Thomas Cavalier-Smith postulierte 2002, dass die Bakterien dieser Gruppe ihre Peptidoglykan-Zellwand zweimal verloren oder reduziert haben.[5]
In seiner Systematik nannte er die Gruppe Planctobacteria (Planctobakterien) im taxonomischen Rang eines Phylums und die namensgebenden Mitglieder lediglich als Klasse.[5]
Dies wird jedoch von der größeren wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht übernommen und die PVC-Gruppe dagegen eher als Superphylum eingestuft,[6] und der Begriff Planctobacteria wird manchmal synonym zum Phylum Planctomycetes verwendet.
In der bakteriellen Megaklassifikation nach Cavalier-Smith gehören die Planctobakterien (alias PVC-Gruppe) zum bakteriellen Infrareich (englischinfrakingom, lateinischinfraregnum) Gracilicutes und umfassen neben den genannten Planctomycetes, Verrucomicrobia und Chlamydiae insbesondere auch die Lentisphaerae.[5][7]
Patrick Forterre (2011) und Baum et al. (2014) stellten die Hypothese auf, dass ein Mitglied der PVC-Klade in einem endosymbiotischen Ereignis in der Frühzeit des Leben Wirtszelle gewesen sein könnte, aus der die erste proto-eukaryotische Zelle hervorging.[8][9] Diese Hypothese steht in Konkurrenz zur Eozyten-Hypothese, nach der diese Wirtszellen stattdessen bestimmte Archaeen waren – nach der ursprünglichen Vermutung Crenarchaeota alias Eozyten. Diese Auffassung hat in jüngster Zeit Unterstützung bekommen: so vermutet man den Ursprung der Eukaryoten heute eher bei oder in den neu entdeckten (und mit den Crenarchaeota weitläufig verwandten) Asgard-Archaeen.
Molekulargenetische Charakterisierung
Planctomycetes, Verrucomicrobia, und Chlamydiae werden in der konventionellen molekularen Phylogenie als Phyla (d. h. Stämme oder Abteilungen, englischdivisions) betrachtet, und in der PVC-Gruppe als Superphylum zusammengefasst, zusammen mit weiteren Kandidaten-Phyla wie Omnitrophica[10] (früher OP3) und Poribacteria.[3]
Dies wird begründet mit der Homologie ihrer 16S rRNA. Phylogenetische Bäume basierend auf dieser RNA zeigen die eine monophyletische Gruppierung dieser Phyla, d. h. eine Abstammung von einem gemeinsamen Vorfahren.[3]
Trotz ihres gemeinsamen Ursprungs unterscheiden sich die Mitglieder des PVC-Superstamms in Bezug auf Lebensweise, Physiologie und Ökologie erheblich.
Es ist daher ein wichtiges Anliegen, zusätzlich Molekulare Marker zu identifizieren, hochkonservierteGene und die von ihnen kodiertenProteine, die eine Zugehörigkeit zu dieser Gruppe anzeigen. 2014 fanden es Ilias Lagkouvardos et al. ein solches Protein, genannt PVC-Superphylum-Signaturprotein (en. PVC superphylum sinature protein).[11]
Dieses konservierte Signaturprotein wird von allen PVC-Mitgliedern, mit Ausnahme der Poribacteria, geteilt. Es könnte daher einen Marker darstellen, wie er gesucht wurde, d. h. eine synapomorphe Eigenschaft darstellen und ein Mittel zur Unterscheidung dieser Bakteriengruppe von anderen sein. Diesem Protein wurde eine wichtige Funktion bei der DNA/RNA-Bindung zugeschrieben.[11]
Diese Beobachtung bietet nicht nur ein Mittel zur Abgrenzung der PVC-Supergruppe, sondern unterstützt auch deutlich eine evolutionäre Beziehung der Mitglieder dieser Gruppe im Unterschied zu anderen Bakterien.[12][13]
Es wurden auch Conserved Signature Indels (CSIs: konservierte Signatur-Indels) gefunden, die spezifisch für Planctomycetes, Verrucomicrobia und Chlamydiae sind und die die jeweiligen Stämme voneinander und von anderen Bakterien unterscheiden.[12][14] Es wurde ein Drei-Aminosäure-Insertion im RNA-Polymerase-ProteinRpoB[15] gefunden, das allen sequenzierten Verrucomicrobia-, Chlamydiae- und Lentisphaerae-Arten gemeinsam ist. Das CSI fehlt bei den benachbarten Planctomycetes und Poribacteria, was auf eine gemeinsame Abstammung und nähere Verwandtschaft der Phyla hindeutet, für die das CSI spezifisch ist.[12]
Weitere Beweise für die Existenz dieser Untergruppe sind das Vorhandensein von membranartigen Proteinen (en. membrane coat-like proteins), Tubulin, der Syntheseweg für Sterol und das Vorhandensein von kondensierter DNA.[3][16]
Phylogenie
Links eine konservative Phylogenie nach Woese (1987),[19] Rappé et al (2003),[20] Wagner & Horn (2006)[3] und Spring et al (2016);[21] rechts eine neuere nach der GTDB-Datenbank[22] (mit Annotree: Mendler et al, 2019[23])
LPSN kennt die Supergruppe PVC selbst nicht, daher sind unten die jeweiligen Mitgliedsphyla einzeln referenziert.
