Maserati Ghibli (Tipo AM115)

Maserati
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Maserati Ghibli Coupé (1966–1973)
Ghibli
Produktionszeitraum: 1966–1973
Klasse: Sportwagen
Karosserieversionen: Coupé, Cabriolet
Motoren: Ottomotoren:
4,7–4,9 Liter
(227–246 kW)
Länge: 4590 mm
Breite: 1800 mm
Höhe: 1160 mm
Radstand: 2500 mm
Leergewicht: 1640 kg

Vorgängermodell Maserati 5000 GT
Nachfolgemodell Maserati Khamsin

Der Maserati Ghibli war ein Sportwagen des italienischen Automobilherstellers Maserati, der von Herbst 1966 bis Ende 1973 hergestellt wurde. Die Bezeichnung des Autos leitet sich vom Gibli, einem heißen Wüstenwind der Sahara, ab.

Den Namen Ghibli tragen auch weitere Fahrzeuge von Maserati. Zwischen Frühjahr 1992 und Ende 1997 wurde ein Abkömmling der Biturbo-Familie so genannt und seit 2013 wird eine Stufenhecklimousine der oberen Mittelklasse als Ghibli verkauft. Mit dem Ghibli der 1960er-Jahre haben diese Fahrzeuge jedoch nichts zu tun.

Der Hintergrund

In den 1960er Jahren trat Maserati mit dem Maserati Sebring und dem etwas später vorgestellten Mistral im Markt der sechszylindrigen Sportwagen an. Darüber hinaus hatte das Unternehmen bis 1964 mit dem Maserati 5000 GT ein sehr hochpreisiges, leistungsstarkes Coupé mit einem auf ein Renntriebwerk zurückzuführenden Achtzylindermotor im Angebot. Ab 1963 baute Maserati die Modellpalette der Achtzylinderfahrzeuge aus. Nach dem Quattroporte, einer viertürigen Sportlimousine, erschien 1966 mit dem Maserati Mexico ein zweitüriger, viersitziger Gran Turismo, die beide mit einer leistungsreduzierten Version des bekannten Achtzylindermotors ausgestattet waren. Was zunächst noch fehlte, war ein zweisitziger Sportwagen. Diese Rolle übernahm der im Herbst 1966 vorgestellte Ghibli, der intern die Typenbezeichnung AM 115 erhielt.

Das Auto

Die Heckpartie des Ghibli beeinflusste Autos von Audi, Bitter und Monteverdi
Maserati Ghibli Spyder (1968–1973)

Die Karosserie

Ein besonderer Reiz des Ghibli war seine Aufsehen erregende Karosserie.[1] Sie war der erste Entwurf, den Giorgetto Giugiaro nach seinem Weggang von Bertone für die Carrozzeria Ghia realisierte.[2] Giugiaro brauchte nur drei Monate für den Entwurf; er hält den Ghibli noch heute für seine schönste Kreation.[3] Der Entwurf basierte auf einer Studie, die Ghia bereits 1964 auf dem Turiner Autosalon ausgestellt hatte.[4]

Giugiaro gestaltete einen flachen Aufbau mit langer Motorhaube, kurzer Fahrgastzelle und einem markanten Fließheck. Die außergewöhnliche Länge der Motorhaube – in den Proportionen der des Jaguar E-Type ähnlich – war ein bewusst eingesetztes Stilmittel, mit dem Giugiaro nach eigenen Angaben „die Präsenz der starken Maschine unterstreichen“ wollte.[5] Neben der langen Motorhaube prägte vor allem das lang abfallende Heck das Bild des Ghibli, das eine große Heckscheibe aufnahm und erst auf der Höhe der Gürtellinie endete. Die vorderen Stoßstangen waren dünn; sie fassten den niedrigen, über die gesamte Wagenfront reichenden vergitterten Kühlergrill ein. Die hinteren Stoßstangen reichten weit um die Kotflügel herum. Der Ghibli trug elektrisch betätigte Klappscheinwerfer; im aufgeklappten Zustand durchbrachen die Scheinwerfereinheiten die fließenden Linien der Wagenfront deutlich. Am Heck wurden anfänglich die Rückleuchten der Alfa Romeo Giulia verwendet, später die größeren Einheiten des Alfa Romeo 1750/2000.

