Mäurer & Wirtz

Mäurer & Wirtz
GmbH & Co. KG

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Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 24. November 1845
Sitz Stolberg (Rheinland), Deutschland
Leitung
  • Stephan Kemen
  • Richard Espenhahn
Mitarbeiterzahl > 300
Umsatz ca. 222 Mio. EUR[1][2]
Branche Duft- und Pflegebereich
Website www.m-w.de
Stand: 31. Dezember 2023
Luftaufnahme Zentrale Stolberg

Mäurer & Wirtz, gegründet von Ernst Mäurer und Andreas August Wirtz 1845 als Seifenfabrik in Stolberg, ist ein Hersteller von Produkten im Duft- und Pflegebereich und seit 1990 eine eigenständige Tochtergesellschaft der Dalli-Werke. Das Familienunternehmen wird von den Geschäftsführern Stephan Kemen und Richard Espenhahn geleitet. Mäurer & Wirtz gilt als einer der größten Dufthersteller Deutschlands.[3]

Sitz und Produktionsstandort ist Stolberg in der Städteregion Aachen mit ca. 300 Mitarbeitern. Neben eigenen Marken wie 4711, Tabac und Les Destinations, werden Lizenzmarken wie s.Oliver oder Tom Tailor betrieben.[3]

Hauptmärkte sind Deutschland, die Schweiz, Österreich, die Benelux-Staaten, Zentral- und Osteuropa, Südostasien, China, Indien und der Nahe und Mittlere Osten. Vertriebspartner für ein flächendeckendes Distributionsnetz sind der Parfümerie- und Drogeriefachhandel, Kaufhäuser und Warenhäuser, Drogerie- sowie Verbrauchermärkte und der Online-Handel.

Geschichte

1845 bis 1883

Die Geschichte des Familienunternehmens geht auf Michael Mäurer und seinen Stiefsohn Andreas August Wirtz zurück, die am 24. November 1845 eine Seifensiederei in Stolberg gründeten und am 19. Mai 1851 ihre Konzession für den Betrieb erhielten.[4] Zunächst wurden ausschließlich Schmierseifen, Kernseifen und Walkseifen für die Textilindustrie sowie Feinseifen in einer Kolonialwarenhandlung für den lokalen Markt verkauft. Mit der Zeit etablierten sich die Produkte aber auch im Rheinland und später ebenso im nahen Ausland (vor allem Benelux und Frankreich); 1867 wurde beispielsweise die Tuchfabrik Aachen mit Walkseife beliefert.[4] Zudem wurden kurz darauf Seifenprodukte mittels Lizenzvereinbarungen in Paris und in San Francisco vertrieben.[5]

1884 bis 1937

Im Jahre 1884 begann die Produktion von Waschpulver, und um die Jahrhundertwende wurden dann erste Warenzeichen eingetragen;[6] so wurde beispielsweise die Marke „Dalli“ im April 1884 vom Kaiserlichen Patentamt bestätigt.[4]

Andreas August Wirtz’ Witwe, Apollonia Wirtz, erwarb am 22. Dezember 1888 von der Stadt Stolberg ein größeres Areal mit dem ehemaligen Kupferhof Grünenthal. Mit einer neuen Fabrik außerhalb des Stadtzentrums leitete das Unternehmen 1889 den Wandel vom Handwerks- zum Industriebetrieb ein. Durch den neu erworbenen Platz konnten nun auch größere Siede- und Laugenkessel angeschafft werden, um die Produktion zu steigern. 1901 löste die neu entwickelte Dampfbeheizung die damaligen Siedekessel ab. Durch die Expansion des Unternehmens wurde das Betriebsgelände nach einiger Zeit zu eng. Aus diesem Grund wurden 1913 an einem neuen Standort Gebäude mit direktem Bahnanschluss errichtet, was die großbetriebliche Massenproduktion weiter vorantrieb. Zudem wurde ein Zweighaus in Düsseldorf eröffnet; 1925 beschäftigte das Unternehmen rund 400 Mitarbeiter.[4]

1938 bis 1945

1938 übernahm das Unternehmen den Berliner Seifenvertrieb Döring Werke AG sowie die Wiener Parfümerie Riva,[4] welcher daraufhin ebenfalls ein fester Produktionsstandort wurde.[5]

