Zur Gemeinde Meckenbeuren gehören neben dem Kernort der Ortsteil Obermeckenbeuren (seit 1810), die 1937 eingemeindeten ehemaligen Gemeinden und heutigen Ortsteile Brochenzell und Liebenau (mit den Weilern Brugg, Hegenberg, Hirschach, Knellesberg, Langentrog, Schwarzenbach, Senglingen und Weiler, den Höfen Berg, Buch, Furt, Hasenwinkel, Hohenreute, Holzbauer, Hungersberg, Kratzerach, Laufenen, Lohner, Madenreute, Mühlebach, Ottmarsreute, Rebholz, Regler, Reuter, Sandgrub, Stengele, Straß, Untertennenmoos und die Häuser Habacht) sowie die 1972 eingemeindete Ortschaft Kehlen (mit den Dörfern Kehlen und Reute, den Weilern Buch, Gerbertshaus, Gunzenhaus, Holzreute, Lochbrücke, Sammletshofen, Sassen, Schürten, Schuppenwies, Sibratshaus und Siglishofen, den Höfen Großbuch, Hechelfurt und Schindelhof sowie den Häusern Schübelbeer).
Geschichte
Mittelalter
Die Gemeinde wurde als solche erstmals im Jahr 1496 urkundlich erwähnt, doch schon 879 verzeichnet ein Dokument des Klosters St. Gallen einen hier ansässigen Siedler namens Megi. Ob der Name Meckenbeuren auf diesen zurückgeführt werden kann, ist umstritten. Als gesichert kann jedoch das Datum 4. August 1278 für die erste urkundliche Erwähnung des Namens „Meckenburron“ betrachtet werden. Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart befindet sich die entsprechende Urkunde. Diese ist ausgestellt von Papst Nikolaus III. und wurde vom damaligen Abt des Klosters Weingarten, Hermann von Bichtenweiler, in Rom erbeten, um die Besitzungen des Klosters abzusichern. Sicher handelt es sich bei „Meckenburron“ um das heutige Meckenbeuren.
Wahrscheinlich ab 1094 gehörte das Gebiet zum Kloster Weingarten. 1530 wurde es für 3100 Gulden an den Grafen Haug von Montfort verkauft und damit Teil der Grafschaft Montfort.
Meckenbeuren, Oberteuringen, Brochenzell und Madenreute waren Schauplatz einer ganzen Reihe von NS-Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen.[2] Unter Initiative des damaligen Bürgermeisters Bernhard Sporer und dem Ortsgruppenführer Paul Bruckmann wurden im August 1940 mehrere junge Frauen verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen, sich mit polnischen Zwangsarbeitern eingelassen zu haben. Die Frauen und die Zwangsarbeiter wurden inhaftiert. Drei Frauen wurden an den Bahnhof vor die versammelte Bürgerschaft getrieben, vom örtlichen Friseur geschoren und unter Schlägen zurück durch den Ort geprügelt. Den jungen Polen Józef Musiał hat man kurz zuvor in Madenreute an aussichtsreichster Stelle vor allen Zwangsarbeitern und Schaulustigen aufgehängt.[3][4] Die Exekution Musiałs reihte sich ein in eine ganze Reihe weiterer Exekutionen in Oberteuringen, Langenargen und Ruschweiler, welche Gestapochef Friedrich Mußgay aus Stuttgart mit den jeweiligen Bürgermeistern und Ortspolizeistationen organisierte. Alle Frauen wurden nach den Morden ins KZ Ravensbrück verbracht.[5] Die grausame Tatgeschichte wurde bislang seitens der Gemeinden nicht veröffentlicht oder aufgearbeitet.
Meckenbeuren ist seit jeher römisch-katholisch geprägt. In der Gemeinde sind die katholischen Pfarreien St. Maria in Meckenbeuren, St. Jakobus in Brochenzell und St. Verena in Kehlen ansässig. Die drei Pfarreien bilden die Seelsorgeeinheit Meckenbeuren und gehören zum Bistum Rottenburg-Stuttgart.
