Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
Paraldehyd ist eine chemische Verbindung. Es ist das Trimer des Acetaldehyd. Es handelt sich um ein cyclisches Vollacetal. Entsprechend ist das Molekül instabil, schon gegenüber verdünnten Säuren. Paraldehyd ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Sedativa mit beruhigenden, schlaffördernden und krampflösenden Eigenschaften. Es wird heutzutage kaum mehr eingesetzt.
Das 1829 von Wiedenbusch entdeckte Paraldehyd wurde 1913 in London von H. Noel und H. S. Soutarr[6] zusammen mit einer Äther-Kochsalz-Lösung für die intravenöse Narkose benutzt.[7]
Paraldehyd entsteht durch Cyclisierung von drei Molekülen Acetaldehyd in Gegenwart von Schwefelsäure. Die Produktbildung der Cyclisierungsreaktion ist temperaturabhängig. Bei Raumtemperatur ist die Bildung des Trimers bevorzugt. Bei niedrigeren Temperaturen um −10 °C entsteht eher das TetramerMetaldehyd.[8]
Die Trimerisungsreaktion verläuft exotherm, wobei eine molare Reaktionsenthalpie von −113 kJ·mol−1 abgeschätzt werden kann.[9]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Paraldehyd ist eine farblose Flüssigkeit mit einem durchdringenden etherartigen Geruch.[9] Sie ist mit typischen organischen Lösungsmitteln mischbar sowie in Wasser gut löslich.[9] Die Löslichkeit in Wasser sinkt dabei mit steigender Temperatur.
Zusammenstellung der wichtigsten thermodynamischen Eigenschaften
Für die Molekülstruktur können zwei Stereoisomere formuliert werden, die als cis- (1) und trans-Paraldehyd (2) bekannt sind. Die beiden vorigen stehen im Gleichgewicht mit ihren jeweiligen Konformationsisomeren (4) bzw. (3), die allerdings aus sterischen Gründen, da sich hier die Methylgruppen gegenseitig behindern würden, sehr instabil sind.[15][16]
Sicherheitstechnische Kenngrößen
Paraldehyd bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt von 27 °C.[1] Der Explosionsbereich liegt zwischen 1,3 Vol.‑% (70 g/m³) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 17 Vol.‑% als obere Explosionsgrenze (OEG).[17][1] Die Grenzspaltweite wurde mit 1,01 mm bestimmt.[1][17] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[1] Die Zündtemperatur beträgt 201 °C.[1][17] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T3.
Sicherheitshinweise
Die Lagerung ist auf Grund der Instabilität schwierig. Man setzt ein Antioxidans zu und lagert fern von Licht und Wärme bzw. in Braunglasflaschen. Die angebrochenen Mengen sollten möglichst klein gehalten und schnell verbraucht werden.
Nachweis
Der Aldehyd reagiert in der Tollensprobe mit einem Silberdiamminkomplex und bildet einen Silberspiegel aus elementarem Silber.
In der Iodoformreaktion lässt sich die CH3-CO-Gruppe nachweisen.
Für beide Reaktionen ist eine saure Hydrolyse des Paraldehyds zu Acetaldehyd erforderlich.
↑David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-410.
↑Vgl. H. Noel, H. S. Soutarr: The anaesthetic effects of intravenous injections of paraldehyde. In: Annales of Surgery. Band 57, 1913, S. 64 ff.
↑H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 16.
↑H.P. Latscha; U. Kazmaier; H.A. Klein: Chemie für Biologen, Springer Verlag 2005, ISBN 3-540-21161-6, S. 515.
↑ abcPihlaja, K.; Tuomi, M.: Bond-Bond interactions in organic oxygen compounds. Part II. Anomalous stablization in cis-2,4,6-trimethyl-1,3,5-trioxane in Suom. Kemistil. 43 (1970) 224–226.
↑ abClegg, G.A.; Melia, T.P.: Thermodynamics of polymerization of heterocyclic compounds. Part IV. The heat capacity, entropy, enthalpy and free energy of paraldehyde in Makromol. Chem. 123 (1969) 194–202.
↑Hollmann, R.: Physical and natural equilibria between the modifications of aldehyde in Z. Phys. Chem., Stoechiom. Verwandtschaftsl. 43 (1903) 129–159.
↑E. S. Domalski, E. D. Hearing: Heat Capacities and Entropies of Organic Compounds in the Condensed Phase. Volume III. in: J. Phys. Chem. Ref. Data 25, 1996, S. 1–525; doi:10.1063/1.555985.
↑D. C. Carpenter, L. O. Brockway: The Electron Diffraction Study of Paraldehyde. In: Journal of the American Chemical Society. 58, 1936, S. 1270–1273, doi:10.1021/ja01298a053.
↑ abcE. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.