Köstler studierte Medizin und Slowenistik an der Universität Wien. Schon als Student arbeitete er als Übersetzer und freier Wissenschaftler. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er durch seine Übersetzungen aus dem Werk von Ivan Cankar bekannt; seit 1994 betreut er eine Werkausgabe in kommentierten Einzelbänden (großteils Erstübersetzungen), die beim Klagenfurter Drava-Verlag erscheint.[1] Aus seiner Beschäftigung mit Klassikern der slowenischen Literatur ging die erste vollständige und kommentierte Übertragung der Integrali von Srečko Kosovel (1999) hervor. Ferner gab er die gesammelte Prosa von Slavko Grum in deutscher Sprache heraus (2006). Köstler ist Initiator und Herausgeber der Buchreihe Slowenische Bibliothek, eines Gemeinschaftsprojekts der Verlage Drava, Wieser und Hermagoras, die slowenische Prosa des 19. und 20. Jahrhunderts umfasst und 2013 mit der Herausgabe der ersten fünf Bände startete.[2] Für Drava übersetzte Köstler auch Kärntner-slowenische Autoren (Prežihov Voranc, Lipej Kolenik, Jože Blajs, Milka Hartman). Sein übersetzerisches Werk umfasst alle literarischen Gattungen und ein breites zeitliches Spektrum, seit der Jahrtausendwende liegt der Schwerpunkt jedoch auf zeitgenössischer slowenischer Prosa. Zu den von ihm übersetzten Autoren zählen Franjo Frančič[3], Sebastijan Pregelj[4], Andrej E. Skubic[5] und Breda Smolnikar.[6]
Seine übersetzerische Arbeit ergänzt Erwin Köstler durch wissenschaftliche Tätigkeit. 2002 diplomierte er mit einer editionskritischen Arbeit über Srečko Kosovels Integrali (vgl. Vom Erleben und Deuten 2005), im Jahr darauf wurde er mit einer Arbeit zur Geschichte der Übersetzung slowenischer Literatur ins Deutsche (vgl. Vom kulturlosen Volk zur europäischen Avantgarde 2006) promoviert. Von 2002 bis 2004 arbeitete er am Forschungsprojekt Literatur und Widerstand am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Klagenfurt mit (zusammen mit Andrej Leben). Er veröffentlichte kritische Artikel zur Cankarforschung in slowenischen Fachzeitschriften und nahm an zahlreichen internationalen Symposien teil. Von 2010 bis 2011 war er, zusammen mit Gabriele Anderl, Mitherausgeber einer dreiteiligen Zwischenwelt-Serie zum Thema Exil in Jugoslawien.[7][8] Im Sommersemester 2015 war er Gastlehrender am Institut für Slawistik der Universität Graz.[9] Von 2016 bis 2018 arbeitete Köstler am FWF-Projekt Zweisprachige literarische Praxis der Kärntner Slowenen nach 1991 mit.[10]
Außerdem ist Köstler als Mentor und Workshopleiter für literarisches Übersetzen tätig, so z. B. in den Jahren 2018 und 2019 beim Sommerkolleg Premuda[11] und 2019 beim Österreichischen Übersetzer:innenseminar in Ysper.[12]
Ivan Cankar: Traumbilder. Drava, Klagenfurt/Celovec 1998.
Ivan Cankar: Das Haus der Barmherzigkeit. Roman. Drava, Klagenfurt/Celovec 1996.
Ivan Cankar: Vor dem Ziel. Literarische Skizzen aus Wien. Drava, Klagenfurt/Celovec 1994.
Monographien
Überregional, mehrsprachig, vernetzt: Die Literatur der Kärntner SlowenInnen im Wandel. Praesens, Wien 2021. Mit Felix Oliver Kohl, Dominik Srienc und Andreas Leben.
Vom kulturlosen Volk zur europäischen Avantgarde. Hauptlinien der Übersetzung, Darstellung und Rezeption slowenischer Literatur im deutschsprachigen Raum. Peter Lang, Bern 2006
Vom Erleben und Deuten. Srečko Kosovels Integrali: ein herausgeberisches Artefakt und sein Rang als herausragende Erscheinung der slowenischen Avantgarde. Vorwort Janez Vrečko. Artikel-7-Kulturverein für Steiermark, Pavelhaus; Bad Radkersburg, Graz 2005
Ivan Cankar: Materialien und Texte. Drava, Klagenfurt/Celovec 2000
Wissenschaftliche Beiträge
Das Gedächtnis des Krieges. Rezension zu Marija Jurić Pahor: Das Gedächtnis des Krieges. Die Isonzofront in der Erinnerungsliteratur von Soldaten und Zivilisten. Hermagoras/Mohorjeva, Klagenfurt 2017; in: Zwischenwelt, 35, 3, November 2018, ISSN1606-4321 S. 68f.