Die Pfarrkirche St. Maria trägt das Patronat St. Maria von der immerwährenden Hilfe und wurde in den Jahren 1912/13 nach den Plänen des Stuttgarter Baurats Ulrich Pohlhammer im Stil des Neobarock erbaut. Der Vorgängerbau der Pfarrkirche, der sich westlicher auf dem heutigen Kirchplatz befand, war Unserer Lieben Frau von Meckenbeuren geweiht und wurde 1873 erbaut. Bedeutendster Ausstattungsgegenstand des sogenannten „Kappele“ war die aus dem Kloster Löwental stammende „Schmerzhafte Muttergottes“. Diese Statue, die sich heute im linken Seitenschiff der Pfarrkirche befindet, wird nach mündlicher Überlieferung mit mehreren Gebetserhörungen in Verbundenheit gebracht. Außer der Pfarrkirche St. Maria gibt es noch die Kapelle Maria Königin des Friedens im Teilort Obermeckenbeuren.
Die Pfarrkirche St. Jakobus Maior im Teilort Brochenzell geht bis in die Epoche der Spätromanik zurück. Das heutige Erscheinungsbild geht auf eine Erneuerung durch die Herren von Humpis im Jahre 1624 sowie die Barockisierung im Jahre 1734 zurück. 1971 wurde die ursprünglich geostete Kirche durch einen Anbau ergänzt, wobei das ehemalige Kirchenschiff zum neuen Chorraum umfunktioniert wurde. Neben zahlreichen liturgischen Kunstgegenständen ist der aus dem Kloster Löwental stammende Rosenkranzaltar besonders hervorzuheben.
Die Kehlener Pfarrkirche St. Verena, deren Wurzeln über zwei Vorgängerbauten weit zurückgehen, stellt ein besonderes architektonisches Kirchengebäude dar. Sie wurde im Jahre 1958 im Stil des Brutalismus erbaut. Geplant wurde sie vom Büro Kammerer-Belz aus Stuttgart.
Einige Gebiete der politischen Gemeinde gehören auch zu den Pfarreien St. Johannes in Ravensburg-Obereschach, St. Walburga in Ravensburg-Gornhofen, St. Margaretha in Tettnang-Obereisenbach, St. Gallus in Tettnang und St. Maria in Eriskirch-Mariabrunn.
Die in der Gemeinde lebenden evangelischen Christen sind Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinden Meckenbeuren und Tettnang.
Politik
Gemeinderat
Nach der Kommunalwahl vom 26. Mai 2019 ergab sich die folgende Sitzverteilung. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,8 % (2014: 46,3 %).
Bürgermeister der Gemeinde ist seit dem 1. August 2022 Georg Schellinger. Er wurde am 15. Mai 2022 mit 75,6 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Schellinger war zuvor von 2016 bis 2022 hauptamtlicher Ortsvorsteher in Friedrichshafen-Ailingen und bis 2016 in verschiedenen Funktionen im Meckenbeurener Rathaus tätig, zuletzt als Hauptamtsleiter.[8] Er folgte Elisabeth Kugel nach, die sich am 22. Oktober 2017 im ersten Wahlgang mit 54,8 % der Stimmen gegen den damaligen Amtsinhaber Andreas Schmid (44,8 %) durchsetzte. Sie war die erste Frau in diesem Amt in Meckenbeuren.[9] Kugel legte ihr Amt 2022 wegen zu hoher Arbeitsbelastung vorzeitig nieder.