Im Zuge des Zweiten Weltkriegs sollen in dem Betrieb in Stolberg auch Kriegsgefangene aus Osteuropa, Belgien und den Niederlanden Zwangsarbeit verrichtet haben.[7] Laut dem Historiker Thomas Müller unterhielten die Dalli Werke Mäurer & Wirtz in Stolberg auf ihrem Betriebsgelände in der Zweifaller Straße ein Zwangsarbeitslager. Dort waren etwa 30–40 sowjetische Kriegsgefangene interniert. Ein weiteres Lager gab es in der Zweifaller Straße 74 im Saal Ortmann. Dort befand sich ein Lager für 40 bis 70 zivile Zwangsarbeiter aus Belgien und den Niederlanden. Unklar ist, ob es sich um ein Lager handelte und wann es welchem Zweck diente. Möglich ist, dass es in wechselnder Funktion als Kriegsgefangenenlager und ziviles Zwangsarbeitslager diente. Denkbar sind aber auch zwei parallele Lager. In der Prämienstraße 93 wurde ein Zwangsarbeitslager für 70 bis 90 zivile Zwangsarbeiter aus Osteuropa unterhalten.[8][9]

1945 bis 1989

Ab 1945 fanden, angestoßen durch den Geschäftsführer Jakob Chauvistré, Überlegungen zur Herstellung pharmazeutischer Präparate statt, welche im Labor der 1945 gegründeten Dalli-Werke weiterverfolgt wurden und im August 1946 zur Gründung der Pharmafirma Chemie Grünenthal führten.[10] 1950 hatten die Dalli-Werke mehr als 1000 Mitarbeiter.[4] Im selben Jahr entstanden unter dem Dach der Dalli-Werke Mäurer & Wirtz zwei eigenständige Geschäftsbereiche: Mäurer & Wirtz für Seifen und Körperpflege und Dalli für Waschpulver.[11]

1951 wurde die Herrenkosmetik-Marke Tabac veröffentlicht, welche zu den bekanntesten und erfolgreichsten Produkten von Mäurer & Wirtz zählt;[3][12][13] 1952 wurde der Beiname Original hinzugefügt. Nach Angaben der Tageszeitung Die Welt wurden mehr als 85 Millionen Flaschen dieses Herrenduftes vertrieben.[14]

1967 wurde eine neue Kosmetik- und Körperpflegeserie namens riar eingeführt,[4] welche später wieder eingestellt wurde.

Seit 1990

Dufthaus 4711, Köln

1990 entstand durch Umstrukturierung die Mäurer & Wirtz GmbH & Co. KG. als eigenständiges Tochterunternehmen der Dalli-Group.[15] Das Unternehmen stellte inzwischen neben Wasch- und Seifenartikeln hauptsächlich Duftwässer und Kosmetika her. Seit 1992 wurden Produkte zunehmend mittels Lizenz-Vereinbarung hergestellt – z. B. Betty Barclay,[16] Otto Kern und s.Oliver.[17] Im Jahre 2007 übernahm das Unternehmen die Parfümmarke 4711[18] inklusive des Kölner Stammhauses[19] vom amerikanischen Konsumgüterkonzern Procter & Gamble.[20]

Während der Markenübernahme wurden auch die Rechte an den Parfümmarken Tosca, Sir Irisch Moos und Extase von Mäurer & Wirtz erworben.[15] Im November 2011 kam die Duftserie der Marken Baldessarini[21] sowie von Windsor hinzu, welche später eingestellt wurde.[22] Parallel dazu wurden auch weiterhin diverse Parfüm-Eigenmarken wie Les Destinations und Route 66 vom Unternehmen vertrieben.[23]

Durch das Hochwasser 2021 musste die Produktion für mehrere Tage eingestellt werden.[24]

Im Januar 2025 übernahm das Unternehmen die Markenlizenz der Parfümsparte von Tom Tailor.[25]

Produkte und Marken

Zu Mäurer & Wirtz gehören unter anderem die Eigenmarken 4711, Tabac Original, Tosca, Sir Irisch Moos und Nonchalance, Les Destinations, Hej:Pure und Route 66, für die jeweils ein Sortiment an Parfums und anderen Pflegeprodukten angeboten wird. Weiterhin produziert das Unternehmen Produkte für Fremdmarken, wie s.Oliver, Otto Kern, Betty Barclay und Baldessarini sowie White-Label-Produkte, welche in hohen Stückzahlen für Discounter hergestellt werden.[12] Mäurer & Witz vertreibt außerdem D2C- und Lifestyle-Marken wie Orodion, Thom by Thomas Rath und Noles.[3][26][27]

Unternehmensstruktur

Dalli-Group

Die Mäurer & Wirtz GmbH & Co. KG wurde 1990 in das Handelsregister eingetragen[28] und gilt als operative Gesellschaft von Mäurer & Wirtz. Geschäftsführer des Unternehmens sind Stephan Kemen (seit 2020)[24] und Richard Espenhahn (seit 2024). Das Unternehmen beschäftigt mehr als 300 Mitarbeiter[29] und erlöste im Geschäftsjahr 2023 rund 222 Mio. EUR.[1][2]

