Kastell Dambach
Das Kastell Dambach, in der historischen Literatur auch als Kastell Hammerschmiede bekannt, ist ein römisches Militärlager, das am Rätischen Limes, einem Teil des zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenen Obergermanisch-Rätischen Limes, errichtet wurde und heute größtenteils unüberbaut, doch nicht sichtbar auf den Gemarkungen östlich des Dorfes Dambach, Ortsteil der Gemeinde Ehingen, im Landkreis Ansbach in Bayern liegt. Seine durch die Baugeschichte bedingte längliche Form macht es in dieser Art am Obergermanisch-Rätischen Limes einzigartig. Seine besondere historische Stellung erhält Dambach auch durch den späten Bau des Steinkastells, seine zwei großen Lagerdörfer sowie den teils einzigartigen Fundbestand aufgrund des seit der Antike feuchterhaltenden Bodens. Von Bedeutung ist auch ein örtliches Quellheiligtum mit einer Vielzahl von Votivgaben.[3] LageDas Kastell, nur 100 Meter hinter dem Limes gelegen, wurde in einem flachen topographischen Halbkessel auf einer nach Westen nur leicht ansteigenden Erhöhung gegründet. Dieser Kessel wird vom sanft ausgeformten Tal des Moosgrabens durchschnitten, der von nordwestlicher in südöstliche Richtung zum Mühlbach hin abläuft und in dieser Verlängerung am Kastell Unterschwaningen[4] den Arrabach aufnimmt. Der Untergrund des Kastells ist aufgrund des anstehenden Basisletten, einer Tonschicht, von jeher sumpfiges Land geblieben, was speziell im Vicus, dem Lagerdorf, zu einzigartig gut erhaltenen Holzbefunden geführt hat.[5] Der Limes kommt nördlich des Kastells aus südwestlicher Richtung heran, steigt ins Moosgrabental hinab und läuft auf der östlichen Talseite den Hang hinauf in die „Heide“, einen großen, sich nach Norden ausdehnenden Wald. Dort, 250 Meter vom Kastellplatz entfernt, finden sich rund 50 Meter hinter der Limesmauer leichte Bodenwälle, die eine ovale Fläche begrenzen, wo in römischer Zeit wohl ein kleines Amphitheater in Holz-Erde-Bauweise stand, wie es sie mehrfach an Limeskastellen gegeben hat. Vom Kastell aus konnte die Besatzung zu den benachbarten Limeswachtürmen und zu der vermuteten Signalstation auf dem südwestlichen Hesselberg, der die Landschaft dominiert, Kontakt aufnehmen.[6] Dennoch sind die Sichtmöglichkeiten durch die Lage der Befestigung in einem Halbkessel derart begrenzt, dass ihre Gründung an diesem Platz Fragen offenlässt. Da das Gelände am Kastell Dambach in der Neuzeit durch starke menschliche Eingriffe, wie beim Bau von Teichen (u. a. Zerstörung von Teilen der Kastellumwehrung, des Lagerdorfes und des Limes) sowie durch Lehmabbau einer bis zum Ersten Weltkrieg auf dem Lagerplatz arbeitenden Ziegelei seine historische Gestaltung verloren hat, ist die antike Lagesituation nur noch sehr eingeschränkt vor Ort erfahrbar. Rätselhaft bleibt die topographisch nicht sehr günstige Lage des Kastells im feucht-morastigen Muldental des Moosgrabens. Möglicherweise sollten hier nachträglich zwei von Norden aus dem Freien Germanien (Germania libera) führende Straßen über den Limes kontrolliert werden. Ein großer Teil des aus Holzhäusern bestehenden Lagerdorfes (Vicuskern I) ist ebenfalls auf dem schwierigen, normalerweise von den Römern gemiedenen Untergrund errichtet worden. Dambach wird als wichtiger Handelsplatz am Limes angesehen.[7] ForschungsgeschichteJohann Alexander Döderlein (1675–1745) berichtet in seinem 1731 erschienenen Werk über die Limesanlagen bei Dambach ab WP 13/36: In welcher Gegend, und zwar nah an der Strasse [von Schwaningen nach Ansbach], zur Lincke, ein notabler tumulus, oder runde Höhe, von Steinen und Schutt, wahr zu nehmen. Welcher daß es weyland ein Thurn oder propugnaculum [Bollwerk] der Mauer gewesen, keineswegs zweiffle. Aus bemeldter Heide bricht selbige in der Gegend des Kräuthoffs wiederum heraus, und gehet bey und neben dasigen Weyhern in das anliegende Gehöltze, von den Anwohnern das Fraun-Holtz genannt, das Dorff Tannbach nahe zur Lincken.[8] Döderlein berief sich auch auf einen 1728 erschienenen Artikel im Coburgischen Zeitungs-Extract. Danach wären zu dieser Zeit noch die Reste eines Frauenklosters sichtbar gewesen, nach dem die Frauenholzer Flur ihren Namen erhalten hätte. Das Kloster, möglicherweise ein Beginenhaus, soll den Namen Nonnenfurth getragen haben. Zudem wären bei den Klosterruinen „verschiedene andere Antiquitaen“ zu finden. Einen frühen Bericht lieferte 1818 der Historiker Andreas Buchner (1776–1854). In seiner Reise auf der Teufels-Mauer kam er auch zu den „Ruinen bei der Hammerschmiede“. Er mutmaßte hier bereits ein „römisches Castrum“.[9] Was Buchner damals an der Hammerschmiede wirklich sah, bleibt ungewiss. Der Besitzer der Hammerschmiede, die den Namen Kreitmühle trug, zeigte Buchner Baureste, die beim Graben eines Kanals zu Tage gekommen waren. Mauerwerk und hölzerne Balken konnte der Historiker deutlich unterscheiden. Der Schmied berichtete auch von unterirdischen Gewölben und im Boden zu findenden gehauenen Steinen, die zum Hausbau verwendet wurden. Buchner erstand in der Hammerschmiede ein „Heidenköpfle“, wie die römischen Münzen in der Gegend genannt wurden.[10] In seiner Genauen Beschreibung der unter dem Namen der Teufelsmauer bekannten Römischen Landmarkung berichtet der Eichstätter Stadtpfarrer Franz Anton Mayer (1773–1854), dass er im Juni 1838 die Möglichkeit hatte, der Limesmauer durch den abgelassenen Kreutweiher zu folgen. Dabei stieß er – ohne näher darauf einzugehen – „absatzweise auf Reste ihrer Grundlage“. Außerdem ließ er sich vom Vater des Besitzers der Hammerschmiede, mit dem offenbar schon Buchner gesprochen hatte, berichten, dass beim Graben im Boden immer wieder dicke Mauern, Gewölbe und Reste fester Türme aus Quadersteinen aufgedeckt wurden. Es wären auch kleine Zimmer mit bemalten Wänden, kleine Ziegelsteine, „samische Geschirrfragmente“ und viele römische Münzen gefunden worden. Man zeigte Mayer auch große, durch den moorigen Grund geschwärzte Eichenbalken.