Die Bürgermeister der Gemeinde Meckenbeuren seit 1919:
Blasonierung: „In gespaltenem Schild vorne in Silber (Weiß) eine dreilatzige rote Fahne mit drei roten Trageringen, hinten in Rot ein aufgerichteter silberner (weißer) Windhund mit schwarzem Halsband und silbernem (weißem) Ring daran.“[10]
Wappenbegründung: Die dreilatzige rote Fahne ist die Wappenfigur der Grafen von Montfort, die großen Besitz im Gemeindegebiet hatten und im Kernort Meckenbeuren von 1530 bis 1780 auch die Grundherrschaft innehatten. Der silberne (weiße) Windhund ist vom Wappen der Ravensburger Patrizier von Humpis abgeleitet, denen von 1447 bis ins 18. Jahrhundert hinein vor allem die im Gemeindegebiet gelegenen Bestandteile der Herrschaft Brochenzell gehörten. Der Reichsstatthalter in Württemberg hat das Wappen am 26. September 1938 verliehen.
Blasonierung: „In Silber (Weiß) über einem blauen Schildfuß eine gemauerte rote Brücke mit einem ganzen Bogen in der Mitte und je einem halben Bogen an den Seiten.“
Wappenbegründung: Der Gemeinde Kehlen wurde 1948 ein Wappen verliehen, das die Verbindung der beiden Gemeindeteile links und rechts der Schussen symbolisieren sollte. Es wird seit der Auflösung der Gemeinde 1972 nicht mehr amtlich geführt, jedoch inoffiziell als Ortschaftswappen verwendet.
Meckenbeuren liegt an den Bundesstraßen30 und 467 sowie an den Landesstraßen 329 und 333.
Die Gemeinde liegt an der Bahnstrecke Ulm–Friedrichshafen und wird von Zügen der Deutschen Bahn und der Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB) angefahren. Bis Ende 2016 war Meckenbeuren Intercity-Halt mit einmal täglich Direktverbindungen nach Münster bzw. Innsbruck. Die BOB bedient außerdem die Haltepunkte Kehlen und Flughafen Friedrichshafen, das An- und Abflugterminal des Flughafens liegt auf der Gemarkung der Gemeinde Meckenbeuren. An der BOB ist diese als Gründungsmitglied mit zehn Prozent des Kapitals beteiligt.
Stiftung Liebenau: zu dieser Einrichtung der Behindertenhilfe in den Meckenbeurer Ortsteilen Liebenau und Hegenberg zählen auch zahlreiche weitere soziale Einrichtungen der Behinderten- und Altenhilfe sowie des Bildungs- und Gesundheitswesens in Baden-Württemberg, Vorarlberg, der Schweiz und Bulgarien (die Stiftung Liebenau ist eine Stiftung kirchlichen Rechts)
In der Gemeinde gibt es vier Grundschulen und das Bildungszentrum in Buch (Werkreal- und Realschule). Außerdem gibt es in Hegenberg die in Trägerschaft der Stiftung Liebenau stehende Don-Bosco-Schule für Kinder und Jugendliche mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf. Weitere Bildungseinrichtungen sind die gemeindeeigene Musikschule und als Außenstellen die Jugendkunstschule und Volkshochschule des Bodenseekreises.
Im Ortsteil Kehlen befindet sich das Staatliche Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Grund- und Hauptschulen) Meckenbeuren.
Im selben Haus ist der dezentrale Ausbildungsstandort des Seminars für Didaktik und Lehrerbildung – Abteilung Sonderschulen – Stuttgart untergebracht.