Im November 1968 wurde das Ghibli Coupé durch einen zweisitzigen Spyder ergänzt, der ebenfalls von Giugiaro gestaltet worden war. Die Wagenfront entsprach der des Coupés; die Karosserie war allerdings am Heck modifiziert worden. Das knapp geschnittene Stoffverdeck des Spyder konnte vollständig heruntergeklappt werden; es verschwand, wenn es nicht benötigt wurde, unter einer Metallabdeckung. Für den Spyder wurde werksseitig ein Hardtop aus Metall angeboten,[6] von dem allenfalls 25 Exemplare verkauft wurden.[7]

Die Proportionen des Ghibli Coupé und insbesondere die Gestaltung des Fließhecks beeinflussten zahlreiche andere Sportwagen wie beispielsweise den von Pietro Frua gestalteten Monteverdi High Speed 375, den Bitter CD[8] und Tom Tjaardas De Tomaso Zonda. Auch das Audi 100 Coupé zitierte im Heckbereich die Gestaltungsmerkmale des Ghibli.[9] Die Gestaltung des hinteren Seitenfensters und der Tankeinlässe fand sich schließlich in modifizierter Form auch beim 1967 präsentierten Aston Martin DBS wieder.[10]

Der Motor

Maserati stattete den Ghibli mit einer leicht überarbeiteten Version des Achtzylindermotors aus, der bereits 1956 mit dem Tipo 450S im Rennsport debütiert hatte und seit 1964 im Quattroporte Verwendung fand. Anders als im Fall des Viertürers, hatte der Motor hier allerdings eine Trockensumpfschmierung mit separatem Ölbehälter. Nur mit dieser Konstruktion ließ sich der flache Vorderbau des Ghibli realisieren[11] Zunächst erhielt der Ghibli die 4,7 Liter große Version des Triebwerks, die – je nach Messung – zwischen 310 und 330 PS abgab.

1970 kam der Maserati Ghibli SS 5000 hinzu, der eine auf 4,9 Liter Hubraum vergrößerte Version mit einer Leistungsausbeute von 335 PS erhielt. Dieses Triebwerk entsprach in seinen Abmessungen exakt denen des Maserati 5000 GT. Der Ghibli erreichte damit eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h.[12]

Fahrwerk und Technik

Der Ghibli hatte eine selbsttragende Stahlkarosserie mit kastenförmigem Hilfsrahmen. Die Grundkonstruktion entsprach – abgesehen von den geringfügig reduzierten Dimensionen – der des Maserati Mexico und damit des Maserati Quattroporte.[13]

Während die Vorderräder einzeln aufgehängt waren, verwendete Maserati hinten eine Starrachse, die aus Großbritannien von der Salisbury Wheel Company bezogen wurde. Die Hinterachse wurde von Blattfedern und einem Panhardstab geführt.[14] Die Schlichtheit der Hinterachskonstruktion wurde in der Literatur wiederholt kritisiert; das Fahrverhalten des Autos wurde gelegentlich als „schroff“ bezeichnet,[15] andere umschrieben das Fahrwerk des Ghibli als das „eines Lastkraftwagens“. Zwar hatte Maserati vorübergehend erwogen, den Ghibli mit der De-Dion-Hinterachse des Quattroporte auszustatten;[16] Fahrversuche mit einem derart umgerüsteten Prototypen sollen aber keine Verbesserung des Fahrverhaltens bewirkt haben,[17] sodass Maserati dieses Konstruktionsmerkmal ungeachtet des Umstandes, dass italienische Konkurrenzfahrzeuge wie beispielsweise der Ferrari 365/GTB4 „Daytona“ wie selbstverständlich an allen Rädern über Einzelradaufhängung verfügten,[18] bis zur Produktionseinstellung des Ghibli beibehielt und auch noch das 1969 erschienene Modell Indy mit einer entsprechenden Konstruktion ausstattete.

Als Kraftübertragung wurde serienmäßig ein handgeschaltetes Fünfganggetriebe von ZF angeboten, das in seiner Grundkonzeption von der Kraftübertragung des Hanomag Kurier abgeleitet und um einen fünften Gang ergänzt worden war.[19] Ab 1968 war daneben auf Wunsch eine Dreigangautomatik von BorgWarner lieferbar. Außerdem konnte eine Servolenkung – wiederum von ZF – bestellt werden,[20] die den Umgang mit dem bislang vielfach als schwerfällig wahrgenommenen Fahrzeug[21] erleichterte.

