An das Studium anschließend arbeitete er von 1924 bis 1928 als Assistent an der Dresdner Gemäldegalerie und im Kupferstichkabinett Dresden. Danach habilitierte er sich bei Georg Vitzthum von Eckstädt zum Thema „Die italienische Malerei vom Ende der Renaissance bis zum ausgehenden Rokoko“. Er lehrte von 1929 bis 1933 mit Wolfgang Stechow als Privatdozent Kunst- und Architekturgeschichte an der Universität Göttingen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 emigrierte Pevsner 1934 nach England. Seine erste Anstellung dort war ein 18-monatiges Fellowship an der Universität Birmingham. Im Anschluss war er als Einkäufer und Berater für die Möbel- und Kunstgewerbefirma Gordon Russell tätig. 1939 wurde er als Deutschstämmiger im Internierungslager für Zivilisten Huyton untergebracht. Von 1943 bis 1946 arbeitete er neben Hubert de Cronin Hastings als Mitherausgeber der Architectural Review in London.1946 erwarb er die britische Staatsbürgerschaft. Pevsner war von 1959 bis 1969 Professor am Birkbeck College der University of London. Von 1949 bis 1955 wirkte er auf der „Slade Professorship of Fine Art“ der University of Cambridge und von 1968 bis 1969 an der University of Oxford. Außerdem war er von 1950 bis 1955 Fellow des St John’s College in Cambridge und 1955 Reith Lecturer der BBC.
Weltbekannt wurde Pevsner durch sein 46-bändiges Werk The Buildings of England (von 1951 mit Cornwall bis 1974 mit Staffordshire) beim Penguin-Verlag von Allen Lane, erweitert weitergeführt als Pevsner Architectural Guides, jetzt bei Yale University Press. Mehrere dieser Bände wurden auch erneut in durchgesehener und veränderter Form aufgelegt. Ab 1953 gab er die Reihe Pelican History of Art heraus. Diese Handbücher wurden durch ähnliche Reihen von Georg Dehio (Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler) und Fritz Burger (Handbuch der Kunstwissenschaft) in Deutschland inspiriert. Pevsner schrieb zahlreiche Studien zur Kunst- und besonders zur Architekturgeschichte, die zu den Klassikern des Faches gerechnet werden. 1941 übernahm er nach dem Tod von Elizabeth Senior die Herausgeberschaft der von 1939 bis 1959 geführten Reihe King Penguin Books.
Bernhard Kretzschmar: Dr. Nikolaus Pevsner und Frau (Radierung, Plattengröße: 29,4 × 26 cm, 1928)[3]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Leipziger Barock. Die Baukunst der Barockzeit in Leipzig. Jess, Dresden 1928 (Unveränderter Nachdruck. Mit einem Nachwort von Ernst Ullmann. Seemann, Leipzig 1990, ISBN 3-363-00457-5).
Barockmalerei in den romanischen Ländern (= Handbuch der Kunstwissenschaft). Band 1: Die italienische Malerei vom Ende der Renaissance bis zum ausgehenden Rokoko. Athenaion, Potsdam 1928.
Academies of Art. Past and Present. Cambridge University Press, Cambridge 1940 (In deutscher Sprache: Die Geschichte der Kunstakademien. Aus dem Englischen von Roland Floerke. Mäander, München 1986, ISBN 3-88219-285-2).
An Outline of European Architecture (= Pelican Books A 109). Penguin Books, Harmondsworth 1942 (In deutscher Sprache: Europäische Architektur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Mit einem Beitrag zur Architektur seit 1960 von Winfried Nerdinger. 8., erweiterte und neugestaltete Ausgabe. Prestel, München u. a. 1997, ISBN 3-7913-1376-2).
Visual Pleasures from Everyday Things. An attempt to establish criteria by which the aesthetic qualities of design can be judged. Council for Visual Education (C.V.E.), London 1946.[4]
Pioneers of Modern Design. From William Morris to Walter Gropius. Museum of Modern Art, New York NY 1949 (In deutscher Sprache: Wegbereiter moderner Formgebung. Von Morris bis Gropius. Mit einem Nachwort von Wolfgang Pehnt. DuMont, Köln 2002, ISBN 3-8321-7234-3).
als Herausgeber: The Buildings of England. 46 Bände. Penguin Books, Harmondsworth 1951–1974.
The Englishness of English Art. An expanded and annotated Version of the Reith Lectures Broadcast in October and November 1955. Architectural Press, London 1956 (In deutscher Sprache: Das Englische in der englischen Kunst. Prestel, München 1974, ISBN 3-7913-0057-1).
The Sources of Modern Architecture and Design. Praeger, New York NY 1968 (In deutscher Sprache: Der Beginn der modernen Architektur und des Design. Neuauflage. DuMont, Köln 1978, ISBN 3-7701-0540-0).
Some Architectural Writers of the Nineteenth Century. Clarendon Press, Oxford 1972, ISBN 0-19-817315-6.
A History of Building Types (= A. W. Mellon Lectures in the Fine Arts 19 = Bollingen Series 35, 19). Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-01829-4 (In deutscher Sprache: Funktion und Form. Die Geschichte der Bauwerke des Westens. Mit einem Nachwort von Karen Michels. Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Hamburg 1998, ISBN 3-8077-0189-3).
mit John Fleming und Hugh Honour: The Penguin Dictionary of Architecture. Penguin Books, Harmondsworth u. a. 1966 (In deutscher Sprache: Lexikon der Weltarchitektur (= Digitale Bibliothek. Bd. 37). Elektronische Ausgabe der 3., aktualisierten und erweiterten Auflage 1999. Directmedia, Berlin 2004, ISBN 3-89853-437-5).
Visual Planning and the Picturesque. Edited by Mathew Aitchison. Getty Research Institute, Los Angeles CA 2010, ISBN 978-1-60606-001-8.
Europäische Architektur von den Anfängen zur Gegenwart. Prestel-Verlag München, überarbeitete Neuausgabe 2008, ISBN 978-3791339276
Stephen Games: Pevsner. The early life. Germany and art. Continuum, London u. a. 2010, ISBN 978-1-4411-4386-0.
Susie Harries: Nikolaus Pevsner. The Life. Chatto and Windus, London 2011, ISBN 978-0-7011-6839-1.
Pevsner, Sir Nikolaus, in: Ulrike Wendland: Biographisches Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil. Leben und Werk der unter dem Nationalsozialismus verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler. K. G. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11339-0, S. 506–517
Peter Murray: Nikolaus Bernhard Leon Pevsner, 1902–1983. In: Proceedings of the British Academy. Band70, 1985, S.501–514 (Digitalisat [PDF]).
Nora Pester: Nikolaus Pevsner. In: Dies.: Jüdisches Leipzig. Menschen – Orte – Geschichte. Hentrich & Hentrich, Berlin u. a. 2023, ISBN 978-3-95565-562-4, S. 89f.
↑Gottlieb Tesmer, Walther Müller: Ehrentafel der Thomasschule zu Leipzig. Die Lehrer und Abiturienten der Thomasschule zu Leipzig 1912–1932. Im Auftrag des Thomanerbundes, Selbstverlag, Leipzig 1934, S. 39.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 188.