Im ehemaligen Güterschuppen des Bahnhofs mit dem Namen „Kultur am Gleis 1“ finden in besonderem Ambiente regelmäßig Theateraufführungen, Konzerte, Ausstellungen und Kabarett statt.[17]
Kriegerdenkmal auf dem Kirchplatz, erinnert an die gefallenen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkriegs aus Meckenbeuren
Gedenkstätte in der Kirche des Ortsteils Liebenau, erinnert an über 500 Behinderte der Stiftung Liebenau, die bei der „Euthanasie“-Tötungsaktion T4 1940 nach Grafeneck verschleppt und ermordet wurden[19]
Bauwerke
Pfarrkirche St. Maria von der immerwährenden Hilfe
Am Bahnhof endet die zweite und beginnt die dritte Etappe des Jubiläumswegs, einem 111 Kilometer langen Wanderweg, der 1998 zum 25-jährigen Bestehen des Bodenseekreises ausgeschildert wurde. Er führt über sechs Etappen durch das Bodensee-Hinterland von Kressbronn über Neukirch, Meckenbeuren, Markdorf, Heiligenberg und Owingen nach Überlingen. Ein Teil der Etappen verläuft parallel zum Oberschwäbischen Jakobsweg, der sich von Ulm über Ravensburg kommend in Brochenzell teilt und über Markdorf und Meersburg nach Konstanz, bzw. über Tettnang und Kressbronn nach Nonnenhorn führt.
Der Hus-Weg mit seinen 780 Kilometern Länge führt als Fernwanderweg durch Meckenbeuren und erinnert an das Schicksal von Jan Hus in Konstanz.
Der Ortsteil Brochenzell ist eine regionale Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fasnet; treibende Kraft ist die 1957 gegründete, über 1.100 Mitglieder umfassende Narrenzunft Brochenzell mit den Narrenfiguren Wintergeist, Kräuterweib, Humpishexe, Humpisnarr und Schlossnarr
Schlossfest im Mai des Musikverein Brochenzell
Musikfest im Juli des Musikvereins Kehlen
Weinfest des Musikverein Meckenbeuren am vorletzten Wochenende im August
Bahnhofsfest am letzten Sonntag im August
Herbstmarkt im Oktober
Nikolausmarkt im Dezember
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
Eugen Biser (1918–2014), katholischer Priester, Fundamentaltheologe und Religionsphilosoph
Karl Brugger (1920–2008), von 1947 bis 1972 Bürgermeister, 1972–1981 Ortsvorsteher von Kehlen
P. Berno RuppSDS (1935–2017), Temeswar, Träger der Verdienstmedaille der Gemeinde und des Bundesverdienstkreuzes
Renate Martin (1915–2022), Ärztin und erste Frau im Gemeinderat, verliehen anlässlich ihres 104. Geburtstags 2019[21]
Karl Gälle, Konrektor i. R., Gemeinderat (1971–2024) und 1. Stellvertretender Bürgermeister (1984–2024)[1]
Söhne und Töchter der Gemeinde
P. Meingosus GaelleOSB (1752–1816), katholischer Theologe, Physiker und Kirchenmusiker
Josef Wilhelm (1875–1953), katholischer Priester und Leiter der Liebenauer Anstalt
Literatur
Josef Friedel: Meckenbeuren auf dem Weg zur Moderne (1780–1819). Hrsg.: Kulturkreis Meckenbeuren, Arbeitskreis Heimatgeschichte. 2006.
Gisbert Hoffmann: Geschichtliches über Meckenbeuren. Bürgermeisteramt, Meckenbeuren 1985.
Gisbert Hoffmann: Kapellen in Tettnang und Meckenbeuren. Hrsg.: Förderkreis Heimatkunde Tettnang. Druckhaus Müller, Langenargen 2004, ISBN 3-00-013294-5.
Karl Jäger: Meckenbeuren in alten Ansichten. 2. Auflage. Europäische Bibliothek, 1989.
Unter-Meckenbeuren. In: Johann Daniel Georg von Memminger (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Tettnang (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band14). Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart / Tübingen 1838, S.246–248 (Volltext [Wikisource]).
75 Jahre St. Maria Meckenbeuren. Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Pfarrkirche St. Maria Meckenbeuren. Kath. Kirchengemeinde St. Maria Meckenbeuren, Meckenbeuren 1988.
↑Roland Weiß: Gemeindereform stellt vor einem halben Jahrhundert die Weichen an der Schussen. In: Leben am See. Band41. Gmeiner-Verlag, Meßkirch, ISBN 978-3-8392-7793-5, S.179–184.