Ferdinand PfohlFerdinand Maximilian Pfohl (* 12. Oktober 1862 in Elbogen, Böhmen; † 16. Dezember 1949 in Hamburg-Bergedorf) war ein deutscher Musikkritiker, Musikschriftsteller und Komponist. Er war einer der angesehensten deutschen Musikkritiker und Musikschriftsteller; sein Urteil hatte großes Gewicht (Andreas Willscher in MGG 2005) und war in Deutschland mit Hanslicks Stellung in Wien vergleichbar. Kompositionen von ihm sind zu seinen Lebzeiten recht häufig aufgeführt worden und wurden überaus positiv rezensiert. LebenFerdinand Pfohl war der Sohn des Elbogener Amtmanns Ferdinand Pfohl sen., gebürtig aus Einsiedel bei Reichenberg, und der Anna, geb. Marek. Er kam in dem heute noch bestehenden Haus Schlossgasse 8 (heute: Zamecká 8/70) in Elbogen zur Welt. Er machte Matura mit dem Prädikat „lobenswert“ am Benediktinergymnasium im nordostböhmischen Braunau. Danach begann er 1881 auf Wunsch seines Vaters ein Jura-Studium an der k. k. deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag. Seine Bestimmung zur Musik erkannte Pfohl „überdeutlich“ 1883 beim Besuch der ersten Parsifal-Aufführung nach Wagners Tod in Bayreuth: Du gehörst der Musik, einzig und allein der Musik, und die Musik gehört dir, sie ist dein Blut, deine Seele. Im Herbst 1885 brach er zum Kummer seiner Eltern das Jurastudium ab und zog nach Leipzig, um dort Musik zu studieren. Er wurde Schüler von Oscar Paul und Hermann Kretzschmar; zugleich studierte er Philosophie. Nachdem der Vater ihm daraufhin die finanzielle Unterstützung entzogen hatte, gelang es ihm nach einiger Zeit, seinen Lebensunterhalt durch das Verfassen von Musikkritiken zu verdienen. Er schrieb während seiner Leipziger Jahre (bis Oktober 1892) für die Königlich-Leipziger Zeitung und das Leipziger Tageblatt. Auf Empfehlung Hans von Bülows wurde er ab November 1892 Leiter des Musikfeuilletons der Hamburger Nachrichten. Diese Position hatte er bis Dezember 1931 inne. Er verfasste mehrere Standardwerke der Musikliteratur, so 1911 über Richard Wagner und 1922 bzw. 1925 über Arthur Nikisch. Beide Biographien sowie mehrere Opernführer erreichten hohe Auflagen. Zudem war er Autor weiterer Bücher, mehrerer Tausend Kritiken und Aufsätzen sowie zahlreicher Vorträge, auch im Rundfunk,. Außerdem war er seit 1908 Co-Direktor des Vogt’schen Konservatoriums (im Curiohaus) in Hamburg, dem Vor-vorläuferinstitut der heutigen Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Dort unterrichtete er u. a. Musiktheorie und -geschichte, Vortrag und Stil. Seine Unterrichtstätigkeit setzte er bis 1948 an der inzwischen städtischen „Schule für Musik und Theater“ fort. 1913 wurde ihm der Professortitel h. c. verliehen, 1923 erhielt er den Titel Dr. phil. h. c. der Universität Rostock. Als Komponist ging Pfohl in hohem Maße eigene Wege; er entzieht sich damit einer einfachen Einordnung in Schulen oder Strömungen. Dem Geist der Spätromantik entwachsend, wies er weit über das 19. Jahrhundert hinaus und ließe sich am ehesten als vereinzelter Vertreter eines „nordischen Impressionismus“ beschreiben. Seine Kompositionen sind vielfach und mit großem Erfolg, u. a. von Felix Mottl, Max Reger und Arthur Nikisch aufgeführt worden. Seine Meersymphonie dirigierte der Komponist 1898 im Rahmen der Philharmonischen Konzerte mit dem Orchester von Hans Winderstein in der Alberthalle des Leipziger Krystallpalasts selbst. Andere Orchesterwerke, wie die Rhapsodie Twardowsky, die symphonische Legende Savonarola, die Apsarase oder einzelne Sätze seiner Meersymphonie kamen ebenso zur Aufführung wie auch sein Liedzyklus Pierrot lunaire, seine Klavierwerke, sowie Vertonungen von Gedichten Goethes, Eichendorffs