Gisselfeld

Gisselfeld; links der Wirtschaftshof Grev Knuths Hus (2019)

Gisselfeld, auch Kloster Gisselfeld, ist das fünftgrößte Gut Dänemarks und eines der ältesten und am besten erhaltenen Renaissanceschlösser des Landes. Es liegt zwischen Haslev und Næstved auf der Insel Seeland und erstreckt sich über mehrere Gemeinden. Das Hauptgebäude steht im Bråby Sogn in der Faxe Kommune.

Geschichte

Gisselfeld wurde erstmals Ende des 14. Jahrhunderts erwähnt. Der erste bekannte Besitzer war 1370 Bo Falk. Die kleine mittelalterliche Burg lag einige Kilometer entfernt von dem späteren Herrenhaus. Durch Heirat ging sie 1450 in die Familie Gjøe (Gøye) über. In finanzielle Schwierigkeiten geraten, verpfändete Henrik Gøye das Gut an seinen Bruder, Reichshofmeister Mogens Gøye. 1526 verkaufte er es aber an seinen Schwager Johann Oxe. Das führte zu einem längeren Streit, denn Mogens Gøye focht die Rechtmäßigkeit des Verkaufs an. Während der Unruhen in der Zeit der Reformation stand er auf Seiten der Adelspartei, die sich der Wahl von Christian III. zum König von Dänemark widersetzt hatte. Während der Grafenfehde wurde Gisselfeld 1534 geplündert und Johann Oxe von aufständischen Bauern erschlagen. 1541 verlor Mogens Gøye den Prozess, weshalb das Gut nach seinem Tod 1544 nicht an seine Kinder, sondern an seinen Enkel Peder Oxe (1520–1575), den Sohn von Johann Oxe und Mogens Gøyes Tochter Mettefiel.[1]

Oxe, ein gebildeter Humanist, ließ die alte Burg abreißen und zwischen 1547 und 1575 das heutige Herrenhaus im damals modernen Renaissancestil erbauen. Angesichts der unruhigen Zeiten erschien ihm der Ausbau als Verteidigungsanlage mit Ringmauer, Zugbrücken, Schießscharten, Brühlöchern, aus denen Angreifer mit kochendem Wasser oder Pech begossen werden konnte, und Wassergraben notwendig. Angeblich richtete er sich sogar ein Geheimversteck im Keller ein, wo er sich aufhielt, als er aus unbekannten Gründen 1558 in Ungnade gefallen war, ehe ihm die Flucht ins Ausland gelang. Seine Güter, darunter das noch unfertige Gisselfeld, wurden beschlagnahmt. Aus dem Exil startete er eine Verschwörung gegen Friedrich II., der seinem Vater 1559 auf den Thron folgte. 1566 rief der König, der auf seine Fähigkeiten im Krieg gegen Schweden nicht verzichten konnte, Oxe zurück, ernannte ihn zum Reichshofmeister und gab ihm seinen Besitz zurück. In den folgenden Jahren ließ Oxe Schloss Gisselfeld fertigstellen.[2] Neben den Wirtschaftsgebäuden außerhalb des Schlossgrabens legte er einen Obst- und einen Kräutergarten sowie Fischteiche für die Karpfenzucht an. Er versuchte auch, die Erträge durch die Einführung neuer Gemüsesorten und die Bewirtschaftung der Brache zu verbessern.[3] Für das Gut, zu dem neben den in unmittelbarer Nähe liegenden Dörfern achtzig Höfe und sechs Wassermühlen gehörten, erlangte er die Hohe Gerichtsbarkeit.[1]

Die Ehe von Oxe und seiner Frau Mette Rosenkrantz (1533–1588) war kinderlos, weshalb das Gut über seine Nichte an die Adelsfamilie Lykke fiel. Kai Lykke (1625–1699), ein Neffe von Anne Lykke und einer der reichsten Gutsherren seiner Zeit, wurde hier geboren. 1661 fiel er in Ungnade, weil er das Gerücht in Umlauf gesetzt hatte, die Königin Sophie Amalie habe Ehebruch begangen. Er floh, ehe das Todesurteil wegen Majestätsbeleidigung vollstreckt werden konnte. Seine Güter wurden von der Krone eingezogen. König Friedrich III. überließ das Gut dem Kronprinzen, dem späteren König Christian V.[1]

