Hans von Liebig promovierte zum Dr. phil. und lehrte als Privatdozent der Chemie an der Universität Gießen,[3] wo er sich ca. 1908 für Chemie habilitierte.[4]
Liebig war Mitglied im Alldeutschen Verband[5] und redigierte bis Juli 1919 die im Verlag von J. F. Lehmann erscheinende Münchener Monatsschrift Deutschlands Erneuerung, worin er zu dieser Zeit auch unter seinem Pseudonym Dr. Walter Liek monatliche „Politische Betrachtungen“ veröffentlichte.[6]
Im Alldeutschen Verband wurde Liebig im Herbst 1918 von Konstantin von Gebsattel wegen einer Notiz im Semi-Gotha von der Nominierung zum Ausschuss für „Judenfragen“ ausgeschlossen.[7] Im antisemitisch-denunziatorischen Nachschlagewerk Semi-Gotha war Hans von Liebig 1914 als Urenkel einer im 18. Jahrhundert konvertierten Jüdin ausgewiesen worden.[8] 1919 wurde er deswegen auch aus dem Alldeutschen Verband ausgeschlossen.[9]
Der nichtbeamtete Liebig schied 1921 aus dem Hochschuldienst.[10]
Nach Kuno von Westarp gehörte Liebig „zu den Politikern, die geneigt waren, alles, was sie zu tadeln hatten, allein auf die Abhängigkeit von Juden zurückzuführen“.[11] Liebig warnte vor einer „Verschweizerung“ des deutschen Volkes.
Liebig gehört zu den seltenen Kommentatoren des völkischen Lagers, die bereits früh (1922) eine Ähnlichkeit zwischen dem italienischen Faschismus und dem deutschen Nationalsozialismus bemerkten:
„Man blickt mit Neid nach Italien, bei dessen Kommunalwahlen im Mai die Klerikalen und Sozialisten nebst Kommunisten, die vorher über die Hälfte der Stimmen verfügten, auf ein Drittel zusammengeschmolzen sind, und eine neue, sich durch die ganze Bevölkerung vom Arbeiter bis zum Hochadel durchziehende Partei, die Fascisten, sich auf Anhieb eine ausschlaggebende Rolle erringen konnten. Das Neue an der Partei, die in vielem unserm Nationalsozialismus Münchener Schule entspricht, besteht lediglich darin, Vaterland und Volkstum bei allen Fragen in den Vordergrund zu stellen.“[12]
↑Egmont Zechlin, unter Mitarbeit von Hans Joachim Bieber: Die deutsche Politik und die Juden im Ersten Weltkrieg. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1969, S. 560.
↑Richard Frank Krummel, unter Mitwirkung von Evelyn S. Krummel: Nietzsche und der deutsche Geist. Band 1: Ausbreitung und Wirkung des Nietzscheschen Werkes im deutschen Sprachraum bis zum Todesjahr : ein Schrifttumsverzeichnis der Jahre 1867 - 1900. 2., verbesserte und ergänzte Auflage. de Gruyter, Berlin 1998, S. 621.
↑Zechlin/Bieber: Die deutsche Politik… 1969, S. 519.
↑Zechlin/Bieber: Die deutsche Politik… 1969, S. 560.
↑Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus : Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes. 1919 - 1923. Leibniz-Verlag, Hamburg 1970, S. 52.
↑Léon Poliakov: The History of Anti-semitism. Vol IV: Suicidal Europe, 1870-1933. University of Pennsylvania Press, Philadelphia, Pennsylvania 2003, S. 367, Anm. 38.
↑Peter Moraw: Kleine Geschichte der Universität Gießen. Ferber'sche Universitäts-Buchhandlung, Gießen 1982, S. 197.
↑Zitiert nach Zechlin/Bieber: Die deutsche Politik… 1969, S. 519.
↑Hans von Liebig: „Allgemeine Jahresübersicht“, in: Deutschvölkisches Jahrbuch 1922, S. 29–30. Zitiert nach Walter Jung: Ideologische Voraussetzungen, Inhalte und Ziele außenpolitischer Programmatik und Propaganda in der deutschvölkischen Bewegung der Anfangsjahre der Weimarer Republik – Das Beispiel Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund. [Dissertation] Göttingen, 2000, S. 311, Anm. 1748.