usw. Seine Klavierwerke (Hagbart, Strandbilder und Suite Élégiaque) wurden 2019 von Jamina Gerl auf CD eingespielt. Mit zahlreichen zeitgenössischen Musikerpersönlichkeiten war Pfohl gut bekannt oder auch befreundet, so mit Edvard Grieg, Max Reger, Ferruccio Busoni, Jules Massenet, Giacomo Puccini, Siegfried Wagner, Cosima Wagner, Gustav Mahler und anderen. Zu seinen wohl interessantesten literarischen Werken zählt sein 1890 in Leipzig anonym erschienenes Bändchen Höllenbreughel als Erzieher – Auch von einem Deutschen. In humoristischer, aber auch politisch-kritischer Weise parodiert er Julius Langbehns deutschtümelndes Werk Rembrandt als Erzieher in Persiflage und entlarvt Langbehn als verquasten und antisemitischen Pseudophilosophen. In der Zeit des Nationalsozialismus äußerte sich Pfohl in einem Radiovortrag derart mutig, indem er seine Sympathie für die „nichtarische Musik“ zum Ausdruck brachte, dass der Reichssender Hamburg, der zum Großdeutschen Rundfunk gehörte, die Übertragung abbrach. Mit seiner Frau und drei Kindern wohnte Ferdinand Pfohl 1902–1915 in Hamburg-Bergedorf in der Brauerstraße 68 (heute Chrysanderstraße 68). 1926 hielt er die Festrede zum 100. Geburtstag des Händelforschers Friedrich Chrysander. Er war einer der Initiatoren zur Gründung der Hasse-Gesellschaft e. V. Zudem war er in den Jahren von 1926 bis 1928 die treibende Kraft, in Bergedorf ein Händel-Hasse-Festspielhaus zu errichten; diese Aktivität scheiterte jedoch in den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren an der Finanzierung. Insbesondere in den 1920er Jahren hielt Pfohl seine regelmäßigen donnerstäglichen offenen Nachmittage (jours fixes) in seiner zentral gelegenen Wohnung Beneckestraße 6 ab. Dort fanden sich viele bekannte Künstlerpersönlichkeiten ein, beispielsweise, wenn sie sich aus Anlass von Konzerten in Hamburg aufhielten. Darunter waren Komponisten wie Richard Strauss, Siegfried Wagner, Giacomo Puccini, Eugen d’Albert, Ermanno Wolf-Ferrari, ebenso bekannte Dirigenten und Sänger, wie Gustav Brecher, Wilhelm Furtwängler, Arturo Toscanini und Bruno Walter. 1937 zog Pfohl wieder nach Hamburg-Bergedorf. Seinen Lebensabend verbrachte er dort in einem Jugendstilhaus an der Hansastraße (heute Gräpelweg 13). In jener Zeit hielt er öffentliche Vorträge in Schulaulen und rezensierte für die Bergedorfer Zeitung Konzerte von Hasse-Chor und Hasse-Orchester. Seine letzte Ruhestätte fand Ferdinand Pfohl auf dem Neuen Friedhof Bergedorf nahe dem Denkmal für die Gefallenen beider Weltkriege. Eine Sammlung seiner sämtlichen Opernkritiken von 1892 bis 1931 befindet sich in den theaterhistorischen Beständen der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Es handelt sich überwiegend um Rezensionen zu Hamburger Aufführungen, insgesamt immerhin zu 243 Opern von 117 Komponisten. Er ist aber auch zu Ur- und deutschen Erstaufführungen gefahren, so dass sich hier Kritiken zu Ferruccio Busonis Doktor Faust und Paul Hindemiths Cardillac aus Dresden, von Ariadne auf Naxos von Richard Strauss aus Stuttgart und Musikkritiken aus manchen anderen deutschen Städten finden. Ein Manuskript von ihm mit Erinnerungen an Gustav Mahlers Hamburger Jahre wurde 1973 von dem dänischen Musikwissenschaftler Knud Martner postum herausgegeben. Die Pfohl-Woyrsch-Gesellschaft e. V. Hamburg, gegründet 1993, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das musikalische und literarische Erbe Ferdinand Pfohls zu bewahren und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. WerkeKompositionen (Auswahl)
Schriften (Auswahl)
Literatur
Lexikaeinträge
Einspielungen (Auswahl)
Weblinks
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