[11] Etliches von dem, was in den frühen Berichten beschrieben wird, lässt sich wohl dem mutmaßlichen wüst gewordenen hochmittelalterliche Kloster, das im Kastellbereich verortet wird, zuschreiben, doch vermischen sich in den Überlieferungen sicherlich römische Funde mit denen des Mittelalters. 1880 erwähnte der bayerische Altertumsforscher Friedrich Ohlenschlager (1840–1916), dass an diesem Platz bisher noch nie von „kundiger Hand“ gegraben wurde und plädierte für eine umfassende, großflächige Untersuchung. Er konnte aufgrund des niedrigeren Fruchtstandes, der sich in den Feldern über altem Mauerwerk deutlich abzeichnet, südwestlich der Hammerschmiede Gebäudestrukturen erkennen. Diese gehörten, wie später nachgewiesen werden konnte, zu der mutmaßlichen klösterlichen Wüstung. Zudem erwähnte er viele interessante Funde, die heute für die Wissenschaft verloren sind.[12] Die abschnittsweise noch erstaunlich gut erhaltenen Reste der Befestigung, des kleinen Amphitheaters und die nahen Limesanlagen wurden in der Folge zwischen 1892 und 1896 durch den Apotheker Wilhelm Kohl (1848–1898), einen Streckenkommissar der Reichs-Limeskommission (RLK), teiluntersucht. 1930 befasste sich Ernst Fabricius (1857–1942) erneut mit der Arena, die zuletzt im 3D-Laser-Vermessungsverfahren aufgenommen wurde.[13] Moderne umfassende wissenschaftliche Grabungen hat es seit dem RLK-Engagement an diesem Platz nicht mehr gegeben. Im Jahr 1966 wurden aus dem Kastell und dem Lagerdorf etliche Lesefunde gemeldet, darunter eine Gemme, Bronzegerätschaften und -anhänger, vier Lanzenspitzen und eine Pfeilspitze sowie eiserne Werkzeuge und Schlüssel.[14] Die Anlage und Erweiterung von drei Karpfenteichen zwischen 1958 und 1986 machte jedoch Notgrabungen und Beobachtungen im östlichen Teil des einstigen Lagerdorfs notwendig. Die unkontrollierten Zerstörungen durch die Fischzucht haben neben den älteren Eingriffen allein zwischen 2002 und 2006 teilweise zu einem vollkommenen Substanzverlust der bekannten Flächen geführt und jegliche weitere Forschungsbemühungen zunichtegemacht. 2006 bis 2008 wurden die verbliebenen Befunde in den Weihern intensiv nachuntersucht und ebenfalls laservermessen. Hinzu kamen 34 Erdbohrungen im Moosweiher, die den Untergrund bis auf eine Tiefe von 2,5 Metern hin erschließen sollten. Außerdem wurden unter der Leitung des Archäologen Wolfgang Czysz (1949–2022) fünf Grabungsschnitte an dessen nordöstlichem Ufer getätigt.[5][15][16] 2009 fanden die ersten geomagnetischen Untersuchungen durch das Bayerische Landesdenkmalamt statt. Diese konzentrierten sich auf die noch zugänglichen Flächen des Kastellareals und schnitten westlich und südöstlich auch Strukturen des Vicus an, die sich in unmittelbarer Randlage der Garnison befanden. Im Frühjahr 2013 erfolgten weitläufige geomagnetische Prospektionen der in diesen Bereichen liegenden Zivilsiedlung. Für diese Forschungen war insbesondere das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel eingebunden worden.[17] Im Herbst 2005 wurden die konservierten Fundamente eines kleinen Steinbaus des Lagerdorfes (Vicus) südöstlich des Amphitheaters leicht aufgemauert und besuchergerecht präsentiert. BaugeschichteDurch fehlende moderne Ausgrabungen bleiben viele Einzelheiten dieses Kastellplatzes bisher im Ungewissen. Gegründet wurde die Anlage nach traditioneller Lehrmeinung vielleicht bereits in vorantoninischer Zeit um 100 n. Chr.[18] als bisher unbekannte Holz-Erde-Anlage. Das Kastell würde dann – nach den domitianischen Gründungen Unterschwaningen, Gnotzheim, Weißenburg und vielleicht Oberhochstatt – in die Regierungszeit Kaiser Trajans (98 bis 117) gehören. Damit hätte seine Entstehung in Zusammenhang mit dem zeitgleichen Bau der Kastelle Ruffenhofen, Theilenhofen sowie Ellingen gestanden, die damals zum weiteren Ausbau und zur Sicherung der römischen Grenze nördlich des Fränkischen Jura errichtet wurden. Das vieldiskutierte, 1983 im Kastellareal gefundene Fragment eines Militärdiplom RMD II 85[19] vom 27. September 112 wurde nach ersten Einschätzungen des Archäologen Hans-Jörg Kellner (1920–2015) in Niedermösien ausgestellt.[20] Diese These wies der Archäologe und Epigraphiker Florian Matei-Popescu mit Verweis auf die inzwischen fortgeschrittene Forschungslage in Niedermösien im Jahr 2005 zurück.[21] Unabhängig davon hatte Paul A. Holder 2006 vorgeschlagen, die fragmentarisch überlieferten Reste von Truppenbezeichnungen auf dem Dambacher Diplom auf raetische Einheiten zu beziehen.[22] Der Archäologe Bernd Steidl versuchte, Holders Gedanken mit den für diese Zeit bekannten Einheiten aus Raetien umzusetzen, doch stieß er auf grundlegende Schwierigkeiten. Er kam daher zu dem Schluss, dass Holders Überlegung nicht stimmen kann und der Ursprung des Diploms in einer anderen Provinz gesucht werden muss.[23] Unabhängig von der Problematik des Textes kann das 112 ausgestellte Diplom nicht ohne weiteres für eine Datierung des Kastellplatzes herangezogen werden, da es auch viel später nach Dambach gelangt sein könnte. Der Prähistoriker Hans-Jürgen Eggers (1906–1975) ordnete Dambachs Gründung der Zeit um 150 n. Chr. zu.[24] Czysz konnte sich anfangs aufgrund einer umfassenden Fundbewertung, wozu neben einer 47 Hölzer starken dendrochronologischen Datei, germanische Fibeln und eine 394 Münzen starke Münzreihe zählen, nur eine noch spätere Anlage des Steinkastells, möglicherweise erst 190 oder gar 200 n. Chr. vorstellen und verglich Dambach mit dem Limeskastell Niederbieber in Rheinland-Pfalz.