Estonia (Zeitschrift)estonia war von 1985 bis 2004 der Name einer zunächst vielsprachigen, später deutschsprachigen Zeitschrift für estnische Literatur und Kultur. Sie trug die ISSN 0930-8792. GeschichteDie Gründung einer Zeitschrift, die sich ausschließlich mit der estnischen Literatur befassen sollte, wurde im Januar 1984 von Cornelius Hasselblatt aus Hamburg und Tapio Mäkeläinen aus Helsinki, damals noch Studenten der Finnougristik, während eines Treffens in Hamburg beschlossen. Nach einem Jahr Vorbereitung erschien die erste Nummer im Februar 1985. Die ersten sechs Jahrgänge (1985 bis 1990) war die Zeitschrift vielsprachig und erschien viermal im Jahr. Druckort war Hamburg (bis auf 1990, wo in Helsinki und Tallinn gedruckt wurde). Der Umschlag wurde von Epp Meisner in Estland gestaltet (1989 und 1990 von Aavo Ermel). Die Redaktion war auf Hamburg und Helsinki verteilt. Die Intention der Redaktion war, „eine internationale, daher polyglotte und grenzüberschreitende wie Grenzen überwindende Zeitschrift herauszugeben“. In der ersten Ausgabe heißt es: „ESTONIA soll überall gelesen werden: In Helsinki und Budapest, in Hamburg und Tallinn, in Moskau und Toronto, in Stockholm und Tartu“.[1] Nach der politischen Wende von 1989/1991 und der Wiedererlangung der estnischen Unabhängigkeit schien die Zeitschrift zunächst eingeschlafen zu sein, aber 1992 erfolgte eine Neugründung durch den in Frankfurt/Main ansässigen dipa-Verlag. Von nun an erschien die Zeitschrift nur noch zweimal im Jahr und war ausschließlich deutschsprachig. Seit 1996 wurde estonia vom estnischen Kulturministerium und später vom Estnischen Kulturkapital gefördert. Nach dem Konkurs des dipa-Verlags erschien die Nummer 2/2000 im Selbstverlag. Danach sind noch sieben Hefte (1/2001–2004) im Hempen-Verlag in Bremen erschienen. Die Nummer von 2004 war die Abschlussnummer. Zusammensetzung der Redaktion
Außerdem war Gisbert Jänicke, ohne offiziell Mitglied der Redaktion zu sein, von 1992 bis 2004 regelmäßiger Mitarbeiter. Statistik zum Inhalt
WirkungErstmals in estonia veröffentlicht wurden zwei Briefe der estnischen Nationaldichterin Lydia Koidula (2/1985), die in Budapest entdeckt worden waren. Sie wurden erst danach auch in Estland publiziert. Ebenfalls wurde in Heft 1/1997 ein bis dahin unbekannter Brief von Gustav Suits publiziert, der in einem antiquarischen Buch entdeckt worden war. Des Weiteren haben viele junge Autoren aus Estland in estonia Gedichte veröffentlicht. Für viele Übersetzer bot die Zeitschrift eine erste Publikationsmöglichkeit. In der Sowjetunion war man anfangs skeptisch, da man nicht genau wusste, wie man mit einer Zeitschrift, die zwar aus dem Westen, aber eindeutig nicht aus Exilkreisen kam, umgehen sollte. Anfangs konnte jemand aus Sowjetestland, der in estonia publizierte, Schwierigkeiten bekommen. So war in Nummer 3/1985 eine Abhandlung von Sirje Kiin über Uku Masing erschienen, der kurz zuvor in Tartu gestorben war. Da Masing jedoch Persona non grata in Sowjetestland war, durfte über ihn nichts erscheinen. Folglich erhielt Kiin eine Weile Publikationsverbot, d. h., sie schrieb etwa ein Jahr lang unter dem Pseudonym Jüri Kiis. In Westeuropa bot die Zeitschrift einer kleinen Schar Estland-Fans (die Abonnementszahl war nie höher als gut 200) die Möglichkeit, Informationen über die estnische Literatur und Kultur in ihrer Muttersprache zu bekommen. Sie ist in ca. einem Dutzend wissenschaftlichen Bibliotheken vorhanden.[2] In der Rückschau wurde estonia im Zusammenhang mit der estnischen Zeitschrift Vikerkaar („Regenbogen“) besondere Bedeutung zugemessen. Rein Ruutsoo behauptet in seinen Erinnerungen: "Der Fall Estonia (d. h. die Entstehung der Zeitschrift|) hat sich auf uns aber positiv ausgewirkt – Veidemann [der erste Chefredakteur von Vikerkaar] meinte, dass dies die Geburt von Vikerkaar beschleunigt habe.[3] TriviaAls der dipa-Verlag im Jahre 2000 schon dem Konkurs entgegensah, wurde die komplette Auflage von etwa 200 Stück von der Druckerei versehentlich an die Redaktion und nicht an den Verlag geschickt. Die Redaktion nahm sich ihre Belegexemplare heraus und schickte den Rest an den Verlag, der für den Vertrieb an die Abonnenten verantwortlich war. Das funktionierte jedoch nicht mehr, und so ist Nummer 1/2000 weitgehend verlorengegangen. Literatur
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