Sondermodelle

  • Mindestens ein Ghibli-Coupé wurde zu einem Feuerwehrfahrzeug umgebaut. Es enthielt mehrere Wassertanks und trug eine bewegliche Wasserspritze auf dem Dach. Der Wagen wurde bei mehreren italienischen Motorsportveranstaltungen gezeigt; zu einem Einsatz kam er nie.[22]
  • Das Mailänder Unternehmen Carrozzeria Pavesi, das sich nach wie vor mit Panzerungen und Karosseriekonversionen beschäftigt, versah 1968 ein Ghibli-Coupé mit einem herausnehmbaren Dachteil im Targa-Stil. Das Fahrzeug blieb ein Einzelstück.[23]

Produktion, Verbreitung und Marktlage

Produktion

Der Maserati Ghibli wurde auf dem Turiner Autosalon 1966 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Herbst 1966 begann der Verkauf, wobei die ersten Autos Anfang 1967 ausgeliefert wurden. Die Produktion des Ghibli dauerte bis Ende 1973. Maserati stellte Fahrwerk und Motor her, die Karosserie wurde dagegen bei Vignale[24] und bei Ghia hergestellt.

Der Ghibli war teurer als die meisten seiner Konkurrenzmodelle. Auf dem deutschen Markt wurde er 1969 zu einem Preis von 73.000 DM angeboten. Damit war er 3.000 DM teurer als ein Lamborghini Miura oder ein Ferrari Daytona, die jeweils mit Zwölfzylindermotoren ausgestattet waren und zu ähnlichen Fahrleistungen in der Lage waren wie der Ghibli. Ein Iso Grifo war sogar 16.000 DM günstiger.[25] Auf dem Schweizer Markt betrug der Kaufpreis für einen Ghibli 1969 65.500 Schweizer Franken, 2.500 Franken mehr als Ferrari für den Daytona verlangte.[26]

Ungeachtet dessen entstanden in acht Jahren insgesamt 1.250 Exemplare, wobei das Coupé die mit Abstand häufiger hergestellte Version war: Auf 1.124 Coupés kamen nur 125 Spyder. Zu den Ghibli-Fahrern gehörten Jean-Paul Belmondo, Sammy Davis Junior, Henry Ford II und Peter Sellers.[27]

Marktlage

Der Maserati Ghibli ist ein seltener, attraktiver und gesuchter Klassiker. 1988 und 1989, als Spekulanten kurzfristig den Oldtimermarkt für ihre Geschäfte entdeckt hatten, wurden Ghiblis teilweise für Millionenbeträge ge- und verkauft.[28] Dieses Preisniveau erreichen gebrauchte Ghibli – wie andere Klassiker auch – seit längerem nicht mehr. Gleichwohl ist der Ghibli nach wie vor ein begehrtes Auto, für das noch immer vergleichsweise hohe bis sehr hohe Preise verlangt und gezahlt werden. Generell ist zu berücksichtigen, dass der wesentlich seltenere Ghibli Spyder um ein Vielfaches teurer ist als ein Coupé. Für ein Ghibli Coupé in gepflegtem Zustand wird gegenwärtig (2016) ein Preis von etwa 300.000 Euro notiert, während ein gleichwertiger Spyder etwa 400.000 Euro kosten kann.[29] Auf dem britischen Markt wird für ein exzellentes Ghibli Coupé ein Preis von 50.000 £ und für einen Spyder ein Preis von 110.000 £ angegeben.[30]

Das Auto im Film

Im französischen Spielfilm Der Swimmingpool (La Piscine) von 1969 fährt Maurice Ronet einen roten Maserati Ghibli.

Konkurrenten

Technische Daten

Typ 4700 5000 SS
Bauzeit 1966–1973 1969–1973
Motor: Achtzylinder-Viertakt-V-Motor; wassergekühlt, V-förmig hängende Ventile, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen pro Zylinderreihe, fünffach gelagerte Kurbelwelle, Verdichtung 8,8:1, Trockensumpfschmierung
Gemischaufbereitung: vier Weber-Doppelvergaser
Hubraum: 4709 cm³ 4930 cm³
Bohrung × Hub: 93,9 × 85 mm 93,9 × 89 mm
Leistung bei 1/min: 227 kW bei 5500 246 kW bei 5500
Max. Drehmoment bei 1/min: 441 Nm bei 4000 480 Nm bei 4000
Antrieb: Hinterradantrieb: 5-Gang (ZF-Synchrongetriebe); auf Wunsch 3-Gang Automatik (Borg-Warner)
Radaufhängung vorn: Einzelradaufhängung an Querlenkern, Schraubenfedern, Stabilisator, Teleskopstoßdämpfer
Radaufhängung hinten: Starrachse an Halbelliptik-Blattfedern, Reaktionsstreben, Stabilisator, Teleskopstoßdämpfer
Karosserie: Selbsttragend mit Gitterrohrrahrmen
Radstand: 2550 mm
Maße L × B × H: 4590 × 1800 × 1160 mm
Leergewicht (ohne Fahrer): 1430–1530 kg
Höchstgeschwindigkeit:  275 km/h (Testwert 1969)
Preis: 73.000 DM (1969)