[25] 2009 drückte er das Entstehungsdatum wieder auf die Zeit nach der Mitte des 2. Jahrhunderts. Es ist inzwischen das dendrochronologisch gesicherte Holz einer frischgeschlagenen Esskastanie mit Rinde aus dem östlichen Vicuskern I geborgen worden, die 28 Jahre alt geworden ist. Da das Heranziehen von Esskastanien eine rund 60-jährige, über Generationen reichende intensive Planung und Pflege braucht, müssen die Bewohner schon weit vor dem Fälldatum des Baumes, das frühestens im Jahr 180 gewesen sein kann, in Dambach ihren Wohnsitz aufgeschlagen haben.[26] Auch der Ausbau des rätischen Limes in Stein kann heute im Bereich von Dambach zeitlich eingegrenzt werden, da der Schlag von Hölzern aus dem im Kreutweiher steckenden Pfahlrost, der einst die Limesmauer trug, dem Winterhalbjahr 206/207 n. Chr. zugeordnet werden kann.[27] Mit der vielleicht erst nachträglichen Einfügung von Dambach in die Grenzverteidigung verloren die nahen Wachtürme Wp 13/34 und Wp 13/35 am westlichen und östlichen Talrand ihre Bedeutung. Phase IUmwehrungDie Geometer richteten das 115 × 85 Meter (= 0,97 Hektar). große Numeruskastell zum Limes hin aus. Die Prätorialfront (Vorderfront) befand sich bei dieser Anlage daher im Norden. Noch zu Kohls Zeiten war das dort errichtete Prätorialtor des Kastells übermannshoch erhalten. Seine Zerstörung begann jedoch mit der Anlage des Kreutweihers, der seit dem frühen 18. Jahrhundert nicht nur für den Antrieb der Hammerschmiede genutzt wird, sondern auch den Fischern als Fischteich dient. In der Literatur des 19. Jahrhunderts wird der Kreutweiher ob seiner Nutzung auch als „Hammerschmiedeweiher“ überliefert.[28] Als im Spätherbst 1896 der Weiher abgelassen wurde, konnte Kohl das im schlammigen Ufersaum steckende Nordtor untersuchen. Der damals gut erhaltene Bau war einspurig ausgelegt und besaß zwei flankierende Tortürme. Auch nach dem Umbau der Fortifikation in Phase II blieb dieses Tor in seiner Substanz bestehen. Die Einmessungen Kohls am Torbau ergaben für die Tortürme an deren Innenseite eine erhaltene Höhe von einem Meter. Sie besaßen einen ebenerdigen Zugang.[29] Seit den Tagen Kohls ist der Torbau vollständig zerstört worden. Wie eine Kurzuntersuchung durch Czysz im Jahr 2008 nachwies, haben Wellenschlag, Unterspülungen und Entlandungen das sorgfältig gesetzte Mauerwerk zum Einsturz gebracht. Zudem hatten Biber die noch mit drei Steinlagen erhaltene Nordwestecke freigelegt. Insgesamt war es dem Archäologen 2008 möglich, die Nordseite des Kastells auf einer Länge von 112 Metern zu untersuchen.[30] An der Prätorialfront konnte 1896 sowohl der linke als auch der rechte Eckturm nachgewiesen werden. Diese Türme waren in den jeweils rund ausgeformten Ecken (Spielkartenform) der Befestigung an die Umfassungsmauer angebaut worden. Neben dem Nordtor war es Kohl möglich, auch den mit ebenfalls zwei flankierenden Tortürmen ausgestattete Einlass im Süden der Garnison aufzudecken. InnenbebauungDie bisher unbekannte Innenbebauung war in dieser Zeit wohl in reiner Holz-Erde-Bauweise ausgeführt. Der Archäologe Dietwulf Baatz (1928–2021) vermutete, dass die namentlich unbekannte Truppe des wohl noch vor der Mitte des 2. Jahrhunderts verlassenen Numeruskastells Unterschwaningen hierher verlegt worden ist.[31] Falls Dambach den üblichen römischen Vorgaben folgt, lag die Prätorialfront, die dem Feind zugewandte Seite eines Kastells, im Norden, zum Limes hin. Phase IIUmwehrungDambach ist zu einem späteren Zeitpunkt erheblich vergrößert worden. Die Römer rissen bei dieser Erweiterung des Lagers die westliche und östliche Wehrmauer samt Ecktürmen ab und verlängerte die Nord- und Südmauern um jeweils fünf Meter. An der neuerbauten abschließenden West- und Ostfront wurde je ein einspuriges, von zwei Türmen flankiertes Tor errichtet, dessen Aufbau den beiden älteren Süd- und Norddurchfahrten glich. Die ebenfalls abgerundeten Ecken erhielten Türme und zwischen dem Nordtor und dem nordwestlichen Eckturm konnte ein Zwischenturm nachgewiesen werden. Analog ist auf der gegenüberliegenden Seite ein weiterer Zwischenturm anzunehmen. Das Kastell besaß nun eine sehr eigentümliche, ungewöhnlich länglich-schmale Form und fasste ein Areal von 187 × 115 Meter (= 2,2 Hektar). Die Ausgräber der RLK stellten fest, dass die Türme des einspurigen Osttors, wie auch ein Abschnitt der nördlichen, 1892 untersuchten Limesmauer, auf Pfählen gegründet worden ist, was wiederum einen Hinweis auf den bereits in der Antike sehr feuchten Talgrund gab. Auffallend war auch die außergewöhnliche Größe dieser Türme, da sie sich mit einer Tiefe von 6,8 Metern deutlich vom Umfang aller anderen Türme des Lagers abhoben.[32] Kohl erkannte im Süden der Anlage einen Doppelgraben, während er vor der Prätorialfront im abgelassenen Kreutweiher 1896 einen dreifachen Spitzgraben feststellte.[33] Erst während des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts wurde den Kastellgräben mit Hilfe der Geophysik erneut Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei konnte über die südwestliche und südöstliche Kastellecke hinweg ein dreifacher Graben festgestellt werden. Vor dem dort mittig in der südlichen Längsseite der Wehrmauer installierten Tor setzten nur die beiden äußeren Gräben aus, der innere wurde höchstwahrscheinlich von einer Holzbrücke überspannt. Auch vor dem Tor an der westlichen Schmalseite wurden die Spuren der drei Gräben gesichert. Hier waren offen drei Brücken notwendig um das durchgehende Grabenwerk zu überwinden.[34] In Zusammenhang mit dem östlichen, ebenfalls dreifachen Graben, spielte auch der antike Bachlauf des Moosgrabens eine Rolle, der ebenfalls durch den Ostvicus geflossen ist und somit die damalige Topographie mitgeprägt hat.