Doktorfischartige
Die Doktorfischartigen (Acanthuriformes) sind eine artenreiche, morphologisch sehr diverse Fischordnung aus der Gruppe der Barschverwandten (Percomorpha) mit über 1500 Arten. Die meisten Arten der Ordnung kommen küstennah in tropischen und subtropischen Regionen der Weltmeere und ihrer Nebenmeere vor. Einige Arten bewohnen auch tiefere Meereszonen, Brackwasserbereiche, Flüsse oder Seen. Im Laufe der Erforschung der Systematik der Knochenfische wurde der Umfang des Taxons immer weiter vergrößert. Taxonomische GeschichteDer Begriff Acanthuriformes als Bezeichnung für ein Taxon der Knochenfische wurde 1923 durch den US-amerikanischen Ichthyologen David Starr Jordan eingeführt. Er gab den Acanthuriformes den Rang einer „Serie“ und ordnete die Doktorfische (Acanthuridae) und die Kaninchenfische (Siganidae) den Acanthuriformes zu.[1] Beide wurden später in die Ordnung der Barschartigen (Perciformes) gestellt und bildeten über einen langen Zeitraum zusammen mit den Spatenfischen (Ephippidae), dem Dianafisch (Luvaridae), den Argusfischen (Scatophagidae) und dem Halfterfisch (Zanclidae) die Unterordnung Acanthuroidei innerhalb der Perciformes.[2] Die Barschartigen erwiesen sich in zahlreichen Untersuchungen jedoch als eine nicht monophyletische Ordnung. Um die in einer modernen Systematik geforderten Monophylie der Barschartigen zu erreichen, gaben der kolumbianische Ichthyologe Ricardo Betancur-R. und seine Mitarbeiter die Acanthuriformes in ihrer Anfang 2013 erstmals publizierten Revision der Knochenfischsystematik den Rang einer Ordnung und beschränkten sie auf die Doktorfische, den Dianafisch und den Halfterfisch.[3] Die australischen Ichthyologen Anthony Gill und Jeffrey M. Leis fanden in einer Anfang Oktober 2019 veröffentlichten Arbeit bei Larven und adulten Exemplaren der Doktorfischartigen, sowie bei einigen weiteren Familien und Gattungen barschverwandter Fische ein Merkmal, das nur bei diesen Fischen vorkommt (eine Synapomorphie) und von ihnen zur Diagnose und als Nachweis einer monophyletischen und erweiterten Ordnung Acanthuriformes verwendet wird. Bei den Larven und adulten Exemplaren dieser Fische wachsen die nachwachsenden Zähne an den Außenseiten der Kiefer und ersetzen gruppenweise ihre Vorgänger. Die Doktorfische werden damit um die folgenden Familien Antigonia, Caproidae, Falterfische (Chaetodontidae), Sichelfische (Drepaneidae), Ponyfische (Leiognathidae) und Kaiserfische (Pomacanthidae), sowie die in die Familie Lobotidae integrierten Gattungen Datnioides, Hapalogenys und Lobotes erweitert.[4] Weitere Merkmale der erweiterten Acanthuriformes sind bei den Acanthomorpha weit verbreitet, treten außer bei den Doktorfischartigen aber selten in Kombination auf. Diese sind: sechs Branchiostegalstrahlen oder weniger, keine Zahnplatte auf der zweiten und dritten Epibranchiale (der zweite Knochen von oben des zweiten und dritten Kiemenbogens), ein zahnloses Gaumenbein, die Supramaxillare (ein Kieferknochen) fehlt.[4] Die verwandtschaftlichen Verhältnisse der erweiterten Doktorfischartigen nach Gill und Leis zeigt folgendes Kladogramm:[4]
In Betancurs Revision der Knochenfischsystematik konnten ca. 10 Familien der Barschverwandten (Percomorpha) keiner Ordnung zugeordnet werden. Außerdem führte er einige Ordnungen mit nur wenigen angehörenden Familien ein (die Gerreiformes für die Mojarras (Gerreidae), die Lutjaniformes für die Süßlippen und Grunzer (Haemulidae) und die Schnapper (Lutjanidae), die Spariformes für die Großkopfschnapper (Lethrinidae), Scheinschnapper (Nemipteridae) und Meerbrassen (Sparidae) und die Priacanthiformes für die Bandfische (Cepolidae) und die Großaugenbarsche (Priacanthidae)).[3] Diese Familien und die Acanthuriformes im Sinne von Gill und Leis bilden verschiedenen molekularbiologischen Studien zufolge jedoch zusammen mit den Armflossern (Lophiiformes) und den Kugelfischartigen (Tetraodontiformes) eine monophyletische Klade und wurden in verschiedenen Publikationen in diese Ordnung gestellt.[5][6][7] Die Erweiterung der Ordnung Acanthuriformes wurde in Eschmeyer’s Catalog of Fishes, einer monatlich aktualisierten Datenbank zur Fischsystematik, in weiten Teilen so übernommen. Nicht übernommen wurde die Integration der Armflosser und der Kugelfischartigen in die Acanthuriformes, die dadurch aber wieder ein nicht monophyletisches Taxon sind. Beide Taxa verblieben im Rang eigenständiger Ordnungen.[8] Das folgende Kladogramm zeigt die verwandtschaftlichen Beziehungen der in Eschmeyer’s Catalog of Fishes in die Ordnung der Acanthuriformes gestellten Familien und die Position der Armflosser und der Kugelfischartigen:[8][5][6][7]
Anmerkungen
Einzelnachweise
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