Kernenergie in Südkorea

Kernkraftwerke in Südkorea:
 In Betrieb

Derzeit (Stand Januar 2018) werden in Südkorea an 4 Standorten 24 Reaktorblöcke mit einer installierten Bruttogesamtleistung von 23.574 MW (netto 22.505 MW)[1] betrieben; weitere 4 Reaktorblöcke sind im Bau.[2] Der erste kommerziell genutzte Reaktorblock ging 1977 in Betrieb.

Der Anteil der Kernkraft an der Gesamtstromerzeugung liegt bei etwa 30 %. Im Jahr 2015 wurden in Südkorea 553 TWh Elektrizität erzeugt, davon stammten 165 TWh aus Kernkraftwerken.[1]

Geschichte

Südkorea trat der IAEA 1957 bei. Der erste Versuchsreaktor wurde 1962 in Betrieb genommen; der erste kommerziell genutzte Reaktorblock folgte 1977 beim Kernkraftwerk Kori. In den 1980er und 1990er Jahren wurden weitere Kernkraftwerke errichtet, wobei die Technologie anfangs auf Lizenzen von Westinghouse und Framatome beruhte. Darauf aufbauend wurden in Südkorea eigene Reaktoren entwickelt, wie der OPR-1000 und der APR-1400.[1]

Im Jahr 2009 erhielt der südkoreanische Energiekonzern KEPCO den Auftrag, in den Vereinigten Arabischen Emiraten das Kernkraftwerk Barakah zu bauen. Es wurde ein Preis von ca. 18,6 Milliarden Dollar vereinbart, was die Hälfte des Preises der französischen Areva war. Am 14. März 2011 erfolgte der erste Spatenstich im Beisein des Präsidenten Lee Myung-bak und des Kronprinzen Mohammed bin Zayed. Am 11. März 2011 kam es zur Nuklearkatastrophe von Fukushima. Anschließend kam es auch zu einer Überprüfung der Konstruktion der südkoreanischen Kernkraftwerke.

Nach Aussagen des ehemaligen KEPCO-Managers Park Jong-woon konnte der Preis in den Emiraten nur deshalb erreicht werden, da man viele Sicherheitseinrichtungen, die nach dem Unfall in Tschernobyl eingebaut hatte, einfach weggelassen hatte. Auch das Kraftwerk Barakah musste daraufhin nachgebessert werden.

Im Juni 2011 rief die Regierung eine „neue Wachstumsstrategie“ aus: ein nachhaltiges, sauberes und ressourcenschonendes Wirtschaften bei gleichzeitiger Beibehaltung des Wachstumsparadigmas. Die Kernenergie spielt darin eine große Rolle. Ob weitreichende KKW-Exportpläne sich nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 noch realisieren lassen, gilt als fraglich.[3]

Nuklearexporteur ist das Staatsunternehmen Korea Electric Power Corporation (KEPCO). Die „Korean Nuclear Energy Promotion Agency“ (Konepa) preist Atomenergie als „die Energie, die dein Leben glücklicher macht“.[3]

2012 wurden fünf ranghohe Manager der staatlichen Korea Hydro & Nuclear Power Co. beschuldigt, eine potentiell gefährliche Strompanne im ältesten Reaktor des Landes vertuscht zu haben.

Im selben Jahr schickte ein Whistleblower Unterlagen an die Polizei. Es kam zu einer Untersuchung gegen KEPCO.[4][5][6] Anschließend wurden 68 Personen von Gerichten verurteilt und zu insgesamt 253 Jahren Gefängnis verurteilt. Zu den Verurteilten gehört der KHNP Präsident Kim Jong-shin und Park Young-joon ein enger Mitarbeiter des Präsidenten Lee Myung-bak.

Der Wirtschaftsminister Hong Suk-woo erklärte im November 2012 in Seoul, dass zwei Reaktoren im Kernkraftwerk Yeonggwang wegen fehlender Zertifikate heruntergefahren wurden. Sie könnten bis Anfang 2013 abgeschaltet bleiben. Strikte Sicherheitskontrollen für die beiden Reaktoren seien erforderlich. Es sei unausweichlich, dass das Land im Winter eine beispiellose Stromknappheit erleben werde. Das Energieversorgungsnetz Südkoreas ist zu Spitzenzeiten chronisch überlastet.[7]

Im Januar 2014 erklärte Südkoreas Regierung, den Anteil der Kernkraft an der Stromproduktion auf 29 Prozent leicht senken zu wollen.[8]

Mit Kim Min-kyu trat 2015 ein weiter Whistleblower auf und berichte von (illegalen) Preisabsprachen, die u. a. dazu führten, dass ungeeignete Transformatoren mit gefälschten Zertifikaten eingebaut wurden, die nun zu hohen Kosten ausgetauscht werden mussten. Im Jahr 2017 wurde die damalige Präsidentin Park Geun-hye nach politischen Skandalen abgewählt.