[35] Die geophysikalische Prospektion verdeutlichte diese hydrologischen Fakten. So stand die östliche Schmalseite des Kastells bereits in der Antike zeitweilig unter dem Grundwasserspiegel.[36] InnenbebauungDie Innenstrukturen des vergrößerten Lagers waren lange Zeit völlig unbekannt, so dass auch über die Prätorialfront keine Aussage gemacht werden kann. Mithilfe der Geophysik konnten erstmals Baustrukturen in der Südwestecke – zwischen dem West- und dem Südtor – festgestellt werden, wobei unklar blieb, welche Funktion dieser Befund zeigt.[36] Alten Untersuchungen zufolge soll es im Kastellinneren Hinweise auf eine Brandkatastrophe gegeben haben, was Aussagen über das Ende der Anlage machen könnte.[37] Dieser Befund wurde durch die geophysikalische Prospektion bestätigt.[36] Sogenanntes PraetoriumKohl konnte im Inneren lediglich einen rund 30 × 35 Meter großen Steinbau von recht komplexer Gestalt erfassen, der laut Ausgräber unter anderem Hypokausträume und Heizraum (Praefurnium) aufwies. Ob seiner Lage am südlichen Lagertor und der Größe wurde dieser Bau als Wohnhaus des Kommandanten (Praetorium) dem jüngeren Kohortenkastell zugeordnet und auch noch von Thomas Fischer 1983 so verstanden.[31] Erst in seinem Limesbuch von 2008 sprach sich Fischer für die Möglichkeit aus, dass dieses Bauwerk auch als mittelalterlich angesehen werden könnte.[38] Czysz mutmaßte ebenfalls 2008, den Befund aufgrund eines dazugehörigen beigabenlosen Reihengräberfeldes am westlichen Rand des Baukomplexes als ein wahrscheinlich wüst gewordenes hochmittelalterlichem Kloster anzusprechen. In diesem Zusammenhang sollen auch die Reste eines hochwertigen mittelalterlichen Pferdegeschirrs stehen, die als Lesefunde aus dem nahen Moosweiher kamen.[37] Funde und Befunde zum KastellBei Grabungen wurde ein Inschriftenbruchstück[39] geborgen, das in die Herrschaftsjahre des Kaisers Commodus (180 bis 192 n. Chr.) gehört und vielleicht Teil einer Bauinschrift gewesen ist. Dabei könnte es sich um einen Neu- oder Wiederaufbau bzw. um eine grundlegende Renovierung am Kastell gehandelt haben. Ein weiteres Inschriftenfragment[39] aus Solnhofener Plattenkalk fand ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes Anfang 1988 rund 50 Meter südöstlich vom Südtor des Kastells entfernt.[40] Dem Althistoriker Karlheinz Dietz gelang es trotz der bruchstückhaften Überlieferung, diese sorgfältig gearbeitete Inschrift der Regierungszeit des Kaisers Severus Alexander (222–235) und seines Vormunds, der Kaisermutter Julia Mamaea, zuzuordnen.[41] Die Inschriftenplatte wurde an ihrer Schauseite durch Feuereinwirkung gerötet.[42] Dies verdeutlicht, dass die Platte zum Zeitpunkt des Feuers noch an dem Objekt befestigt gewesen sein muss, das brannte.[43] Ein weiteres Fragment zu dieser Inschrift kam später hinzu. Ob es sich hier um eine Bau- oder Ehreninschrift handelt, muss offen bleiben. Dendrochronologisch datierbare Gründungshölzer aus dem Vicus konnten sowohl dieser Zeit, als auch dem beginnenden 3. Jahrhundert zugeordnet werden. Ein großes Bronzegeschirrdepot, das 1852 im Kastell gefunden wurde, sowie zwei kleine Münzhorte deuten auf die Germaneneinfälle des 3. Jahrhunderts hin, bei denen das Kastell letztendlich zerstört worden ist. Einer der Schätze könnte beweisen, dass es schon vor Caracallas Feldzug gegen die Alamannen im Jahre 213 n. Chr. zu Verwüstungen kam. Den letztendlichen Untergang hatte Baatz in der Vergangenheit „spätestens um 260 n. Chr.“ veranschlagt. Neuere entdeckte Münzen, die als Lesefunde in großer Zahl ans Licht kamen, bestätigen diese These und lassen Garnison sowie Vicus wohl in den 50er Jahren des 3. Jahrhunderts enden. Dass dieses Erlöschen römischen Lebens an diesem Ort gewaltsam gewesen sein muss, zeigen Brandschichten und verbrannte Münzen. VicusDie gesamten Strukturen der offenbar sehr späten zivilen Ansiedlung werden sich durch den Bau von Teichen sowie den großen Kreutweiher nördlich des Kastells nie vollständig analysieren lassen. Dennoch machen es Zufallsfunde und Notgrabungen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege möglich, von einem ausgedehnten Vicus auszugehen, der das Lager fast oder vollständig umschloss und zumindest teilweise direkt an die Grenzanlagen reichte (sogenannter Vicuskern I). Daneben ist noch ein zweiter Vicuskern bekannt geworden. Er befand sich an einem weiten, nach Süden führenden Bogen der aus dem östlichen Lagertor kommenden Straße, die zum Kastellplatz Unterschwaningen führte.[37] Es bleibt festzuhalten, dass das Lagerdorf nicht in einem Zug errichtet worden ist, sondern sich stetig entwickelte. Befunde in den WeihernDie Paläobotanik konnte eine komplizierte Entwicklung des Moosgrabentales im Bereich östlich des Kastells feststellen. Schon sehr früh, in prähistorischer Zeit, wurde hier Viehhaltung betrieben. Über diesem Horizont sind Abfallschichten beobachtet worden. Später hat die Natur das Gelände zurückerobert. Mehrere Muddeschichten zeigen verlandete Gewässer mit Großseggen-Riede und Röhricht, wie sie unter anderem in Verlandungsgesellschaften oder auf Feucht- und Nasswiesen vorkommen. Immer wieder breiteten sich über den Talboden auch Torfmoore aus. Vor Ankunft der Römer befand sich am östlichen Talrand zwischen Kastell und Amphitheater ein im Moor gelegener Erlenbruchwald. Zwischen diesem Wald und dem Kastell floss der Moosgraben. Um auf dem schwierigen Untergrund Gebäude gründen zu können, waren die Römern um 200 n. Chr. zu aufwändigen Vorarbeiten gezwungen. Der Moorwald wurde planmäßig gerodet, parallel zum Moosgraben ein Moorweg angelegt. Anschließend wurden lange Pfostenfluchten als Faschinen parallel zum Osthang des Tales in den Boden getrieben, die das Areal in Streifen von knapp zehn Metern Abstand teilten. Diese Pfosten wurden anschließend mit Flechtwerk umwundenen. Daraufhin verfüllten die Römer die Faschinenstreifen mit den bei der Rodung angefallenen Holzabfällen und Ästen fast meterstark, um einen festen, trockenen Untergrund für die Siedlung zu schaffen. Wie die zwischen den Hölzern aufgefundenen Lagen an Siedlungsabfällen zeigen, muss bereits an einer anderen Stelle der Vicus in Benutzung gewesen sein. Die Abfälle bestanden aus Keramik, zahlreichen Gläsern, Metallobjekten und Guss- sowie Schmelzresten. Der vorbereitete Untergrund wurde abschließend mit einer halbmeterstarken Planie aus grauem Verwitterungssand des anstehenden Burgsandsteins überzogen. Von der darauf errichteten hölzernen Bebauung haben sich im Moosweiher durch den Aushub des Sees und seiner jährlichen Entschlammung fast keine Reste mehr erhalten.