Die frühen Übersetzungen slowenischer Literatur ins Deutsche 1780–1848, in: Gertraud Marinelli-König, Philipp Hofeneder (Hrsg.): „Andere Bienen…“ Der literarische Transfer zwischen den slawischen Kulturen und dem deutschsprachigen Raum im Zeitalter der Weltliteratur (1770–1850). Harrassowitz, Wiesbaden, 2015, 163–171.
mit Andrej Leben: Posredovanje slovenske literature v nemški govorni prostor in dvojezično založništvo na Koroškem. In: Obdobja 33. Recepcija slovenske književnosti. The Reception of Slovene Literature. Filozofska fakulteta, Ljubljana 2014, S. 211–217.
Zur Intensivierung der Vermittlung slowenischer Literatur in den deutschsprachigen Raum. In: Andreas Leben, Martina Orožen, Erich Prunč (Hrsg.): Beiträge zur interdisziplinären Slowenistik. Prispevki k meddisciplinarni slovenistiki. Festschrift für Ludwig Karničar zum 65. Geburtstag. Leykam, Graz 2014, S. 251–257
Narrative der Gewalt in der erzählenden Prosa des slowenischen Schriftstellers Franjo Frančič. In: Laura Burlon, Nina Frieß, Irina Gradinari, Katarzyna Różańska, Peter Salden (Hrsg.): Verbrechen – Fiktion – Vermarktung. Gewalt in den zeitgenössischen slavischen Literaturen. Universitätsverlag Potsdam, 2013, S. 297–311
Zwischen Ästhetik und Widerstand. Zu Lipuš’ Cankar-Rezeption in seinen publizistischen Beiträgen für die Zeitschrift mladje. In: Fabjan Hafner, Johann Strutz (Hrsg.): Krieg, Widerstand, Befreiung. Ihr Nachhall in den Kulturen und Literaturen des Alpen-Adria-Raums. Drava, Klagenfurt 2012, S. 153–169
K problematiki hrepenenja v slovenskem cankarjeslovju. In: Primerjalna književnost, 35/3 (2012), 299–315.
Die jugoslawische Kriegserfahrung in der österreichischen (Exil-)Literatur. In: Zwischenwelt, 27, 4, Februar 2011, S. 47–51
Pojavne oblike memorije in spomina v literarnih delih Prežihovega Voranca. In: Jezik in slovstvo, LV/3–4 (2010), 77–87.
Ob interpretiranju Cankarjeve proze. In: Jezik in slovstvo, LIII/3–4 (maj-avg. 2008), 157–164.
Irena Avsenik Nabergoj. Mirror of Reality and Dreams. Stories and Confessions by Ivan Cankar. Übers. Jason Blake. Peter Lang, Frankfurt 2008. In: Wiener Slavistisches Jahrbuch 56/2010, S. 261–267.
mit Andrej Leben: Von den primären Quellen zum publizistischen Diskurs über den bewaffneten Widerstand der Partisanen in Kärnten. In: Zeitgeschichte 34/4 (Juli/August 2007), S. 226–242.
Wem soll die Übersetzung nützen? Einige Beispiele zum Wirken utilitärer Konzepte in der Vermittlung slowenischer Literatur in den deutschsprachigen Raum. In: Wiener Slawistisches Jahrbuch, 53, 2007, S. 177–190
mit Andrej Leben: Literatura in odpor, odpor v literaturi. In: Jezik in slovstvo (Ljubljana) 50/2 (mar.-apr. 2005), 105–116.
↑Daniela Trieb: Erwin Köstler. Interview. In: transstar-europa.com. Juni 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. September 2016; abgerufen am 14. August 2022.
↑Christoph Schmälzle: Sebastijan Pregelj: Unter einem glücklichen Stern. (PDF) In: Die Buchkritik. SWR 2, 21. Dezember 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. September 2016; abgerufen am 5. September 2016.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de
↑Anton Thuswaldner: Geschichte kann gefährlich werden. Was ist wahr, was ist erfunden? Die Rauriser Literaturtage zeigen, wie man Geschichte mit Geschichten erzählen kann. In: Salzburger Nachrichten. 2. April 2016, S.9.
↑Exil in Jugoslawien. 1 & 2. In: Erwin Köstler, Gabriele Anderl (Hrsg.): Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands 27/1-2 (August 2010); 27/4 (Februar 2011). Band27. Theodor Kramer Gesellschaft, Wien, S.31–57; 28–67.
↑Exil aus Jugoslawien, 3. In: Erwin Köstler, Gabriele Anderl (Hrsg.): Zwischenwelt. Nr.28/1-1. Theodor Kramer Gesellschaft, Wien Juni 2011, S.39–65.
↑Fabjan-Hafner-Preis 2020. In: Website der Universität Klagenfurt. 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. März 2020; abgerufen am 10. April 2020.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.aau.at