Gisselfeld als Krongut um 1670; rechts von dem noch vierflügligen Schloss das Kirchdorf Bro By (Bråby) und das noch nicht niedergelegte Dorf Hesede, der Galgen verweist auf die Hohe Gerichtsbarkeit

1671 erhielt Detlef von Rumohr Gisselfeld, verkaufte es aber im folgenden Jahr schon an Graf Hans Schack, einen erfolgreichen Feldherrn in den Kämpfen gegen Schweden im Dreißigjährigen und Zweiten Nordischen Krieg. Schack inkorporierte dem Gut sieben umliegende Kirchspiele und ließ einen Teil der zuvor selbständigen Höfe, darunter das gesamte Dorf Hesede, niederlegen und schuf so eins der größten Güter in Dänemark. Es fehlten ihm allerdings die notwendigen Arbeiter. Nach seinem Tod verkauften die Nachkommen das durch Misswirtschaft verarmte Gut an Adam Levin von Knuth, der es erfolgreich neu organisierte.[4] Ein Giebel des zu seiner Zeit errichteten dreiflügligen Wirtschaftsgebäudes Grev Knuths Hus, das neben dem Schloss innerhalb des Grabens liegt, trägt die Maueranker ALK 1697.

Herregården Gisselfeld på Sjælland, 1839. Gemälde von Carl Vilhelm Marius Jensen, Thorvaldsen Museum, Kopenhagen

Nach Knuths Tod 1699 erwarb Christian Gyldenløve, ein unehelicher Sohn von König Christian V., das Gut. Er verfügte 1701 in seinem Testament die Einrichtung eines Damenstifts für unverheiratete adlige Frauen. Seit Gyldenløves plötzlichem Tod 1703 befindet sich Gisselfeld im Besitz seiner Nachkommen, des Adelsgeschlechts Danneskiold-Samsøe. Zwar bestätigten Gyldenløves Erben Christian Danneskiold-Samsøe und seine Geschwister 1725 die Stiftung, wirksam wurde sie aber erst nach dem Tod seiner Frau Dorothea Krag (1675–1754). Unter Gyldenløves Enkel Friedrich Christian Danneskiold-Samsøe wurde 1754 das Gisselfeld Adelige Jomfrukloster I Sjælland gegründet. Erste Priörin war seine Cousine Friederike Louise Charlotte Danneskiold-Samsøe (1737–1821). Der ursprüngliche Plan, auf dem Schlossgelände Wohnungen einzurichten, wurde aber aus finanziellen Gründen nicht verwirklicht.[1] Die Konventualinnen hatten daher nicht wie in anderen Stiften Residenzpflicht, sondern konnten (und mussten) ihren Aufenthaltsort frei wählen. Sie erhielten eine jährlichen Pension aus dem Stiftungsguthaben und den Erträgen des Stiftungslandes. Die Voraussetzungen waren, dass die Frauen aus dem Adel stammten, unverheiratet waren und sich mit der etwa dreifachen Summe der jährlichen Pension einkauften. Der Austritt, etwa bei Eheschließung, war jederzeit möglich. Die zunächst sechzehn Plätze wurden 1851 auf dreißig erweitert. Der jeweilige Lehnsgraf von Samsøe verwaltete Kloster und Gut als Oberdirektor und erhielt dafür freie Wohnung im Schloss.[5]

Nach wie vor wohnen Mitglieder der Familie Danneskiold-Samsøe in einem Teil des Schlosses, während ein anderer Teil Sammlungen beherbergt und besichtigt werden kann.[6]

Beschreibung

Das dreiflüglige Hauptgebäude ist ein aus Backstein errichteter dreigeschossiger Renaissancebau mit markanten Stufengiebeln und vorspringendem Torturm. Auf der Hofseite befindet sich am Westflügel ein Treppenturm. Der Nordflügel mit Tor ist der älteste Bauteil. Über dem Tor steht eine Inschrift, die an die Verlegung und den Neubau des Gutshauses durch Peder Oxe ab 1547 erinnert. Die flankierenden Ost- und Westflügel wurden zwischen Oxes Rückkehr aus dem Exil und seinem Tod fertiggestellt. Ursprünglich bestand das Herrenhaus aus vier miteinander verbundenen Flügeln, von denen der später abgerissene Südflügel eine Kapelle enthielt. Von den unter Oxe errichteten Befestigungsanlagen und Wirtschaftsgebäuden sind Reste zweier Türme und eine große, dem Herrenhaus vorgelagerte Scheune erhalten.[2] Zwischenzeitlich weiß verputzt, ist die Fassade seit 1869 wieder ziegelrot. Die Anlage ist an drei Seiten von einem Wassergraben umgeben. An der Nordseite liegt der Gårdsø (Hofsee).[7]

