Das Konzentrationslager bestand von Juli 1933[1] bis zum 19. Januar 1934. Es wurde von der SA-Untergruppe Düsseldorf und dem Wuppertaler Polizeipräsidenten Willi Veller mit Rückendeckung der Bezirksregierung Düsseldorf betrieben.[2] Kommandant des Konzentrationslagers war für kurze Zeit SA-Sturmführer Hugo Neuhoff.[3] Er wurde bald abgelöst von dem gebürtigen Wuppertaler Alfred Hilgers, der als Personalverantwortlicher des Stabes der SA Untergruppe Düsseldorf gleichzeitig der SA Standarte 258 in der Schutzhaftstätte Koburg in Mettmann vorstand.[4] Als sein Stellvertreter fungierte ab Juli 1933 Bruno Wolff (* 1910), der ebenfalls aus dem Raum Wuppertal-Barmen stammte. Ihnen unterstanden ca. 40 SA-Männer.
In eine ehemalige Putzwollfabrik an der Beyenburger Straße direkt am Wupperufer pferchte die SA-Wachmannschaft die Gefangenen unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen zusammen. Folter und willkürliche Gewalt waren an der Tagesordnung. Bis November 1933 waren ca. 700 bis 800 Menschen inhaftiert, im Oktober wurde ein Höchststand mit ca. 1100 Insassen erreicht.[5] Die Zahl der Inhaftierten im Laufe der sieben Monate dieses KZs wird auf 2500 bis 3000 geschätzt.[6]
Während die Wachmannschaften in vielen anderen Konzentrationslagern aus verschiedenen Teilen Deutschlands zusammengesetzt waren, so stellte Kemna diesbezüglich eine Besonderheit dar: Insassen und Wachmannschaften kannten sich häufig persönlich, da die Wachmannschaft des KZ Kemna sich aus Teilen der örtlichen SA zusammensetzte.[8][9]
Gedenken an die Opfer
Zum 50. Jahrestag der Einrichtung wurde gegenüber dem Fabrikgelände 1983 ein Mahnmal (51° 15′ 20,8″ N, 7° 15′ 19,3″ O51.2557777777787.2553611111111) errichtet, an dem jedes Jahr eine durch die Mitglieder des Jugendrings Wuppertal organisierte Kranzniederlegung stattfindet.[10] Entworfen wurde das Bronze-Relief durch eine Kunst-Arbeitsgemeinschaft des Wuppertaler Gymnasiums Am Kothen. Der zum Mahnmal führende Weg trägt seit 1990 den Namen des jüngsten Kemna-Häftlings Karl Ibach.[11]
In der Vergangenheit wurde das Mahnmal mehrmals durch Randalierer aus dem rechtsextremen Bereich geschändet, unter anderen wurden hervorstehende Teile abgesägt. Die Schäden wurden umgehend beseitigt, die Täter ermittelt und strafrechtlich belangt. Am 9. Juli 2000 wurde eine Gedenkfeier in der Gedenkstätte von 15 Neonazis überfallen, mehrere Besucher wurden dabei verletzt. Drei Täter des Überfalls wurden im August 2000 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.[12]
Vom Langerfelder Markt führt ein mit Holzschildern markierter Mahnmalweg zur Gedenkstätte. Er wurde im Herbst 2001 von der Jugendhilfe Wuppertal in Zusammenarbeit mit mehreren städtischen Hauptschulen eingerichtet.
Im Sommer 2005 wurde die Geschichte des KZ Kemna ausführlich auf einer Ausstellung im Wülfing-Museum von Radevormwald dokumentiert. Schwerpunkt dieses Ausstellungsteils waren die Biografien der Opfer aus Radevormwald, Wermelskirchen und Hückeswagen.
In Radevormwald erinnern am heutigen Bürgerhaus Gedenktafeln mit den Namen von 16 Opfern stellvertretend an die rund 200 Rader Bürger, die 1933 im KZ Kemna gelitten haben.
Im Jahr 2019 erwarb der Gesamtverband evangelischer Gemeinden im Kirchenkreis Wuppertal die baulichen Reste des ehemaligen KZ. Geplant sind die Einrichtung eines Gedenkortes und ein neuer Standort für das Kirchenkreisarchiv Wuppertal.[13]
Friedrich Brass: Kemna-Bericht 1933/34. Nach einer handschriftlichen Fassung des Autors aus dem Jahr 1934. Kommentiert und mit Anmerkungen versehen von David Magnus Mintert; Hg. vom Trägerverein der Begegnungsstätte Alte Synagoge und dem Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal, 2. aktualisierte und korrigierte Auflage, Wuppertal 2023, ISBN 978-3-940199-22-5.
Klaus Drobich et al.: System der NS-Konzentrationslager 1933–1939. Berlin 1993, ISBN 3-05-000823-7.
Christian Hartung: Orgelnachspiel. Ein Kirchenkrimi, 2014.
Karl Ibach: Kemna. Wuppertaler Konzentrationslager 1933–1934. Nachdruck der Erstausgabe 1948. Wuppertal 1981, ISBN 3-87294-173-9 → Hörbuch auf YouTube, 3. Mai 2020 (eingelesen von Rainer Pott).
Markus Kiel: Rein nationalsozialistisch gesehen – Die kritisch betrachtete Biografie des SA-Führers und Wuppertaler Polizeipräsidenten.ISBN 978-3-89688-630-9, Münster 2019.
Dirk Krüger, Sebastian Schröder: Nachts, wenn die Gestapo schellte. Wuppertal 2018.
David Magnus Mintert: Nacht für Nacht beschimpft, beschmutzt und geschlagen. Das Wuppertaler SA-Konzentrationslager Kemna 1933/34. In: Jan Erik Schulte (Hrsg.): Konzentrationslager im Rheinland und in Westfalen 1933–1945. Zentrale Steuerung und regionale Initiative. Paderborn 2005, ISBN 3-506-71743-X, S. 33–48.
Willi Weiler, Kurt Schnöring, Siegfried Wirtz: Kemna. Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Wuppertal. Jugendring Wuppertal 1998, ISBN 978-3-87093-081-3.
Audio-CD
David Magnus Mintert: „Ich höre noch die Schreie der Geschlagenen.“ 70 Jahre KZ Kemna. Bergische Zeitgeschichte. Audio-Dokumentation eines Vortrags, 4. Juli 2003.
Der Wuppertaler Musiker Bastian Gronemann hat persönliche Impressionen aus seiner Auseinandersetzung mit der Historie in dem Lied "Oskarl Ibermann" zusammengefasst.
Belletristik
Stefan Barz: Die Schreie am Rande der Stadt. Jugendkriminalroman, Wuppertal 2021. Unterrichtsmaterial ist auf der Webseite des Autors erhältlich.
Christian Hartung: Orgelnachspiel. Ein Kirchenkrimi. Neukirchener Verlag, 2014.