Literatur

  • Dean Bachelor, Chris Poole, Graham Robson: Das große Buch der Sportwagen; Erlangen 1990 (keine ISBN)
  • Gianni Cancellieri et al. (Hrsg.): Maserati. Catalogue Raisonné 1926–2003. Automobilia, Mailand 2003. ISBN 88-7960-151-2
  • Diether Günter: Maserati Ghibli. Der heiße Wüstenwind aus Modena. Darstellung der Modellgeschichte in: Oldtimer Markt, Heft 9/1989, S. 6 ff.
  • Hans-Karl Lange: Maserati. Der andere italienische Sportwagen. Wien 1993, ISBN 3-552-05102-3
  • Frank Oleski, Hartmut Lehbrink: Seriensportwagen. Köln (Könemann) 1993. ISBN 3-89508-000-4.
  • Halwart Schrader, Georg Amtmann: Italienische Sportwagen. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-613-01988-4.
  • David Sparrow, Iain Ayre: Maserati Heritage. Osprey Classic Marques. Auckland 1995. ISBN 1-85532-441-5.
  • Maurizio Tabucchi: Maserati. Alle Grand Prix-, Sport- und GT-Fahrzeuge von 1926 bis heute. Heel Verlag, Königswinter 2004, ISBN 3-89880-211-6.
  • Bernd Woytal: Maserati Ghibli 4,9 SS: Donnerbolzen. In: Bernd Wieland: Italienische Sportwagenklassiker. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-613-02162-5.
Commons: Maserati Ghibli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hartmut Lehbrink schrieb in Oleski, Lehbrink: Seriensportwagen: „Man fand kein Fehl, nur Perfektion“; bei auto motor und sport 11/1969 hieß es: „Ein Traum von einer Karosserie“.
  2. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  3. Zitiert nach Woytal: Italienische Sportwagen-Klassiker, S. 119.
  4. Classic and Sports Cars, Heft 6/2005.
  5. Woytal: Italienische Sportwagen-Klassiker, S. 119.
  6. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  7. Lange: Maserati. Der andere italienische Sportwagen. S. 37.
  8. Oldtimer Markt 1/1996, S. 8 ff.; anders als im Fall des Ghibli war beim Bitter allerdings die Heckscheibe Teil der großen Heckklappe.
  9. Beitrag auf www.autobild.de: „Der Audi sah aus als wäre er lieber ein Maserati Ghibli geworden“.
  10. Bachelor, Robson, Poole, S. 275.
  11. Sparrow, Ayre: Maserati Heritage, S. 48.
  12. Lange: Maserati. Der andere italienische Sportwagen. S. 36.
  13. Brazendale: Enzyklopädie Automobil, S. 384.
  14. Brazendale: Enzyklopädie Automobil, S. 384.
  15. Lange: Maserati. Der andere italienische Sportwagen. S. 36.
  16. Diese Konstruktion wurde im Quattroporte I von 1963 bis 1967 verwendet. Bei der 1967 eingeführten zweiten Serie wurde die Hinterachsaufhängung ebenfalls auf eine Starrachse zurückgerüstet
  17. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  18. Manche Kleinserienhersteller wie etwa Monteverdi hielten indes noch bis in die 1970er Jahre hinein an einer hinteren Starrachse fest.
  19. Woytal: Italienische Sportwagen-Klassiker, S. 124.
  20. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  21. Woytal: Italienische Sportwagen-Klassiker, S. 119.
  22. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  23. Schrader, Amtmann: Italienische Sportwagen, S. 303.
  24. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  25. Oldtimer Markt 9/1989, S. 12.
  26. Sparrow, Ayre: Maserati Heritage, S. 46.
  27. Lange: Maserati. Der andere italienische Sportwagen. S. 36.
  28. Lange: Maserati. Der andere italienische Sportwagen. S. 36.
  29. Motor Klassik 10/2010, S. 65.
  30. Classic Cars, Heft 11/2009, S. 129.
  31. Klaus Westrup: Aston Martin DBS V8: Going Strong - der Nachfolger des DB6. 26. Oktober 2010, abgerufen am 7. März 2020.