Nein, meine Söhne geb’ ich nicht
Nein, meine Söhne geb’ ich nicht ist ein pazifistisches Lied des deutschen Liedermachers Reinhard Mey aus dem Jahr 1986. Er veröffentlichte den Song auf seinem Solo-Album Alleingang sowie als Single und spielte ihn in den folgenden Jahren mehrfach für Live-Alben. Das Lied befasst sich mit dem Thema Kriegsdienstverweigerung und auch mit der Flucht vor dem Krieg. 2020 veröffentlichte Reinhard Mey mit mehreren weiteren Musikern eine neue Version des Liedes zur Unterstützung der Arbeit der Organisation Friedensdorf International, die kranke und verletzte Kinder aus Kriegsgebieten betreut. Text und MusikNein, meine Söhne geb’ ich nicht ist eine ruhig vorgetragene Ballade, die in der Originalversion von Reinhard Mey auf der akustischen Gitarre sowie teilweise von einem elektronischen Piano und in der dritten Strophe von einer Trommel mit angedeutetem Marschrhythmus begleitet wird. Das Lied wird mit einer kurzen Gitarren- und Pianosequenz eingeleitet und in einem 4/4-Takt gespielt.[1] Der Text von Nein, meine Söhne geb’ ich nicht ist in sechs Strophen aufgebaut, die jeweils mit dem Refraintext „Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“ enden. Aus Meys realer Perspektive als Vater zweier Söhne wählte er die Form eines offenen Briefes an einen namentlich nicht näher bezeichneten Adressaten, denkbar wären Kreiswehrersatzamt oder auch das Verteidigungsministerium („Ich schreib’ euch besser schon beizeiten“). Der Sänger schildert, wie er seine beiden Söhne aufgezogen, beschützt und behütet sowie „zur Achtung vor dem Leben“ erzogen hat. Er betont, dass er alles dafür tun wird, dass sie „keine Waffen tragen“ und dass sie nicht in den Krieg ziehen werden:[1]
In der ersten Hälfte der dritten Strophe wechselt die musikalische Begleitung: Im Hintergrund spielt eine Trommel einen düsteren Marschrhythmus, während die Gitarrenbegleitung reduziert wird.
– Reinhard Mey[2] In den letzten beiden Strophen betont er, dass er seine Söhne „Ungehorsam […], den Widerstand und die Unbeugsamkeit“ lehren wird, „vor keinem als sich selber grad’zustehen“. Er würde eher mit ihnen fliehen, als dass sie zu Knechten der Obrigkeit werden sollen. Er zieht dem Krieg ein Leben in der Fremde, „ein Leben wie Diebe in der Nacht“, vor, statt das Leben seiner Söhne für „den Wahn“ der Herrschenden zu geben.[1] HintergrundAnders als seine Liedermacherkollegen Degenhardt und Wader war Reinhard Mey nie parteipolitisch engagiert.[3] In der Zeit der 68er-Bewegung sah er sich scharfer Kritik von links ausgesetzt, und seine Texte galten vielen als zu unpolitisch.[4] Ein Autor nennt zwar „prototypische“ Friedenslieder wie Vertreterbesuch (1970) und Frieden (1994)[5] in Meys Repertoire, erkennt jedoch keine Texte, die sich zeitlich im Diskurs der neuen Friedensbewegung zwischen Mitte der 1970er und 1990 als Friedenslieder einordnen ließen.[6] Gesellschaftskritische Texte fand man jedoch durchaus bereits früh im Werk Reinhard Meys, häufig aus einer emotionalen oder persönlichen, nur implizit politischen Perspektive heraus – womit er den „lang getragenen Konsens, dass sich das ‚politische Lied‘ und das ‚private Lied‘ ausschließen würden“, durchbreche (vgl. auch Politik der ersten Person).[7] Spätestens seit den 1980er Jahren jedenfalls sind Meys Texte häufig explizit pazifistisch, etwa in Alle Soldaten woll’n nach Haus (1990), Die Waffen nieder (2004) oder Kai (2007).[7] Nein, meine Söhne geb’ ich nicht ordnet sich insofern gleich doppelt in die Werke Meys ein: zeitlich einerseits in eine Reihe von hochpersönlichen Liedern aus seiner noch jungen Perspektive als Vater (Menschenjunges [1977], Keine ruhige Minute [1979]), andererseits thematisch in seine gesellschaftskritischen und pazifistischen Texte. Veröffentlichungen und ErfolgeReinhard Mey veröffentlichte Nein, meine Söhne geb’ ich nicht im Jahr 1986 auf seinem Album Alleingang[8] sowie im Folgejahr 1987 als Single gemeinsam mit dem Lied Asche und Glut.