Als Vertriebsunternehmen firmieren mehrere Gesellschaften, wie z. B. Théany Cosmetic GmbH, Cosmeurop Parfums GmbH, LC Luxury Cosmetics GmbH, s.Oliver Cosmetics GmbH, LC Lifestyle Cosmetics GmbH, Comma Cosmetics GmbH, M & W Parfums + Accessoires GmbH, Otto Kern Cosmetics GmbH und House of 4711 GmbH.[28]

Die Mäurer & Wirtz GmbH & Co. KG gehört als eigenständiges Unternehmen zur Dalli-Group (Dalli-Werke GmbH & Co. KG) und veröffentlicht keinen eigenen Jahresabschluss, sondern wird konsolidiert im Konzernabschluss der Dalli-Group aufgeführt.[28][15]

Auszeichnungen (Auswahl)

  • 2024: German Innovation Award für Hej:Pure in der Kategorie Beauty & Care[30]
  • 2023: German Brand Award für Hej:Pure, 4711 Remix und Orodion[31]
  • 2022: Duftstars Award für Hej:Pure in der Kategorie Green Award[32]
  • 2021: Duftstars Award für Remix Cologne 2020 (4711) in der Kategorie Lifestyle[33]
  • 2021: Tina Ageless Beauty Award für Acqua Colonia Lychee & White Mint (4711)[34]
  • 2020: Prix de Beauté für Acqua Colonia Intense in der Kategorie Damenduft Premium[35]
  • 2020: Duftstars Award für Floral Collection Rose (4711), Craftsman (Tabac Original) und Barber Truck (Tabac Original)[36]
  • 2007: Preis für Wirtschaftskommunikation für die beste Online-Kommunikation[37]
  • 2003: Euregio-Filmpreis für einen Werbespot von Tabac Original[38]

