Grüne WelleBei einer Grünen Welle werden die Ampelanlagen eines Straßenzuges so geschaltet, dass man beim Befahren der Straße mit einer bestimmten Geschwindigkeit jede Ampel in ihrer Grünphase antrifft. Diese Geschwindigkeit (Progressionsgeschwindigkeit) wird in manchen Fällen auf Zusatztafeln angegeben, etwa Grüne Welle bei 40 km/h. Der Vorteil liegt in einem kontinuierlicheren Verkehrsfluss der Fahrzeuge. Grüne Wellen können für Kraftfahrzeuge oder Radverkehr, im übertragenen Sinne (Beschleunigung) auch für öffentliche Verkehrsmittel zur Anwendung kommen. Während Grüne Wellen im Fall von Einbahnstraßen ohne zeitliche Zwangspunkte – wie etwa kreuzende Grüne Wellen – problemlos geplant und eingerichtet werden können, funktionieren Grüne Wellen bei Zweirichtungsverkehr nur dann für beide Fahrtrichtungen gleichermaßen, wenn die Abstände der Kreuzungen dies zulassen und die Umlaufzeiten der einzelnen Signalprogramme aufeinander abgestimmt sind. In Fällen, in denen das Einrichten einer solchen idealen Grünen Welle nicht möglich ist, wird meist eine der Fahrtrichtungen bevorzugt, etwa morgens die stadteinwärtige und nachmittags die stadtauswärtige. In der anderen Richtung ergeben sich dann planmäßig einzelne signalbedingte Halte. PlanungDas Steuerungsverfahren der Grünen Welle wird hier am Beispiel der in Deutschland gültigen Richtlinien für Lichtsignalanlagen (kurz RiLSA) erklärt. Dort müssen bei der Planung einer Grünen Welle eine ganze Reihe von Parametern beachtet werden:
In der Praxis wird die Welle meist an kritischen Knotenpunkten zwischen zwei Hauptstraßen „aufgehängt“ und von dort in beide Richtungen entwickelt. Je nach Abstand der LSA-geregelten Querstraßen ist dabei oft nur eine richtungsbezogene Koordinierung möglich. Entsprechend der Last wird der Verkehr stadteinwärts oder stadtauswärts koordiniert. Die jeweilige Gegenrichtung muss dann teilweise häufig anhalten. Durch die Pulkbildung kommt es zu gleichmäßigerem Verkehr. Allerdings sinkt meist die Verkehrsleistung der beteiligten Lichtsignalanlagen, da zum Erhalt der Welle Grünzeiten zu schalten sind, die eigentlich für den Querverkehr zur Verfügung zu stellen wären. Ab einem Auslastungsgrad über 80–85 % bricht die Welle durch Fahrzeuge, die am Pulkende vor Rot halten müssen, zusammen. In besonders belasteten Straßenzügen müssen deshalb die Grünen Wellen gerade zur Hauptverkehrszeit zu Gunsten einer maximierten Verkehrsleistung aufgegeben werden. Eine Grüne Welle in beiden Richtungen ist nur möglich, wenn der Abstand der Lichtzeichenanlagen dem Teilpunktabstand oder einem Vielfachen davon entspricht. Bei einer Umlaufzeit von 90 Sekunden und einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h sind das 625 m, bei 70 Sekunden und 50 km/h 486 m. KoordinierungssystemeBei der Koordinierung von mehreren Knotenpunkten gibt es zwei Grundverfahren. Man unterscheidet zwischen dem Simultansystem und dem Alternativsystem. Das Simultansystem gibt alle Kreuzungen eines Grünbandes gleichzeitig frei (Anwendung z. B. In New York City auf den Avenues). Somit kann der Knotenpunktabstand folgendermaßen berechnet werden: Bei dem Alternativsystem ist die Knotenpunktfreigabe um einen halben Umlauf verschoben. Die Knotenpunktsabstandsberechung lautet dann: Variablenbelegung:
AblaufEine Grüne Welle ist keine Welle im physikalischen Sinn. Dennoch hat sie mit physikalischen Wellen einige Eigenschaften gemeinsam. Die nachfolgende Darstellung dient daher als anschauliches Modell, weniger als Erklärung zur Grünen Welle. Es gibt so etwas wie Oszillatoren (die Ampeln), die so etwas wie Schwingungen ausführen und dabei periodisch die gleichen Ampelphasen durchlaufen (Rot, Rot-Gelb, Grün, Gelb, Rot …). Es gibt die Schwingungsdauer T, die Zeit zwischen (z. B.) einer roten Phase und der nächsten. Es gibt eine Frequenz f, das ist die Häufigkeit des Phasenwechsels. Und es gilt:
