Liber vagatorumDer Liber Vagatorum von etwa 1510 ist eine Zusammenschau der unredlichen Bettlertypen und ihrer „Betteltechniken“ oder „Maschen“. Er ist zugleich die früheste gedruckte Quelle für das Rotwelsche. Das Buch wurde vielfach nachgedruckt; über 30 Ausgaben sind nachgewiesen. Die große Verbreitung wurde durch den Buchdruck ermöglicht. InhaltDer Liber Vagatorum besteht aus drei Teilen. Im ersten werden 28 unterschiedliche Bettlertypen vorgestellt, im zweiten werden Ergänzungen und Anmerkungen zum ersten Teil gemacht und Warnungen ausgesprochen. Der dritte Teil bringt einen „Vocabularius“, ein rotwelsch-deutsches Wörterbuch mit 219 Einträgen, in späteren Ausgaben vermehrt. QuellenIn der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das „Basler Rathsmandat wider die Gilen und Lamen“ abgefasst und in den folgenden Jahrzehnten in handschriftlichen Kopien an einige andere Städte übersandt. Darin wird auch eine kurze Liste von Vokabeln des Rotwelschen geliefert. Der Liber Vagatorum stützt sich in seinem beschreibenden Teil direkt oder indirekt auf diese Basler Quelle.[1] Das Glossar hat Ähnlichkeit mit dem rotwelschen Glossar des Zürcher Ratsherrn Gerold Edlibach um 1490. Da die drei Teile des Liber Vagatorum kaum aufeinander abgestimmt sind (z. B. verzeichnet das Glossar manche der im ersten Teil eingeflochtenen rotwelschen Wörter nicht), schließt Kluge auf einen Verfasser, der drei unterschiedliche Quellen verband.[1] AutorDie frühen Ausgaben geben keinen Druckort, kein Druckjahr und keinen Namen eines Druckers an. Sämtliche Ausgaben verschweigen den Verfassernamen. Offenbar hatten Verfasser und Verleger ein großes und berechtigtes Interesse daran, unbekannt zu bleiben.[1] Die Vorrede nennt den Verfasser einen hochwirdigen meister nomine expertus in trufis. Das Attribut hochwürdig wird für geistliche Personen gebraucht, ein expertus in trufis (zu lateinisch trufa ‚Betrug‘) bezeichnet jemanden, der sich mit Betrügereien auskennt. Expertus in trufis wird mangels besserer Kenntnis in Bibliographien als Verfassername bzw. Verfasserpseudonym angegeben. Da im Text ein Vorkommnis aus dem Jahr 1509 aus Pforzheim genannt ist, wird die Erstausgabe 1509 oder wenig später herausgegeben worden sein. Auf Pforzheim als ersten Druckort weist auch ein Zusatz in der mittelniederdeutschen Übersetzung des Werks, der in der hochdeutschen Ausgabe nicht vorkommt. Es heißt dort in der Vorrede zum Glossar:
Das erstmals um 1510 in Pforzheim bei Thomas Anshelm herausgegebene Büchlein wurde lange Zeit sowohl Pamphilus Gengenbach, Sebastian Brant und anderen Schriftstellern dieser Zeit zugeschrieben. Ein Verdacht der Autorschaft fällt auf den damaligen Spitalmeister in Pforzheim. Zwischen 1500 und 1524 war Matthias Hütlin Inhaber dieses Amtes „und so hat es etwas Verführerisches, den Autor ohne Buch mit dem Buche ohne Autor zusammenzubringen.“ AusgabenKluge verzeichnet über 30 bekannte Ausgaben, die zwischen etwa 1510 und 1755 erschienen. Davon sind bemerkenswert:
Literatur
WeblinksCommons: Liber Vagatorum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Belege
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