Paradehuset

Das Gut hat eine Fläche von 3850 Hektar, wovon 2400 Hektar Wald sind. Es umfasst Hesede, Edelesminde, Brødebæk und Gødstrupgård. Der 40 ha große Park mit Teich, Wasserfall, Gärten und Gewächshaus wurde Ende des 19. Jahrhunderts durch den englischen Landschaftsarchitekten H. E. Millner als englischer Garten angelegt.[8] Paradehuset, die um 1870 unter Verwendung von Gusseisen und Glas errichtete Orangerie, hatte drei Klimazonen. Heute wird es als Café genutzt.[9]

In jüngerer Zeit wurde im Wald ein 45 Meter hoher hyperbolischer Turm errichtet, Skovtårnet, der einen 360-Grad-Panoramablick über Seeland bietet.[10]

Sammlungen

Im Herrenhaus hat die Familie Danneskiold-Samsøe im 18. Jahrhundert eine große Porzellansammlung zusammengetragen, darunter das erste Set des Services Flora Danica, das in der von Christian Conrad Sophus Danneskiold-Samsøe geleiteten Royal Porcelænsfabrik hergestellt wurde.[2]

Literatur

Hans Christian Andersen hielt sich in den Jahren 1839–1842 mehrmals als Gast auf Gisselfeld auf.[11] Laut seinem Tagebucheintrag vom 5. Juli 1842 bekam er dort die Inspiration für die „Geschichte einer Ente“, die am 11. November 1843 als das Märchen Das hässliche Entlein veröffentlicht wurde.[12]

Commons: Gisselfeld – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Gisselfeld. (dänisch).
  • Gisselfeld. In: danskeherregaarde.dk. (dänisch).
  • Gisselfeld. In: kroneborg.dk. (dänisch).

Einzelnachweise

  1. a b c d Gisselfeld. In: danskeherregaarde.dk. Abgerufen am 15. Januar 2025.
  2. a b c Gisselfeld. In: kroneborg.dk. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  3. Historien om Gisselfeld Kloster (1). In: www.hcandersen-homepage.dk. Abgerufen am 20. Januar 2025 (dänisch).
  4. Karl Erik Frandsen: Between lordship and village communities – Peasents and lords in Denmark prior to the rural reforms 1500–1800. In: Gertrud Thoma, John Ragnar Myking, Tore Iversen (Hrsg.): Bauern zwischen Herrschaft und Genossenschaft. 2007, S. 205–218; hier S. 212 (google.de).
  5. J. P. Trap, Christian von Sarauw: Statistisch-topographische Beschreibung des Königreichs Dänemark. 1857, S. 436 (google.de).
  6. Gisselfeld Kloster – En stærk historie. Abgerufen am 14. Januar 2025.
  7. Gisselfeld Kloster – Hjem. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  8. Kloster Gisselfeld. In: sudseeland-mon.de. Abgerufen am 14. Januar 2025.
  9. Lovely Places: Paradehuset – die Orangerie vom Kloster Gisselfeld. Abgerufen am 16. Januar 2025.
  10. Besuchen Sie den Waldturm auf Seeland – Ein einzigartiger Aussichtsturm mit guter Aussicht. In: Camp Adventure. Abgerufen am 13. Januar 2025.
  11. Lars Bjørnsten: H.C. Andersen og Gisselfeld Kloster (1). In: www.hcandersen-homepage.dk. Abgerufen am 20. Januar 2025 (dänisch).
  12. Lars Bjørnsten: Om eventyret “Den grimme Ælling”. In: www.hcandersen-homepage.dk. Abgerufen am 20. Januar 2025 (dänisch).

Koordinaten: 55° 17′ 20″ N, 11° 58′ 14″ O

 

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