z. B. wenn sich Rot alle zwei Minuten wiederholt (T = 2 min), dann ist die Frequenz f = 1/2 Zyklus pro Minute. Blickt man den Straßenzug entlang, so erkennt man Ampeln gleicher Phase in bestimmten Abständen. Dieser Abstand hat den Charakter einer Wellenlänge λ. Die „Ausbreitung“ der Welle verfolgt man am besten, indem man die zeitliche Abfolge der Begegnungen eines Fahrzeuges mit den einzelnen Ampeln verfolgt. Es „reitet“ auf der Welle, indem es jede Ampel bei Grün trifft, sich also längs der Straße mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Welle bewegt. Die nachstehende Bildsequenz zeigt den Zustand der Straße in zeitlichen Abständen T/4. Zwischen dem ersten Bild (zur Zeit t = 0) und dem letzten Bild (zur Zeit t = T) hat sich der Wagen um eine Wellenlänge bewegt, die Phasen aller Ampeln längs der Straße sind in beiden Bildern identisch; die Welle ist um eine Wellenlänge gewandert und jede Ampel hat einmal alle Phasen durchlaufen (jeder Oszillator eine volle Schwingung vollführt). Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs (und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Welle) ist die zurückgelegte Strecke (also λ) dividiert durch die dafür benötigte Zeit (also T). Daher gilt
Da außerdem f = 1/T ist (siehe oben), gilt auch
Ist z. B. T = 2 min und λ = 1200 m (Abstand einer grünen Ampel von der nächsten), so ist c = 1200 · 1/(2 min) = 600 m/min (= 10 m/s = 36 km/h): Grüne Welle bei 36 km/h. Störende EinflüsseVerschiedene Faktoren können den homogenen Verkehrsfluss in einer Grünen Welle stören:
GeschichteDie erste manuell koordinierte Schaltung der Verkehrsampeln an sechs Kreuzungen wurde im Jahr 1917 in Salt Lake City eingeführt. Ab 1926 bestand eine manuell gesteuerte Grüne Welle in der Leipziger Straße in Berlin nahe der ersten deutschen Verkehrsampel, dem Verkehrsturm am Potsdamer Platz. Ab den 1950er Jahren wurde in weiteren Städten Deutschlands die Grüne Welle eingeführt, oft mit einer zusätzlichen Ampel-Anzeige, die angab, welche Geschwindigkeit gerade notwendig ist, damit der vorbeifahrende PKW die Welle optimal einhalten kann (Geschwindigkeitssignal). Die Anzeige hatte drei Felder mit 40 km/h, 50 km/h und 60 km/h (bzw. abweichend), wobei eines davon weiß leuchtete. Der Erfolg blieb aber in den meisten Städten aus, und solche Zusatzanzeigen wurden bis auf einige Anlagen (z. B. in Hannover, Düsseldorf, Wiesbaden oder Suhl) ab den 1970er Jahren wieder entfernt. In der DDR existierten spezielle Ziffernanzeigen hinter den Kreuzungen, welche meist in Fünferschritten die empfohlene Geschwindigkeit angaben, um die nächste Ampel bei Grün zu erreichen. Diese ermöglichten auch dem einfahrenden Querverkehr, sich in die Grüne Welle „einzutakten“ und so die Wartezeiten an den Kreuzungen zu verringern. Da diese Anzeigen in der bundesdeutschen StVO damals nicht vorgesehen waren, wurden sie nach der Wiedervereinigung ab 1990 jedoch abgeschaltet und inzwischen zum Großteil demontiert. Aktuelle EntwicklungKonflikt mit Vorrang des öffentlichen VerkehrsKonflikte kann es geben, wenn der öffentliche Nahverkehr Vorrang bekommen soll. An Straßenkreuzungen und den jeweiligen Haltepunkten kommt der parallele oder kreuzende Verkehr zwangsweise dann z. T. zum Stehen.[1][2] Auch aus umweltpolitischer Sicht wird die Grüne Welle manchmal kritisch gesehen, da sie in der Regel einseitig den Kfz-Verkehr bevorteilt.[3] Anwendung im RadverkehrIn Kopenhagen wurden in den 2000er Jahren erstmals an sehr stark mit Radverkehr belasteten Radwegen, später auch bei Radschnellwegen, Lichtsignalanlagen für Radfahrer in einer Grünen Welle koordiniert. In Berlin wurde 2013 in der Belziger Straße die erste Grüne Welle für Radfahrer eingerichtet.[4] Dynamische GeschwindigkeitsempfehlungenZur Leistungssteigerung werden Lichtsignalanlagen zunehmend verkehrsabhängig geschaltet – die dadurch variierenden Grünzeiten erschweren die Geschwindigkeitsempfehlung. Um dynamische Geschwindigkeitsempfehlungen für eine grüne Welle anzubieten, wurden in einigen deutschen Städten Wechselverkehrszeichen aufgestellt, die eine Kombination aus einer Richtgeschwindigkeitsangabe und einem Piktogramm in Form einer Grünen Welle anzeigen.[5] Die Darstellung der grünen Welle variiert jedoch leicht. In Heidelberg wird dieses Piktogramm beispielsweise in einen weißen Kreis eingefasst, während es in Dresden frei steht.[5][6] Normen und StandardsDeutschland
Österreich
Schweiz
Literatur
Einzelnachweise
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