Als Fleischwirtschaft bzw. Fleischindustrie bezeichnet man einen Wirtschaftszweig des Verarbeitenden Gewerbes der Lebensmittelwirtschaft, der sich hauptsächlich mit der Schlachtung und der Fleischverarbeitung zur Erzeugung von Fleischprodukten beschäftigt. Daneben werden teilweise auch die Vieherfassung, der Viehhandel sowie der Großhandel mit den Erzeugnissen dazugerechnet. Sie umfasst sowohl die gewerbliche Produktion im Handwerk wie auch der Industrie.
In einzelnen Ländern haben sich die Unternehmen der Branche zu Interessenverbänden zusammengeschlossen. In Deutschland hat der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) festgelegt, dass auch Unternehmen aus den folgenden Bereichen dazugehören:
Mängel in der Fleischindustrie und Arbeitskosten im europäischen Vergleich
In der Coronakrise 2020 offenbarte sich, dass die Missstände in der Fleischwirtschaft trotz freiwilliger Selbstverpflichtung nicht behoben sind. Ein Gesetzentwurf, der Werkverträge oder Leiharbeit für Kernbereiche der Fleischindustrie verbiete oder die Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards sicherstelle, wurde zwar im Bundestag diskutiert, bis November 2020 aber noch nicht verabschiedet, kritisiert das gewerkschaftsnahe WSI.[7] Die Regierungskoalition einigte sich Ende November 2020 auf ein solches gesetzliches Verbot für Leiharbeiter und Werkvertragsarbeiter in der Fleischindustrie für Schlachtereien mit mehr als 50 Beschäftigte. Ausnahme soll nur für die Fleischverarbeitung für Betriebe geben, soweit dies in Tarifverträgen für „Auftragsspitzen“ ermöglicht wurde.[8]
Die starke Expansion der Großkonzerne beruhe darauf, so das WSI, „auf einem Geschäftsmodell, das weitgehend auf Billigproduktion setzt und sich hierbei die vergleichsweise sehr niedrigen Arbeitskosten“ zunutze mache. Diese betrügen in Dänemark 69.000 €, in Belgien 53.000 €, in den Niederlanden 52.500 €, in Frankreich 46.500 € gegenüber 31.700 € in Deutschland.[7]
Mindestlohn in der deutschen Fleischindustrie
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und die Arbeitgeber der deutschen Fleischwirtschaft haben sich Ende Mai 2021 laut Spiegel Online auf einen Mindestlohn für die rund 160.000 Beschäftigten in den Schlachthöfen und Wurstfabriken geeinigt. Eine entsprechende Mitteilung der NGG sei vom Verband der Ernährungswirtschaft bestätigt worden. In einem weiteren Tarifvertrag sollten nach Angaben der Gewerkschaft die Mindestarbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Arbeitszeitkonten, Zuschläge und Urlaub geregelt werden.[9][10]
Achim Spiller, Birgit Schulze (Hrsg.): Zukunftsperspektiven der Fleischwirtschaft. Verbraucher, Märkte, Geschäftsbeziehungen. Universitätsverlag, Göttingen 2008, ISBN 978-3-940344-13-7 (Online [PDF; 5,2MB; abgerufen am 26. August 2021]).
Karl Christian Führer: Das Fleisch der Republik. Ein Lebensmittel und die Entstehung der modernen Landwirtschaft in Westdeutschland 1950–1990 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Band133). De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2022, ISBN 978-3-11-079217-1, doi:10.1515/9783110794144.