Der neue südkoreanische Präsident Moon Jae-in verkündete am 19. Juni 2017 einen phasenweisen südkoreanischen Atomausstieg bis 2057. Alle Pläne zum Bau neuer Reaktoren hätten aufgegeben und die Laufzeit bestehender Reaktoren nicht verlängert werden sollen.[9] Diese Entscheidung wurde im Juni 2022 von seinem Nachfolger Yoon Suk-yeol zurückgenommen.[10] Die neue Regierung plante anfänglich, den Anteil der Kernkraft am Energiemix bei etwa 30 % zu halten.[11] Anfang 2023 wurde beschlossen, bis 2033 sechs neue Reaktoren ans Netz zu bringen, und damit den Anteil der Kernkraft auf 34,6 % zu steigern.[12]

Liste der Kernkraftwerke in Südkorea

Die Reaktoren Shin-Kori 3 bis 6 werden teilweise, so auch im PRIS, als Kernkraftwerk SAEUL mit den Reaktoren 1 bis 4 bezeichnet. Ob dies damit zusammenhängt, dass die Stadtgrenze zwischen Busan und Ulsan mitten durch den Kraftwerkskomplex läuft, ist unklar.

Liste der Kernkraftwerke in Südkorea (Quelle: IAEA, Stand: Dezember 2024)[13]
Name Block
Reaktortyp Modell Status Netto-
leistung
in MW
Brutto-
leistung
in MW
Baubeginn Erste Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
(geplant)
Abschal-
tung
(geplant)
Einspeisung
in TWh
Kori / Shin-Kori 1 DWR WH 60 Stillgelegt 576 607 1972-08-01 01.08.1972 1977-06-26 26.06.1977 1978-04-29 29.04.1978 2017-06-17 17.06.2017 148,55
2 DWR WH F In Betrieb 640 681 1977-12-23 23.12.1977 1983-04-22 22.04.1983 1983-07-25 25.07.1983 185,22
3 DWR WH F In Betrieb 1.011 1.043 1979-10-01 01.10.1979 1985-01-22 22.01.1985 1985-09-30 30.09.1985 267,98
4 DWR WH F In Betrieb 1.012 1.044 1980-04-01 01.04.1980 1985-12-31 31.12.1985 1986-04-29 29.04.1986 267,18
Shin-1 DWR OPR-1000 In Betrieb 997 1.044 2006-06-16 16.06.2006 2010-08-04 04.08.2010 2011-02-28 28.02.2011 86,94
Shin-2 DWR OPR-1000 In Betrieb 997 1.046 2007-06-05 05.06.2007 2012-01-28 28.01.2012 2012-07-20 20.07.2012 85,35
Shin-3 DWR APR-1400 In Betrieb 1.416 1.488 2008-10-16 16.10.2008 2016-01-15 15.01.2016 2016-12-20 20.12.2016 71,65
Shin-4 DWR APR-1400 In Betrieb 1.418 1.491 2009-08-19 19.08.2009 2019-04-22 22.04.2019 2019-08-29 29.08.2019 47,15
Shin-5 DWR APR-1400 In Bau seit 2017 1.340 1.400 2017-04-01 01.04.2017
Shin-6 DWR APR-1400 In Bau seit 2018 1.340 1.400 2018-09-20 20.09.2018
Hanbit 1 DWR WH F In Betrieb 996 1.035 1981-06-04 04.06.1981 1986-05-03 05.03.1986 1986-08-25 25.08.1986 262,28
2 DWR WH F In Betrieb 988 1.026 1981-12-01 01.12.1981 1986-11-11 11.11.1986 1987-06-10 10.06.1987 252,06
3 DWR OPR-1000 In Betrieb 986 1.047 1989-12-23 23.12.1989 1994-10-30 30.10.1994 1995-03-31 31.03.1995 197,77
4 DWR OPR-1000 In Betrieb 970 1.022 1990-06-26 26.06.1990 1995-07-18 18.07.1995 1996-01-01 01.01.1996 175,06
5 DWR OPR-1000 In Betrieb 994 1.052 1997-06-29 29.06.1997 2001-12-19 19.12.2001 2002-05-21 21.05.2002 149,38
6 DWR OPR-1000 In Betrieb 993 1.050 1997-11-20 20.11.1997 2002-09-16 16.09.2002 2002-12-24 24.12.2002 156,39
Hanul / Shin-Hanul 1 DWR France CPI In Betrieb 968 1.008 1983-01-26 26.01.1983 1988-04-07 07.04.1988 1988-09-10 10.09.1988 249,26
2 DWR France CPI In Betrieb 969 1.012 1983-07-05 05.07.1983 1989-04-14 14.04.1989 1989-09-30 30.09.1989 245,82
3 DWR OPR-1000 In Betrieb 997 1.049 1993-07-21 21.07.1993 1998-06-01 06.01.1998 1998-08-11 11.08.1998 190,35
4 DWR OPR-1000 In Betrieb 999 1.053 1993-11-01 01.11.1993 1998-12-28 28.12.1998 1999-12-31 31.12.1999 176,51
5 DWR OPR-1000 In Betrieb 998 1.052 1999-10-01 01.10.1999 2003-12-18 18.12.2003 2004-07-29 29.07.2004 150,42
6 DWR OPR-1000 In Betrieb 997 1.050 2000-09-29 29.09.2000 2005-01-07 07.01.2005 2005-04-22 22.04.2005 145,57
Shin-1 DWR APR-1400 In Betrieb 1.340 1.455 2012-07-10 10.07.2012 2022-06-09 09.06.2022 2022-12-07 07.12.2022 15,41
Shin-2 DWR APR-1400 In Betrieb 1.340 1.455 2013-06-19 19.06.2013 2023-12-21 21.12.2023 2024-04-05 05.04.2024
Wolsong / Shin-Wolsong 1 PHWR CANDU-6 Stillgelegt 661 682 1977-10-30 30.10.1977 1982-12-31 31.12.1982 1983-04-22 22.04.1983 20.06.2018 140,27
2 PHWR CANDU-6 In Betrieb 632 671 1992-09-25 25.09.1992 1997-04-01 01.04.1997 1997-07-01 01.07.1997 136,49
3 PHWR CANDU-6 In Betrieb 648 675 1994-03-17 17.03.1994 1998-03-25 25.03.1998 1998-07-01 01.07.1998 129,82
4 PHWR CANDU-6 In Betrieb 634 675 1994-07-22 22.07.1994 1999-05-21 21.05.1999 1999-10-01 01.10.1999 130,50
Shin-1 DWR OPR-1000 In Betrieb 997 1.045 2007-11-20 20.11.2007 2012-01-27 27.01.2012 2012-07-31 31.07.2012 84,18
Shin-2 DWR OPR-1000 In Betrieb 993 1.045 2008-09-23 23.09.2008 2015-02-26 26.02.2015 2015-07-24 24.07.2015 64,14