[44] WinterweiherRund 50 Meter östlich der Garnison sind nach dem Zweiten Weltkrieg drei Weiher für die Karpfenzucht angelegt worden. Als erstes entstand 1958 der Winterweiher, die kleinste dieser Zuchtanlagen. Hier fand erstmals 1959 eine Notgrabung unter der Leitung von Christian Peschek statt. Da die Weiher jährlich abgelassen und immer wieder ausgebaggert werden, sind im Laufe der Jahrzehnte viele damals angetroffene hölzerne Befunde herausgerissen und zerstört worden. 2002 wurde der Winterweiher durch Guntram Schönfeld, Referent des Fachbereichs für Feuchtbodenarchäologie beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, nachuntersucht, wobei neben schwersten Schäden am bisher bekannten Fundgut auch eine Vergrößerung des Teiches um zwei und mehr Meter festgestellt werden konnte. In den darauf folgenden Jahren fand eine besonders intensive Ausräumung des Karpfenbeckens statt, denn 2006 hatte der Bagger die archäologischen Schichten bis in eine Tiefe von fast 1,5 Metern vollständig beseitigt.[45] Streifenhäuser Der Winterweiher barg drei in Holzbauweise errichtete Streifenhäuser, die mit ihrer straßenseitigen Kopfseite nach Südosten ausgerichtet waren. Eine aus dem Kastelltor kommende Straße ist möglicherweise direkt nach dem Kastellgraben in nordöstliche Richtung abgebogen und an diesen Häusern vorbeigegangen. Die Straße wäre dann in ihrem weiteren Verlauf am Amphitheater vorbeigekommen und kurz danach auf den Limes gestoßen. Es konnte festgestellt werden, dass die beiden westlichen Häuser (Haus 1 und 2) eine gemeinsame Längswand in Schwellbalkentechnik besaßen und von dem breiteren Haus 3 durch einen Korridor getrennt waren. Das liegende Balkenwerk war an den Enden überkämmt, die Ständer gezapft. Den Ausgräbern fiel auf, dass in dem östlichen Haus 3 zu einem späteren Zeitpunkt eine steingesetzte Innenwand eingezogen worden war. Außerdem hatte man einige Ecken durch gesondert eingerammte Pfähle verstärkt oder gesichert. 1959 wurden in den Überresten der Häuser noch Lederschuhe und Sohlen sowie andere organische Materialien aufgefunden. Eine vor Haus 1 parallel liegende massive Holzeinlage könnte zu einer Sicherungsmaßnahme gegen den morastigen Untergrund gehört haben oder den Rest einer Portikus darstellen, wobei jedoch bis heute nicht eindeutig geklärt ist, ob in dem Weiher überhaupt die südliche Giebelfront des Hauses erfasst wurde.[46] Hammerweiher1960 wurde mit dem Hammerweiher das zweitgrößte Gewässer für Karpfen angelegt. Die dort enthaltenden Funde sind niemals untersucht worden. Nur ein zufällig erhaltenes Luftbild zeigt fleckige Verfärbungen und westlich unsichere lineare Baustrukturen. Bei der vom Landesdenkmalamt beobachteten Ablassung des Teiches 2007 wurde derselbe Zustand wie im Winterweiher angetroffen: Die Karpfenzucht hatte alle archäologischen Spuren entfernt.[47] MoosweiherVermutlich im Winter 1975 wurde der Moosweiher angelegt. Er ist der dritte und größte Fischteich und wurde im Februar 1975 durch den Grabungstechniker Wilfried Auer knapp aufgemessen. Erst im Dezember 1986, als der kleine See nach Südosten erweitert wurde, fand eine weitere Notmaßnahme durch Ferdinand Leja statt, der den erneuten Bodeneingriff wissenschaftlich begleitete. Bei einer umfassenden Dammreparatur 2006 wurde der Karpfenteich vollständig abgelassen. Die immer noch erhaltenen hölzernen Originalbefunde wurden an erreichbaren Stellen unter der Leitung von Czysz tachymetrisch eingemessen. Daneben wurden Senkrechtaufnahmen mithilfe eines ferngesteuerten Motorseglers angefertigt und durch ein privates, spezialisiertes Ingenieurbüro laservermessen.[48] 2008 wurde eine auf Moor- und Seeufergrabungen spezialisierte Privatfirma mit der planmäßigen Untersuchung des Weihers beauftragt, da unter anderem der Befund von 140 Pfahlköpfen für die Archäologen kein klares Bild ergab. In diesem Zuge fanden 34 Erdbohrungen bis in eine Tiefe von 2,50 Metern statt, die in Reutlingen ausgewertet worden sind. Die bei fünf Grabungsschnitten am nordöstlichen Seeufer geborgenen Proben wurden der paläobotanischen Untersuchung zur Verfügung gestellt.[16] Wassermühle Aufgrund der Auffindesituation einer 1985 geborgenen eisernen römischen Mühlenhaue konnte sich Czysz 2008 vorstellen, dass es etwas nördlicher der Südostecke des Teiches eine schnell laufende Wassermühle gegeben haben könnte, die an einem Kanal oder dem Moosgraben selbst gestanden haben könnte. Die Haue hat ein Gewicht von 4,7 Kilogramm, eine Gesamtlänge von 80,6 Zentimetern und eine Breite des Mitnehmers von 27,5 Zentimetern.