Pier Luigi Pizzi absolvierte ein Architekturstudium am Mailänder Politecnico. 1951 begann er gegen den Willen seines skeptischen Vaters zunächst im Umfeld von Giorgio Strehler und dann am Teatro Tommaseo in Genua mit seiner Arbeit am Theater, die ihn bald mit Giorgio De Lullo und dessen Theatertruppe Compagnia dei Giovani zusammenbrachte. Später arbeitete er jahrelang als Bühnen- und Kostümbildner vornehmlich mit dem Regisseur Luca Ronconi zusammen, wobei er sowohl im Schauspiel wie auch in der Oper tätig war. 1977 debütierte Pizzi bei Don Giovanni von Wolfgang Amadeus Mozart in Turin als Regisseur, woran sich zahlreiche weitere Operninszenierungen anschlossen, zu denen er jeweils auch Bühnenbild und Kostüme entwarf. An Opernbühnen ist Pizzi heute ausschließlich in Personalunion von Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner tätig.
Als Bühnenbildner tendiert Pizzi zu Entwürfen, die den Aufführungsraum exakt definieren und viele gebaute Elemente umfassen. Der Einfluss seines Architekturstudiums ist dabei unverkennbar. In der Regel geht es bei ihm um Räume, die ihre Künstlichkeit nicht verhehlen und oft mit Treppen, Podesten etc. ausgestattet sind sowie zumeist steten Verwandlungen unterworfen sind. Das Erzielen einer räumlichen Illusion oder theatralen Realismus strebt er kaum jemals an, und wenn, dann um die jeweiligen Aufführungstraditionen zu konterkarieren. Deshalb zeigte Pizzi 1974 in Richard WagnersDie Walküre (Regie Ronconi, Mailänder Scala, Dirigent Wolfgang Sawallisch) scheinbar naturgetreue Interieurs des neunzehnten Jahrhunderts, die von einer wuchernden Natur umschlossen waren und ihre artifizielle Theatralität nicht verbargen. Immer wieder zitiert er in seinen Arbeiten Werke der Bildenden Kunst, etwa ebenfalls 1974 in Giuseppe VerdisLa forza del destino an der Wiener Staatsoper (Regie Luigi Squarzina, Dirigent Riccardo Muti), wo er Teile von Francisco de GoyasLos desastres de la Guerra nachbaute und in den Rahmen eines traditionellen, vielfach gerafften Opernvorhangs des 19. Jahrhunderts stellte. Für Ronconis Inszenierung von Die Bakchen am Wiener Burgtheater wiederum verwies Pizzi auf die Antike, indem er deren Wiederentdeckung in der italienischen Renaissance sichtbar machte und Teile des Teatro Olimpico in Vicenza auf die Bühne brachte, gebrochen durch ein gleichsam von hinten gezeigtes, aus Holz konstruiertes Bühnenportal.
Als Opernregisseur zeichnet sich Pizzi durch einen unideologischen Zugang zu den Werken der Komponisten aus. Er kann sich den Intentionen der Autoren stark annähern und deren Visionen durch seine Brille gefiltert wiedergeben, andererseits kann er auch zu ironischen Verzerrungen oder radikalen Simplifizierungen neigen. Pizzi tendiert in der Personenregie zur Zurückhaltung, er baut die Sänger eher in die Bühnenbildner ein und charakterisiert sie durch schlichte, zumeist farblich wesentlich akzentuierte und mit zeitgenössischen Materialien ausgeführte Kostüme, die ihre Historizität lediglich als Zitat ausweisen.
1990 eröffnete Pizzi die neu erbaute Opéra Bastille in Paris mit seiner Inszenierung von Les Troyens von Hector Berlioz. Im Dezember 2004 gestaltete Pizzi Bühnenbild und Kostüme für L’Europa riconosciuta von Antonio Salieri zur Wiedereröffnung der renovierten Mailänder Scala, wobei er hier nach rund zwanzigjähriger Pause erstmals wieder mit Luca Ronconi zusammenarbeitete und ausnahmsweise lediglich für die Ausstattung zuständig war.
Im Oktober 2005 wurde Pizzi zum künstlerischen Direktor des Opernfestivals in Macerata ernannt, wo er bereits mehrfach als Regisseur tätig war. Diese Funktion soll er bis 2007 ausüben.
Pizzi ist auch als Ausstellungsgestalter in Erscheinung getreten. 2004 eröffnete das Museum der Mailänder Scala – das Museo teatrale alla Scala – mit der von Pizzi entworfenen neuen Einrichtung.