Die Reaktoren Kori 1-2 sind 2-Loop-Anlagen. Die später gebauten Kori 3-4, Hanbit 1-2 und Hanul 1-2 sind 3-Loop-Anlagen. Die übrigen Reaktoren schließlich – einschließlich der vier CANDU-Blöcke in Wolsong – verfügen über 4 Loops.[14]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Nuclear Power in South Korea. World Nuclear Association (WNA), abgerufen am 31. Dezember 2017 (englisch).
  2. Korea, Republic of. IAEA - Power Reactor Information System (PRIS), abgerufen am 31. Dezember 2017 (englisch).
  3. a b Fabian Kretschmer: "Grünes Wachstum" durch Kernkraft. In: Zeit Online. Zeit Online GmbH, 30. Juni 2011, abgerufen am 3. Dezember 2018.
  4. Indictments for South Korea forgery scandal, 10 October 2013
  5. FAZ.net: Südkorea nimmt Atomkraftwerke vom Netz
  6. NSSC Confirms Fake Test Reports of Safety-Class Control Cables. Nuclear Safety And Security Commission, 2012, archiviert vom Original am 24. März 2014; abgerufen am 3. Dezember 2018 (englisch, Originalwebseite nicht mehr verfügbar).
  7. Zwei Atomreaktoren in Südkorea abgeschaltet. In: derStandard.at. 5. November 2012.
  8. Südkorea bremst Atomenergie aus. In: IWR.de. 14. Januar 2014, abgerufen am 15. Januar 2014.
  9. South Korea vows to move away from nuclear power. Deutsche Welle, 19. Juni 2017, abgerufen am 19. Juni 2017 (englisch).
  10. New energy policy reverses Korea's nuclear phase-out. In: World Nuclear News 5. Juli 2022.
  11. South Korean APR-1400 starts up: New Nuclear - World Nuclear News. In: world-nuclear-news.org. 23. Mai 2022, abgerufen am 1. Juni 2022.
  12. South Korea increases expected contribution of nuclear power : Nuclear Policies. In: World Nuclear News. 12. Januar 2023, abgerufen am 13. Januar 2023 (englisch).
  13. Korea, Republic of. IAEA, abgerufen am 14. Dezember 2024 (englisch).
  14. Individual Units for Nuclear in Republic of Korea. Global Energy Observatory;