[49] Aufgrund der noch laufenden Untersuchungen und fehlenden aktuellen Beschreibungen zu dem vielleicht dazugehörigen Holzbefund ist eine weiterführende Beschreibung zurzeit nicht möglich. Quellheiligtum An der östlichen Talflanke, in der Südostecke des Moosweihers, wurde wenige Meter südlich des bisher bekannten Forschungsareals 2008 eine bereits in der Antike gefasste Quelle angeschnitten. Besonders an der Südseite der nach 182 bzw. 192 errichteten Holzeinfassung stießen die Archäologen auf eine 30 Zentimeter starke Schicht aufeinandergestapelter hölzerner Votivgaben. Unter anderem wurden bis zu 73 Zentimeter lange Holzarme und Holzbeine entdeckt. Da sich nur relativ selten ein solch gut konservierter Holzbefund ergibt, sind Heilungsvotive dieser Art aus der Antike weitgehend nur in Keramik und Stein erhalten geblieben. Die Gaben wurden im Volksglauben meist einer Wassergottheit, in der Regel einer Quellnymphe, dargebracht. Einige aus Tannen- und Kiefernbrettern hergestellte Gaben sind als hausförmig, mit angesetzten Armleisten beschrieben worden. Sie werden als Brustkörbe gedeutet. Andere Votive sind bisher noch nicht zweifelsfrei gedeutet worden. Die Ausgräber überlegten, ob die Votivgabenstapel an der Quelle entstanden, weil sie überhandnahmen oder bei der Schließung des kleinen Heiligtums in diese Anordnung gebracht wurden. Czysz geht davon aus, dass das Dambacher Quellheiligtum eine relativ kurze Erscheinung in der Limesspätzeit gewesen ist.[26] Weiteres Fundgut Das aus dem Moosweiher geborgene Fundgut zeigt, dass sich im Bereich vor dem Osttor des Kastells ein Handwerkerviertel befunden haben muss. Es wurden Guss- und Schlackebrocken sowie Halbfertigfabrikate und zahlreiche Kleinfunde geborgen. Czysz geht von Gold-, Silber- und Bronzeschmieden aus. Etwas westlicher des Moosweihers wurde das Abfalldepot einer Schusterei mit fast 40 abgetragenen Schuhen geborgen. Darunter waren auch einst genagelte Exemplare. Die Nägel waren jedoch entfernt worden, um sie entweder wiederzuverwenden oder wegen des Materialwertes aufarbeiten zu lassen.[26] Neben teilweise ausgezeichnet erhaltenen Hölzern von Gebäuden des zivilen Lagerdorfes konnten weitere organische Materialien wie Leder aus dem feuchten, konservierenden Boden geborgen werden. Ein im Schlamm eines trockengelegten Fischweihers aufgefundener, zugespitzter Gründungspfahl lässt sich dendrochronologisch auf das Jahr 182 n. Chr. datieren. Dendrochronologische Zeitstellungen aus dem östlichen Vicuskern IDie Tabelle folgt den Angaben von Wolfgang Czysz.[26][1]
Befunde westlich und südlich des KastellsDas Lagerdorf vor der unmittelbaren Südostecke des Kastells wurde bereits 2009 geophysikalisch untersucht. Dabei zeigte sich, dass der normalerweise vor Kastellgräben beobachtete, unbebaute Streifen zwischen Garnison und Zivilsiedlung in Dambach zumindest in diesem Bereich nicht existierte. Die zivile Bebauung reicht hier vielmehr fast unmittelbar an das äußere Grabenwerk heran.[36] Bei diesem ungewöhnlichen Befund kann es sich um Strukturen handeln, die nicht zeitgleich bestanden haben.[50] Näheres könnte eine Ausgrabung klären. Bei den geomagnetischen Untersuchungen im Frühjahr 2013 wurden fast 17 Hektar prospektiert. Es zeigte sich, dass der Vicus aus eine Kernbebauung mit steinfundamentierten Gebäuden bestand. Diese standen entlang des südlichen Kastellgrabens sowie an der Ostseite der durch die Porta decumana nach Süden ausfallenden Hauptstraße. Die weitere umgebende Bebauung bestand aus den für die Garnisonsplätze der nördlichen Provinzen typischen, rund 20 Meter langen hölzernen Streifenhäusern, deren Stirnseite zu einer jeweils angrenzenden Straße orientiert war. Die geomagnetische Prospektion zeigte dabei auch die zu diesen Bauten gehörenden üblichen größeren und kleineren Gruben, die als Abfallgruben und Brunnen deutbar sind. Anhand der Ausrichtung der Streifenhäuser lassen sich neben der sicher ermittelbaren Hauptstraße zur Porta decumana auch weitere Straßen des Dorfes rekonstruieren. Es lässt sich feststellen, dass im Vicuskern I – ohne den Bereich der Weiher im Osten – mindestens 2,6 Hektar durch Streifenhäuser und 1,4 Hektar durch steinfundamentierten Bauten bestanden waren. Eine klare Darstellung, ob die vorgefundenen Steinfundamente zu regelrechten Steinbauten gehörten oder steingegründete Holzbauten andeuten, lassen die geomagnetischen Untersuchungen nicht zu. Die auffälligsten steinernen Mauerzüge an der südlichen Hauptstraße stammen von einem Bauwerk, das eine 65 Meter lange Straßenfront und eine Tiefe von 21 Metern besitzt. Hinter diesem Bau befindet sich ein rund 70 × 80 Meter großes Areal, das durch eine offensichtlich gründliche Planierung für die Geomagnetik nur noch eine Vielzahl von Anomalien offenbart. Ein weiterer Steinbau liegt fünf Meter vor der südöstlichen äußeren Grabenecke des Kastells und gehört möglicherweise einer älteren Zeitstellung als diese an. Dieses Gebäude ist fast 90 Meter lang.[50] Amphitheater235 Meter östlich des Kastells liegt das von der ORL publizierte, Oval „Wolfsgrube“, ein heute im dichten Unterholz verborgenes, kleines Amphitheater. Die Innenmaße des leicht ellipsoiden Runds betragen knapp 32 × 28 Meter (= rund 700 Quadratmeter). Die gesamte Ausdehnung wurde mit rund 49,5 × 48,5 Metern vermessen. An der Deutung dieses Bodendenkmals gibt es wenige Zweifel. Die leichten Bodenerhebungen ließen bei der Grabung im 19. Jahrhundert drei Eingänge sichtbar werden, je einer im Westen, Osten und Süden. Sehr ähnliche Anlagen sind vom Kastell Zugmantel und aus Wales (Kastell Tomen y Mur) bekannt geworden.[51] Es wird vermutet, dass gladiatores militares aus den Legionslagern an den Limes geschickt wurden. Nach Meinung des Vor- und Frühgeschichtlers Joachim Wahl wurden hier in reduzierter Form „Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe“ für ein „relativ anspruchsloses Publikum“ veranstaltet.[52] Denkbar wären auch Tierschauen und Ähnliches. Anlass für solche Veranstaltungen könnten besondere Ereignisse und Feiertagen gewesen sein.