Literatur

  • Dalli-Werke Mäurer + Wirtz, o. O., o. J., Stolberg, 1984.
  • Klara van Eyll: 125 Jahre Dalli-Werke Mäurer und Wirtz, Stolberg Dalli-Werke Mäurer u. Wirtz, Stolberg, 1970.
Commons: Mäurer & Wirtz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Silvia Liebrich: „Der teure Sneaker war gestern, jetzt muss es das teure Parfüm sein“, in: Süddeutsche Zeitung, 6. Dezember 2024, abgerufen am 31. Januar 2025
  2. a b Anja Ingelmann: Mäurer & Wirtz stärkt den Export, in: Lebensmittel Zeitung, 26. September 2024, abgerufen am 31. Januar 2025
  3. a b c d Stephan Mohne: Spagat zwischen Tradition und Innovation. In: Aachener Zeitung. 23. Dezember 2021.
  4. a b c d e f g Renate Schwärzel: Deutsche Wirtschaftsarchive. Franz Steiner Verlag, 1994, ISBN 3-515-06211-4, S. 54 (google.de [abgerufen am 1. Februar 2022]).
  5. a b The Story of Mäurer & Wirtz: A Soap Company That Became a Fragrance Giant. In: Fragrantica. Abgerufen am 3. Februar 2022 (englisch).
  6. Nachweisung der im Deutschen Kaiserreich gesetzlich geschützten Waarenzeichen: 1894. 1894 (google.com [abgerufen am 1. Februar 2022]).
  7. Thomas Müller: Zwangsarbeit in der Grenzzone: der Kreis Aachen im Zweiten Weltkrieg (= Aachener Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte). Shaker, Aachen 2003, ISBN 978-3-8322-1301-5, S. 213–215.
  8. NS-Zwangsarbeitslager Stolberg – Dalli Werke Mäurer & Wirtz (Prämienstraße). LVR-Redaktion KuLaDig (Kultur. Landschaft. Digital.), abgerufen am 11. Februar 2025.
  9. NS-Zwangsarbeitslager Stolberg – Dalli Werke Mäurer & Wirtz. In: LVR-Redaktion KuLaDig (Kultur. Landschaft. Digital.). Abgerufen am 11. Februar 2025.
  10. Klara van Eyll: Vom Kupferhof zur Pharmaforschung. Der Hof Grünenthal und die Familie Wirtz. In: die waage. Zeitschrift der Grünenthal GmbH, Aachen. Band 35, 1996, Nummer 2 (S. 45–88), S. 48–57, hier: S. 48 f. und 51–55
  11. Dirk Müller: Stolberg: Die acht Ecken und der Duft der weiten Welt. In: Aachener Zeitung. 31. August 2011, abgerufen am 4. Februar 2022.
  12. a b Thorsten Karbach: Stolberg: 170 Jahre Dalli und Mäurer & Wirtz: „Brauchen uns nicht mehr verstecken“. In: Aachener Zeitung. 19. Juni 2015, abgerufen am 2. Februar 2022.
  13. Duftnoten: Alles über Parfum, Zeit Online, S. 10 ff., 22. Juli 2013. ISBN 978-3-8442-6197-4
  14. Lukas Krombholz: Findling: Neuentdeckung des Opa-Parfüms. In: DIE WELT. 15. Juni 2019 (welt.de [abgerufen am 4. Februar 2022]).
  15. a b c Mäurer & Wirtz. In: Lexikon Familienunternehmen. Die Zeit Verlagsgruppe, abgerufen am 2. Februar 2022 (deutsch).
  16. "Betty Barclay". In: Museumsverband Schleswig-Holstein und Hamburg e. V. Abgerufen am 9. Dezember 2024.
  17. Siems Luckwaldt: Alexandra Kalle: „Düfte sind sehr subjektiv“. In: Capital. 13. März 2019, abgerufen am 9. Dezember 2024.
  18. Jens Bergmann: Was Marken nützt: Das Oma-Problem. In: Brand eins. 2008, abgerufen am 1. Februar 2022.
  19. Guido Hartmann: Rheinisches Wunderwasser. In: Die Welt. 18. Januar 2009 (welt.de [abgerufen am 4. Februar 2022]).
  20. Christine Albert: Mäurer + Wirtz übernimmt Markenportfolio von Procter & Gamble-Tochter Muehlens. In: Juve. 29. Januar 2007, abgerufen am 9. Dezember 2024 (deutsch).
  21. Anke Prokasky: Unternehmen: Baldessarini vergibt Duft-Lizenz an Mäurer & Wirtz. In: Textilwirtschaft. Abgerufen am 2. Februar 2022.
  22. Mit starken Marken ins Ausland, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 56, S. 14, 6. März 2012.
  23. Die Historie von Mäurer & Wirtz. In: Mäurer & Wirtz. Abgerufen am 4. Februar 2022.
  24. a b Siems Luckwaldt: „Marken einzumotten ist leicht, eine neue aufzubauen wird stetig schwieriger“. In: Capital. 15. September 2021, abgerufen am 3. Februar 2022 (deutsch).
  25. Mäurer & Wirtz übernimmt Markenlizenz für Tom Tailor Fragrances. In: Leadersnet. 16. September 2024, abgerufen am 9. Dezember 2024.
  26. Ole Spötter: Thomas Rath vertreibt eigene Duftkollektion über HSE. In: Fashionunited. 7. Dezember 2022, abgerufen am 9. Dezember 2024.
  27. Stefan Schasche: Katrin Stockinger heuert bei der Beautymarke Noles an. In: Werben & Verkaufen. 2. Juli 2024, abgerufen am 9. Dezember 2024.
  28. a b c Aktueller Handelsregister-Auszug der MÄURER & WIRTZ Verwaltungsgesellschaft mbH. 2. Februar 2022.
  29. Karriere bei Mäurer & Wirtz. Abgerufen am 3. Februar 2022 (deutsch).
  30. Vanessa Göbel: German Innovation Award: Gold u.a. für Carrera Toys und Leonhard Kurz Stiftung. In: Markenartikel Magazin. 17. Mai 2024, abgerufen am 9. Dezember 2024 (deutsch).
  31. Vanessa Göbel: Gewinner des German Brand Award 2023 stehen fest. In: Markenartikel Magazin. Abgerufen am 9. Dezember 2024 (deutsch).
  32. Alenka Jepsen: Duftstars 2022: Das sind die Gewinner. In: Brigitte. 9. Dezember 2024, abgerufen am 9. Dezember 2024.
  33. Fragrance Foundation Deutschland e.V: Duftstars. Abgerufen am 25. Februar 2022.
  34. MÄURER & WIRTZ gewinnt Tina Ageless Beauty Award 2021. Abgerufen am 25. Februar 2022.
  35. Prix de Beauté für Mäurer & Wirtz: Der Oscar der Kosmetikbranche geht nach Stolberg. In: Aachener Zeitung. 13. Februar 2020, abgerufen am 1. Februar 2022.
  36. Redaktion FWHK: Duftstars 2020: Dreifache Auszeichnung für Mäurer & Wirtz. 13. November 2020, abgerufen am 2. Februar 2022 (deutsch).
  37. Markus Falkner: Auszeichnung für soziales Engagement, Berliner Morgenpost, 2. Juni 2007, Nr. 147, S. 13.
  38. 20 Sekunden pure Männlichkeit – Tabac-Spot holt Platz eins beim Filmpreis, Aachener Zeitung, 15. Oktober 2003.

Koordinaten: 50° 45′ 42,2″ N, 6° 13′ 56,6″ O

 

Prefix: a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

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