Viele der Vorfahren Gustav Cleemanns seit dem 17. Jahrhundert waren bereits Geistliche. Sein Vater Gustav Cleemann war Notar am Rigaer Wettgericht.
Gustav Cleemann der Jüngere besuchte die Frommsche Elementarschule und von 1869 bis 1877 das Gouvernementsgymnasium in Riga, das er mit dem Abitur abschloss. Danach studierte er von 1878 bis 1885 Theologie an der Kaiserlichen Universität Dorpat. Am 15. September 1882 trat er dem Theologischen Verein Dorpat bei. Außerdem war er Mitglied der „Fraternitas Dorpatensis“, unter anderem als Senior. Sein theologisches Wissen galt als gründlich. 1885 bestand er die Prüfungen vor dem Konsistorium in Riga. Im selben Jahr verbrachte er sein Probejahr bei Pastor Grimm in Üxküll in Livland.
Er wurde am Sonntag, dem 17. Novemberjul. / 29. November 1885greg., in der Rigaer St. Jakobikirche von Generalsuperintendent Girgensohn zum Hilfsprediger ordiniert.[1][2] Im selben Festakt erfolgte die Ordination Ernst Fromhold-Treus.[3]
Das Gewissen genoss bei Cleemann höchsten Stellenwert. Er richtete es an der Bibel aus. Zunächst, von 1885 bis 1886 war er Pastor-Adjunkt in Üxküll. Am 1. Juli 1886 heiratete er Olga Elisabeth Bernsdorff.
Pastor in Pinkenhof und St. Annen
Vom 27. Juli 1886 bis 1906 war Gustav Cleemann Pastor der Patrimonialpfarre in Pinkenhof und St. Annen bei Riga.[4] Seine Amtseinführung wurde von Superintendent Gähtgens, Konsistorialassessor Pastor Hartmann und Oberpastor Poelchau durchgeführt. Der Patron wurde dabei durch den Ratsherrn W. Lange vertreten.[5]
Am 30. November 1890 trat Gustav Cleemann gemeinsam mit Alfred Geist der literärisch-praktischen Bürgerverbindung bei.[6]
Gottesdienste hielt Cleemann in deutscher und lettischer Sprache, allerdings hatte er bei seinen Predigten große Schwierigkeiten mit der Aussprache des Lettischen, was ihn sehr belastete.
Im Dezember 1905 teilten Delegierte einer neuen Gemeindeverwaltung Cleemann seine Entlassung mit.[20]
Pastor in Riga
Ab 1907 war Gustav Cleemann Pastor des deutschen Teils der Rigaer Jesus-Gemeinde, womit seine Sprachschwierigkeiten mit dem Lettischen zu seiner Freude nicht mehr relevant waren, da er nun in seiner Muttersprache predigen konnte. Am 1. Januar 1907 hielt er in der Jesuskirche seine Präsentationspredigt, kommissarisch übernahm er die Gemeinde sofort, noch vor seiner offiziellen Amtseinführung, da sein Vorgänger, Pastor Poelchau, bereits an die Petrikirche gewechselt war und keine Lücke entstehen sollte.[21] Er bemühte sich um die Aufbauarbeit an seiner Gemeinde, die ihm allerdings nicht leicht fiel. Es lag in seiner Natur, zunächst sorgfältig zu planen, bevor er in Aktion trat. Vorher musste er zahlreiche Hemmungen und Bedenken überwinden. Wenn er sich aber erst einmal zu einer Tätigkeit durchgerungen hatte, führte er diese gründlich, vollständig und gewissenhaft durch.
Für längere Zeit war Cleemann auch Religionslehrer an der Stadttöchterschule.
Mehrmals leitete er einen Missionsleseabend.[30][31]
Während des Ersten Weltkrieges kam Cleemann unverändert seiner Arbeit nach.
Am Dienstag, dem 15. Januar 1918, hielt er beim Pastorenabend im St. Petri-Kirchenhaus einen Vortrag über die Religion der Patriarchen.[32]
Auch während des Lettischen Unabhängigkeitskrieges blieb Gustav Cleemann bei seiner Gemeinde und kam seiner Arbeit nach, bis er, verhaftet im April 1919, mit seiner Frau von Bolschewiki für längere Zeit als Geisel in der Zitadelle inhaftiert wurde. Der Pastor rechnete diese Zeit zur schönsten Zeit seines Lebens, bezeichnete sie als Quelle reichen Segens und meinte:
„Ich habe nie meinen Gott und Herrn so nahe gefühlt.“
Gustav und Olga Cleemann infizierten sich in der Haft mit Fleckfieber.
Am 22. Mai 1919 wurde Riga durch die Baltische Landeswehr erobert. Die Söhne Cleemanns, die der Landeswehr angehörten, befreiten ihre Eltern und eine Schwester aus dem Gefängnis, so dass sie zurückkehren konnten. Nur acht Tage danach starb Gustav Cleemann an seiner Krankheit.[33]
Am 2. Juni 1919 erlag auch seine Frau dem Fleckfieber. Am 4. Juni wurden beide gemeinsam bestattet. Die Trauerfeier fand in der Neuen Kirchhofskapelle statt. Die Aufschrift auf der Tafel auf seinem Grab war charakteristisch für ihn und lautete: „Apostg. 24, 16. Ich übe mich zu haben ein unverletzt Gewissen allenthalben, beides, gegen Gott und die Menschen.“ (Siehe Apg 24,16 LUT)
Oskar Schabert: Baltisches Märtyrerbuch. Furche-Verlag, Berlin 1926, S. 179f. (Digitalisat, der Bericht basiert auf den Aufzeichnungen eines Sohnes Gustav Cleemanns, Pastor Gustav Cleemann)
Harald Schultze und Andreas Kurschat (Herausgeber): „Ihr Ende schaut an…“ – Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 978-3-374-02370-7, Teil II, Abschnitt Russisches Reich/Baltikum, S. 526
Karlis Beldavs: Macitaji, kas nave gaja, Luterisma mantojuma fonds, Riga 2010, ISBN 978-9984-753-56-0, S. 42–44, mit Porträtfoto, pdf unter [1] (lettisch)
↑Kirchliche Chronik. im Ev.-Luth. Kirchenblatt für die deutschen Gemeinden Lettlands, Nr. 18, 28. April 1939, online unter Cleemann|issueType:P (Memento des Originals vom 6. Oktober 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.periodika.lv, darüber ein Artikel von Gustav Cleemann aus dem Jahre 1912