Die GTDB versteht abweichend von der folgenden Systematik das Phylum Verrucomicrobiota im weiteren Sinne, d. h. es schließt die Kiritimatiellae (vorher Kiritimatiellaeota) und Lentrispheria (vorher Lentisphaerae) etc. mit ein, die in diesem Zug von Phyla zu Klassen „degradiert“ werden.[25]
Üblicherweise sind von den PVC-Subtaxa nur die Klassen ausgeführt.
Mit Anführungszeichen veröffentlichte Namen sind nicht gültig veröffentlicht;
weniger gebräuchliche Synonyme sind als Anmerkungen wiedergegeben:
↑ abNCBI: PVC group, Details: PVC group (clade, includes Chlamydiae/Verrucomicrobia group alias Chlamydiales/Verrucomicrobia); graphisch: PVC group, Lifemap NCBI Version.
↑ abcdef
Michael Wagner, Matthias Horn: The Planctomycetes, Verrucomicrobia, Chlamydiae and sister phyla comprise a superphylum with biotechnological and medical relevance. In: Current Opinion in Biotechnology. Band17, Nr.3, Juni 2006, S.241–249, doi:10.1016/j.copbio.2006.05.005, PMID 16704931 (sciencedirect.com).
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Elena Rivas-Marín, Damien P. Devos: The Paradigms They Are a-Changin’: past, present and future of PVC bacteria research. In: Antonie van Leeuwenhoek. Band111, 1. Juni 2018, S.785–799, doi:10.1007/s10482-017-0962-z (englisch).
↑
N. R. Krieg, W. Ludwig, W. B. Whitman, B. P. Hedlund, B. J. Paster, J. T. Staley, N. Ward, D. Brown, A. Parte: The Bacteroidetes, Spirochaetes, Tenericutes (Mollicutes), Acidobacteria, Fibrobacteres, Fusobacteria, Dictyoglomi, Gemmatimonadetes, Lentisphaerae, Verrucomicrobia, Chlamydiae, and Planctomycetes. Hrsg.: George M. Garrity (= Bergey's Manual of Systematic Bacteriology. Band4). 2. Auflage. Springer, New York 2010, ISBN 978-0-387-95042-6, S.908 (springer.com – British Library no. GBA561951). Erstauflage Williams & Wilkins, 1984.
↑ ab
Ilias Lagkouvardos, Marc-André Jehl, Thomas Rattei, Matthias Horn: Signature protein of the PVC superphylum. In: Appl Environ Microbiol. Band80, Nr.2, 2. Januar 2014, S.440–445, doi:10.1128/AEM.02655-13, PMID 24185849, PMC 3911108 (freier Volltext) – (asm.org). Siehe insbes. Tbl. 1 und Fig. 1.
↑ abc
Radhey S. Gupta, Vaibhav Bhandari, Hafiz Sohail Naushad: Molecular Signatures for the PVC Clade (Planctomycetes, Verrucomicrobia, Chlamydiae, and Lentisphaerae) of Bacteria Provide Insights into Their Evolutionary Relationships. In: Front Microbiol. Band3, 17. September 2012, S.327, doi:10.3389/fmicb.2012.00327, PMID 23060863, PMC 3444138 (freier Volltext) – (frontiersin.org).
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Laura A. Hug, Brett J. Baker, Karthik Anantharaman, Christopher T. Brown, Alexander J. Probst, Cindy J. Castelle, Cristina N. Butterfield, Alex W. Hernsdorf, Yuki Amano, Kotaro Ise, Yohey Suzuki, Natasha Dudek, David A. Relman, Kari M. Finstad, Ronald Amundson, Brian C. Thomas, Jillian F. Banfield: A new view of the tree of life. In: Nature Microbiology. Band1, Nr.5, 11. April 2016, S.16048, doi:10.1038/nmicrobiol.2016.48, PMID 27572647 (nature.com).
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