Der Choschen wurde nach biblischer Darstellung für Aaron, den Bruder des Mose, angefertigt (Ex 28,15-30 EU).
Grundmaterial des Choschen war ein textiles Material, näher definiert als „Kunstweber-Machart“. Gemeint ist eine Webtechnik. Der Hohepriester trug ein violettes Obergewand, zu dem die buntgemusterten Textilien Efod und Choschen einen Kontrast bildeten.[1] Farblich entsprach der Ornat der Farbgebung des Heiligtums (Mischkan), wodurch die Zugehörigkeit Aarons und seiner Amtsnachfolger zur göttlichen Sphäre augenfällig war.
Der Choschen erfüllte seine Funktion nur, wenn er am Efod, einem weiteren Stück des hohepriesterlichen Ornats, befestigt war.
Der Text ist sehr daran interessiert, dass der Choschen fest sitzt. An den vier Ecken der Tasche sind deshalb goldene Ringe angebracht. Durch die beiden oberen Ringe gehen goldene Kettchen, denn der Choschen ist durch seine zwölf Schmucksteine relativ schwer. Zur Befestigung an den beiden unteren Ringen sind dagegen Purpurschnüre vorgesehen. Sie sollen verhindern, dass der Choschen verrutscht.[2]
Der Ornat des Hohenpriesters, wie er hier beschrieben ist, entspricht den Gegebenheiten des Zweiten Tempels, auch wenn einzelne Elemente älter sein können. Einige Exegeten nehmen an, dass der Choschen in der komplizierten Form von Ex 28 eine kreative Leistung der Priesterschrift ist, die damit mehrere Zwecke verfolgt:
Lostasche für die Urim und Tummim. Zur Zeit des Zweiten Tempels war das Losorakel längst außer Gebrauch.[3] Die Lose, deren Gestalt unbekannt ist (vielleicht Stäbchen[3]), sind aber wegen ihrer Namen (Luther übersetzte: „Licht und Recht“) symbolisch interessant. Der Hohepriester brachte im Ritual die gerechte Weltordnung vor JHWH. Ähnliches ist, bezogen auf die Ma’at, aus dem ptolemäischen Ägypten bekannt.[3]
Feste Verbindung der Lostasche mit dem Efod: Die Utensilien für das Orakel sind damit im Wortsinn an den Hohenpriester gebunden[4].
Der Hohepriester trägt bei seinem Dienst am Heiligtum die Namen der zwölf Stämme „über seinem Herzen“ – eine Art stummes Gebet für die ganze Gemeinde (nach Benno Jacob).[5]
Identifikationsversuche der Edelsteine
Für jeden der zwölf Stämme Israels war an der Brusttasche ein Edelstein befestigt (drei Steine in vier Reihen), auf dem der Name des Stammes eingraviert war. Es gibt verschiedene Modelle, wie die Stämme auf die einzelnen Edelsteine verteilt werden; nach Raschi und Ramban waren sie nach dem Alter geordnet.[6]
Jaspis: verschiedene Farben, undurchsichtig. Ägyptischer Jaspis ist braun.
Onyx
Onyx
Jaspis
Rezeption
Choschen ha-Mischpat, „Brusttasche des Rechtsentscheids“, heißt der vierte Teil des Schulchan Aruch.
Die Vulgata übersetzt den Choschen mit rationale: „Rationale quoque judicii facies opere polymito juxta texturam superhumeralis...“ (Ex 28,15a). „Vom B(rustschild) des Hohepriesters ist offenbar abhängig ein bischöflicher Brustschmuck, der vom 11. bis zum 13. Jh. mehrfach in den Schriftquellen als Rationale erwähnt und auf Denkmälern dargestellt, aber in keinem einzigen Beispiel erhalten ist.“[9]
Literatur
Claudia Bender: Die Sprache des Textilen. Untersuchungen zu Kleidung und Textilien im Alten Testament. Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-17-020102-6.
↑Benno Jacob: Der Pentateuch. Leipzig 1905, S.315.
↑Ludwig Philippson (Hrsg.): Die israelitische Bibel. Enthaltend: Den heiligen Urtext, die deutsche Übertragung, die allgemeine ausführliche Erläuterung mit mehr als 500 englischen Holzschnitten. Band1. Leipzig 1844, S.479.
↑Wolfgang Kraus, Martin Karrer (Hrsg.): Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung. Stuttgart 2009, ISBN 978-3-438-05122-6, S.84.
↑Ludwig Philippson: Die israelitische Bibel. Band1, S.478–479.