhrkamp, Frankfurt 2001, ISBN 3-518-39766-4. S. 371 f.
↑ abA. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. S. 377, 378.
↑A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. S. 376, 377 Laut A. Helm wurde in der ehemals eigenständigen Gemeinde Königssee der Talergrabenweg in Richard Voßweg umbenannt – womöglich handelt es sich bereits hierbei um die jetzige Richard-Voß-Straße in Schönau am Königssee.