Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gotteszorn wandtJesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gotteszorn wandt[1] ist ein lutherisches Kirchenlied zum Abendmahl. Der Text stammt von Martin Luther. Die Melodie basiert auf einer spätmittelalterlichen Weise. Das im Original zehnstrophige Lied ist in einer achtstrophigen Fassung – ohne Luthers Strophen 3 und 6 – im Evangelischen Gesangbuch enthalten (Nr. 215). EntstehungDas Lied ist in mehreren Drucken aus dem Jahr 1524 erstmals belegt und dürfte von Luther im Frühjahr desselben Jahres im Zuge seines ersten Kirchenliedschaffens als einprägsame Katechese zum Abendmahl verfasst worden sein. Luther griff dafür auf den spätmittelalterlichen lateinischen Eucharistiehymnus Jesus Christus, nostra salus zurück; dessen älteste erhaltene Handschrift entstand 1410 in der südböhmischen Abtei Hohenfurth. Text und Melodie fanden durch die Böhmischen Brüder Verbreitung; der Text – in den ersten acht Strophen ein Akrostichon des Namens Johannes – galt ihnen als Werk von Johannes Hus und genoss daher in der Frühzeit der Reformation besondere Wertschätzung. Sämtliche frühen Drucke von Luthers Lied tragen die Überschrift Das Lied S. Johannes Hus gebessert, wobei das S[ankt] Hus als Märtyrer und Heiligen der Reformation kennzeichnet. Heute gilt der lateinische Hymnus, der sich vollständig, mit teils wörtlichen Anklängen, in den Bahnen der Fronleichnamshymnen des Thomas von Aquin bewegt, als Werk des Prager Erzbischofs Johann von Jenstein († 1400).[2][3] FormWie die Vorlage umfasst Luthers Text zehn Strophen zu je vier trochäischen Zeilen. Abweichend von der Vorlage lässt er jedoch die dritte und vierte Zeile männlich reimen und kürzt die dritte Zeile von acht auf sieben Silben. Die unregelmäßig verteilten Hebungen machen den Text mit der melismenreichen Melodie stellenweise schwer singbar. InhaltTrotz des ausdrücklichen Bezugs auf die lateinische Vorlage ist Luthers Lied, abgesehen von der Form und der ersten Zeile, eine vollständige Neuschöpfung. Nicht das Mysterium der leibhaften Gegenwart Christi im Sakrament macht Luther zum Thema – diese stellt er in Strophe 2 einfach fest, um sogleich zum Akt des Abendmahlsempfangs überzugehen –, sondern die heilsame Bedeutung für den Glaubenden. Dieser wird mit Worten Jesu (Mt 9,12 EU) und des Apostels Paulus (1 Kor 11,27–29 EU) in immer neuen Anläufen ermahnt, als reuiger Sünder zum Tisch des Herrn zu treten und auf jeden Selbsterlösungsversuch zu verzichten. Die letzte Strophe beschreibt die Konsequenz des Abendmahlsempfangs: „genießbar“ zu werden, wie Gott sich genießen lässt. Heute gebräuchlicher TextJesus Christus, unser Heiland, MelodieDie melismatisch schwingende dorische ohne Taktgliederung ist, auch in der Fassung der Reformationszeit, unverkennbar mittelalterlich.[6] Sie wurde in der Barockzeit u. a. von Franz Tunder, Nicolaus Hasse, Johann Pachelbel und insbesondere Johann Sebastian Bach (Orgelchoräle BWV 665, 666, 688 und 689) für die Orgel bearbeitet. Im 20. Jahrhundert widmete Hugo Distler dem Lied eine Orgelpartita. Literatur
WeblinksCommons: Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gotteszorn wandt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
|