[9] Das Album konnte sich in den Deutschen Albumcharts platzieren und stieg bis auf Platz 27, insgesamt blieb es 12 Wochen in den Charts. Die Single wurde kein Charthit. Zudem veröffentlichte Reinhard Mey das Lied auf mehreren Live-Alben, beginnend mit Die Große Tournee '86[10] über Mit Lust und Liebe - Konzerte '90/91[11] bis !Ich kann[12] von seiner Nanga-Parbat-Tournee von 2005 bis 2006. Zudem erschien das Lied auf mehreren Kompilationsalben mit Hits von Reinhard Mey, darunter Mein Apfelbäumchen[13] im Jahr 1989. 1996 wurde es mit dem SWF-Liederpreis ausgezeichnet.[14] Coverversionen2016 erschien das Album Mehr als nur ein bisschen Frieden der österreichischen Sängerin Angelika Sacher, auf der sie, zusammen mit dem Pianisten Klaus Bergmaier, das Lied neben weiteren Antikriegsliedern coverte.[15] Reinhard Mey und FreundeIm September 2020 veröffentlichte Reinhard Mey mit mehreren Künstlern als „Reinhard Mey und Freunde“ ein Musikvideo, in dem sie das Lied Nein, meine Söhne geb’ ich nicht gemeinsam interpretierten. Das Video entstand als Benefizaktion zur Unterstützung der Arbeit von Friedensdorf International, die kranke und verletzte Kinder aus Kriegsgebieten versorgen.[16] Beteiligt waren neben Reinhard Mey unter anderem Moira Serfling, Sängerin des Hamburger Pop-Duos Nervling, Silke Meyer, ehemalige Violinistin bei Subway to Sally, Eric Fish, der Sänger von Subway to Sally, sowie Ally Storch, die auch in dieser Aufnahme die Violine spielt. Hinzu kommen Holly Loose, Leadsänger der Band Letzte Instanz, Katja Moslehner, ehemalige Sängerin der Band Faun, Eric Burton (ehemaliger Profimusiker und heute Musikmanager, u. a. von Joachim Witt), Andreas Stitz und seine Band Leichtmatrose, Daniel Schulz, Sänger der Rockband Unzucht, Esther Jung, Seraphina Kalze, B. Deutung, Joachim Witt und Luci Van Org.[17][18] Anders als das ruhige Original enthält diese Version in der fünften Strophe eine rocklastige Passage mit verzerrter E-Gitarre sowie energischem Gesang von Luci Van Org, begleitet durch Andreas Stitz. Danach singt Mey selbst die letzte Strophe, mit der das Lied ruhig ausklingt.[18] Vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine wurde das Musikvideo auf YouTube bis Anfang Oktober 2022 über 11,5 Millionen Mal gespielt.[17] Unidos por un cambioIm August 2022 veröffentlichten sechs junge Musikerinnen und Musiker aus Kolumbien, die sich Unidos por un cambio (auf Deutsch: „gemeinsam für den Wandel“) nannten, eine spanische Version des Liedes unter dem Titel No te daré a mis hijos („Ich werde dir meine Söhne nicht geben“). Die Einnahmen kamen einer Stiftung für notleidende Kinder in Kolumbien zugute.[19] Das dazugehörige Musikvideo wurde auf YouTube veröffentlicht.[20] Weitere Versionen2022 entstand im Rahmen eines Chorprojektes unter der Leitung von Arrangeurin und Chorleiterin Manuela Frey[21] ein Video.[22] 28 Sängerinnen und Sänger verschiedener Chöre der Region Aachen nahmen das Lied gemeinsam a cappella im Studio auf.[23] Die Audioaufnahme übernahm Tom Engels vom Tor-2 Studio Aachen, Audiomix und Videoproduktion unterlagen Oliver Spanke.[24] Neben den genannten Chorversionen gibt es auch weitere Aufnahmen von Laien. So veröffentlichte im März 2022 die Sängerin Johanna Gerber auf YouTube ihre Version des Liedes, begleitet auf der Gitarre von Andreas Demleitner, der auch den Backgroundgesang übernahm.[25] Am 9. August 2024 veröffentlichten sechs Freundinnen und Freunde von Reinhard Mey[26] die schwedische Version Nej mina söner får ni ej.[27] Weblinks
Belege
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