BrandgräberfelderDurch Notbergungen konnte zudem westlich ein Brandgräberfeld aufgedeckt werden. Zwei weitere, hintereinander folgende Friedhöfe sind rund 300 Meter südlich bekannt. Bemerkenswert war in der Vergangenheit die Aufdeckung eines aufwändiger gestalteten Grabbaus der in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts datiert. Die 2,1 × 2,9 Meter umfassenden Totenmemoria besaß eine halbrunde Apsis.[53] Ein ähnlicher, im 2. Jahrhundert errichteter Bau wurde an der Gräberstraße des römischen Straßenknotenpunkts Sontheim an der Brenz aufgedeckt. Dort hatte sich im Zentrum der Anlage ein reiches Frauengrab erhalten.[54] Und auch aus Faimingen ist unter anderem solch ein Befund bekannt geworden.[55] Während der geomagnetischen Untersuchungen 2013 wurde auch das südlich des Vicus gelegenen Gräberfeld begangen. Offensichtlich aufgrund von Beeinträchtigungen durch die Flurbereinigung war diese Untersuchung jedoch negativ. Die Ursache lag wohl an den Sandschichten, mit der die Gräber während der Bereinigung überdeckt wurden. Diese Sandschichten verhindern als geologische Störkörper, dass sich Befunde im Magnetogramm wiedergeben lassen.[56] Weiteres FundgutMilitariaZu den bedeutendsten militärischen Lesefunden aus dem Vicusbereich zählen zwei Auszeichnungen (dona militaria), eine Bronze-Phalera sowie das 21 cm durchmessende Fragment eines Torques. Der Reif aus Dambach wurde mehrfach in der Fachliteratur beschrieben. Die ursprünglich keltischen Halsringe fanden Eingang in die römische Armee und wurden als Auszeichnungen vergeben.[57][58] Das fragmentierte Exemplar aus verzinnter Bronze wird zeitlich auf das Ende des zweiten Jahrhunderts oder in die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts datiert. Es besitzt noch ein erhaltenes Löwenkopfende. Am Maul des Löwen befindet sich eine Öse. Dort war als Verschluss ein Draht eingehängt. Das Stück weist hinter dem Nacken des Kopfes Profilierungen auf und wurde offenbar zusammen mit anderen Fundstücken, darunter einem Denar das Kaisers Alexander Severus (233–235), entdeckt. 1983 wurden mehrere Fragmente eines teils problematisch zu lesenden Militärdiploms vom 27. September 112 im Kastellbereich geborgen, das offenbar einem Veteranen gehörte, der in der römischen Provinz Moesia inferior (Niedermösien) gedient hatte. Darauf weist die Konstitution der Truppen hin. Leider sind von dem ehemaligen Besitzer der Urkunde weder dessen Name oder Herkunft, noch der Name seiner Einheit erhalten geblieben.[19] [Imp(erator) Caesar divi Ne]rvae f(ilius) Nerva [Traianus Aug(ustus)] HortWichtig ist auch der 1852 im Kastell entdeckte Hortfund mit sieben Bronzegefäßen. Dazu zählen eine Kanne mit Henkel und gegossenem Rand, zwei Becher, zwei Krüge (Typ Dambach), eine Deckelschale mit Siebausguss sowie eine Pfanne mit getrepptem Deckel. Eggers ordnete den Hort in seinem System der Stufe C 2 zu, was bedeutet, dass er erst in der Endphase des Kastells in die Erde gelangte.[24] Die Krüge vom Typ Dambach werden als übliche Ausstattung von Weinhändlern und Wirten angesehen und daher im privaten Bereich angesiedelt.[59] FibelnEine im Vicus gefundene germanische Armbrustfibel wird zu einer Frauentracht gehörend gedeutet und in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts datiert; noch vor der Zerstörung des Kastells. Die noch nicht abgeschlossene Bewertung von germanischen und germanisch beeinflussten zivilen und militärischen Funden in den Limeskastellbereichen vor dem letzten Alamannensturm 259/260 lässt eine Vielzahl von Deutungen zu. Sie können Gastgeschenke, Handelsgüter oder Kriegsbeute gewesen sein. Ebenso ist es möglich, dass diese Fundgüter frühe Hinweise zu germanischen Siedlern/Händlern in den Vicusbereichen geben oder germanischen Söldnern in römischen Diensten gehört haben.[60] Eine weitere, elbgermanische Fibel aus dem Vicus gehört zu den seltenen Tierscheibenfibeln (Typ 30), welche eine Silberblechauflage besaßen. Sie wurde durch die Archäologische Staatssammlung in München angekauft. Das Dambacher Exemplar zeigt ein sich umblickendes Tier mit Halsring ohne hervortretende Geschlechtsmerkmale – möglicherweise eine Hirschkuh. Vom Limes sind ähnliche Stücke aus den Kastellen Saalburg und Zugmantel im Hochtaunus bekannt. Die größten Konzentrationen von Fibeln dieses Typs kommen in der Altmark, dem Wendland, im Gebiet von Mittelelbe und Saale, sowie in Böhmen vor. Datiert werden Fibeln dieses Typs in das von Eggers eingeführte Schema Eggers C1a (170 bis 220 n. Chr.). Möglicherweise gelangte das Dambacher Stück mit der Zuwanderung einer germanischen Bevölkerung, deren Männer in der Spätphase des rätischen Limes dort die Besatzungen verstärkten, in den Vicus.[61] Daneben ist auch eine Fibel vom Typ Almgren 86 publiziert worden. Diese Fibel wird in Zusammenhang mit der kulturellen Eigenständigkeit der Provinz Raetia, zu der Dambach gehörte, als lokale Ausformung der sogenannten pannonischen Trompetenfibeln angesehen.[62] MünzenDer Gelehrte Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) ging noch davon aus, dass Dambach „besonders viele“ frühe Münzen geliefert hätte. Dies hat jedoch schon das Limeswerk widerlegt. Neben einem alten, nicht kartierten und unvollständigen Hort ist 1985 ein weiterer kleiner Münzschatz aus dem südlichen Vicusbereich publiziert worden, der aus 25 Denaren bestand und als Schlussmünze eine Prägung aus dem Jahre 211 erbrachte.[63] 1999 wurden die trajanischen Prägungen mehr als doppelt so zahlreich als die hadrianischen beschrieben.[64] Insgesamt konnten die Archäologen die Dambacher Münzreihe bis 2008 auf 394 Stücke erweitern. Die sich daraus ergebende Münzkurve erreicht während der Regierungszeit des Kaisers Septimius Severus (193–211) mit 112 Münzen ihren ersten Höhepunkt und endet ziemlich rasch mit vier Prägungen des Kaisers Philippus Arabs (244–249).[1] Terra SigillataVon den drei im Kastell durch die RLK selbst gesicherten Töpferstempeln soll ein „Secundinus“ aus dem mittelgallischen Terra-Sigillata-Zentrum in Lezoux bei Clermont-Ferrand aus der Regierungszeit Kaiser Domitians (81–96) stammen. In einer Befundaufnahme von 1904 werden auch fünf kleine Gefäßscherben aus grauem Ton – möglicherweise verbrannte Sigillata – genannt, die mit feinen Relieffiguren verziert sind.[65] EinzelfundeVon den Dambacher Einzelfunden aus dem Vicus ist unter anderem eine Gemme aus rotem Karneol publiziert worden, die eine Musendarstellung zeigt.[66] Sie wird, wie eine zweite Karneolgemme, in die Zeit zwischen dem späteren 2. bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts eingeordnet. Ohlenschlager erwähnte 1890 zwei auf den Dambacher Feldern entdeckte bronzene Merkurstatuetten. Eine war bereits im 18. Jahrhundert von einem Feldbesitzer aufgefunden worden, eine zweite wurde von einem Bruder des damaligen Hammerschmieds in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls bei der Feldarbeit geborgen und an den Röckinger Pfarrer verkauft. Die Beschreibung dieses Fundes wurde 1841 veröffentlicht. Einen gleichfalls auf den Feldern entdeckter Stein mit „heidnischer Inschrift“, setzte der damalige Oberamtmann zur weiteren Erhaltung in eine Mauer des Wassertrüdinger Schlosses. Dort war das Stück aber bereits nach kurzer Zeit nicht mehr auffindbar.[67] FundverbleibEin Großteil des geborgenen Fundmaterials befindet sich heute im Markgrafenmuseum Ansbach. TruppeNumerusDie ursprünglich nach Dambach abkommandierte, namentlich unbekannte Grenzschutzhundertschaft war höchstwahrscheinlich ein 100 bis 200 Mann starker Numerus („Einheit“), der vermutlich dem Kastell Gnotzheim unterstand. Diese Einheiten gehörten zu den römischen Hilfstruppen, waren aber nicht so standardisiert wie die Auxilia, die in den Gründungstagen der Numeri bereits fester Bestandteil des römischen Heeres waren. Die Numeri entstanden am Ende des 1. Jahrhunderts, als die ersten Limesstrecken eingerichtet wurden. Der Bedarf an kleineren Einheiten zur Grenzüberwachung wuchs enorm, was auch finanzielle Folgen für das Reich hatte. So wurden junge Einheimische regional ausgehoben und mit geringerem Sold und weniger striktem Standard in neuerrichtete Standorte abkommandiert. Die Numeri wurden wie die Auxilia nach ihrer ursprünglichen ethnischen Herkunft benannt und haben offenbar bei der Entlassung nicht das römische Bürgerrecht erhalten.[68] KohorteFür die Zeit nach den Markomannenkriegen (166 bis 180 n. Chr.) wird in Dambach eine neue Truppe vermutet. Ob dies tatsächlich die ursprünglich im Kastell Arnsburg kasernierte Cohors II Aquitanorum equitata war, die zwischen 107 und 116 in das spätestens 172 durch die Kriege zerstörte Regensburger Kastell Kumpfmühl kam, ist weiterhin unbekannt.[69] Limesverlauf ab Kastell DambachNördlich von Kastell Dambach verläuft der Limes von Wp 13/34[70] bis Kastell Gunzenhausen in nur leicht nordöstlicher Ausrichtung als geradlinige Strecke. Die Landschaft ist durch sanfte Höhen sowie größere und kleinere Waldabschnitte gekennzeichnet, die Limesstrecke liegt in Bereichen von rund 450 bis 480 Höhenmetern. Zwischen Wp 13/35 und Wp 13/37 lässt sich der Limes als schwacher Schuttwall beobachten, danach ist er bis Wp 13/39 kaum noch kenntlich. In der Folge nimmt ein Feldweg seinen Verlauf auf. Kaum sichtbare Spuren finden sich erst wieder zwischen Wp 31/41 und Wp 13/42. Mit dem Beginn eines Waldes werden seine Reste wieder deutlich. Er verflacht jedoch bis Wp 13/43 und mündet 100 Meter östlich dieses Wachturms in einen Waldweg. Erst kurze Zeit nach Wp 13/44 sind die Reste der rätischen Mauer bis Wp 13/46 klar erkennbar, setzen in der Folge aber erneut aus. Nach Wp 13/49 kann der Limes als leichter Schuttwall bis zum nahen Waldrand abgeschritten werden, dann verlieren sich seine Spuren. Er wird nun von Wegen markiert, die bis kurz vor die westlich an Gunzenhausen vorbeiziehende Bahnlinie reichen.
DenkmalschutzDas Kastell Dambach und die erwähnten Anlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen. Literatur
Weblinks
Siehe auchAnmerkungen
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