Carl Schorlemmer war der älteste Sohn des Schreiners Johannes Schorlemmer und seiner Frau Katharine Philippine Schorlemmer.[1] Er durchlief nach kurzem Volksschulaufenthalt die vierklassige Realschule. Zwischen 1850 und 1853 besuchte er die höhere Gewerbeschule in Darmstadt, wo er sich dem Corps Hassia anschloss.[2] Die folgenden 2½ Jahre absolvierte er in Groß-Umstadt eine Lehre in der Lindenbornschen Apotheke. Nach bestandenem Gehilfenexamen nahm er eine Stelle in der Schwanenapotheke in Heidelberg an.
In Heidelberg hatte er Gelegenheit, die Vorlesungen von Robert Wilhelm Bunsen zu besuchen. Diese beeindruckten ihn dermaßen, dass er den Entschluss fasste, sich ganz der Chemie zu widmen. Er studierte 1859 ein Semester in Gießen. Im Herbst desselben Jahres nahm er eine Privatassistentenstelle bei Henry Enfield Roscoe in Manchester an. Bereits zwei Jahre später wurde er dort zum Unterrichtsassistenten.
Ab 1862 widmete er sich intensiven Studien über Alkoholradikale und Kohlenwasserstoffe der Fettreihe. Er bewies, dass die Hydride der Alkohole und die damals als Radikale des Alkohols aufgefassten Kohlenwasserstoffe das Gleiche darstellten. Die hierbei hauptsächlich zur Anwendung kommende Halogenisierung der Kohlenwasserstoffe führte ihn zur Entdeckung neuer Isomerieverhältnisse zwischen verschiedenen Halogeniden der Kohlenwasserstoffe und der dazugehörigen Alkohole sowie ihrer gegenseitigen Umwandlungen und zur Aufklärung ihrer Konstitution. Mit Ausnahme von Methan und Butan hat Schorlemmer die ganze Reihe der normalen Paraffine bis zum Oktan und ihre Derivate studiert und unter anderem das normale Pentan, Heptan und Diisopropyl entdeckt.
Sein Spezialgebiet waren die einfachen Kohlenwasserstoffe, die er unter einem einheitlichen theoretischen Gesichtspunkt klassifizierte und von denen er einige erstmals rein darstellen konnte. Er gilt dadurch auch als ein Wegbereiter der Petrolchemie.
Ehrungen
Am Owens College (Oxford Street in Manchester) wurde 1895 das Schorlemmer Memorial Laboratory gegründet, das sich als erstes in England mit der organischen Chemie beschäftigte.
In Halle (Saale) ist eine Straße (Carl-Schorlemmer-Ring) nach ihm benannt. In Merseburg gibt es eine Carl-Schorlemmer-Straße und in Leipzig eine Schorlemmerstraße, ebenso seit 1973 in Arheilgen.
Schriften (Auswahl)
H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie. Nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen. Deutsche Ausgabe unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1867
Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1871, online im Internet Archive
H. E. Roscoe, C. Schorlemmer: Ausführliches Lehrbuch der Chemie. Bd. 1. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1873
H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen und einer farbigen Spectraltafel. Deutsche Ausgabe, unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. 4., nach den neuesten Forschungen verm. u. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1873
Manual of the Chemistry of Carbon Compounds, or organic chemistry. London 1874
Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie. 2. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1874
H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie. Nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen. Deutsche Ausgabe unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. 5. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1875
H. E. Roscoe; C. Schorlemmer: A Treatise on chemistry. Vol. 1–3, London, New York 1877–1892
H. E. Roscoe; C. Schorlemmer: A Treatise on chemistry. 2nd ed. London, New York 1878
H. E. Roscoe; C. Schorlemmer: Ausführliches Lehrbuch der Chemie. 4 Bde. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1877–1889
H. E. Roscoe: Kurzes Lehrbuch der Chemie. Nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen. Deutsche Ausgabe unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. 6. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1878
The rise and development of organic chemistry. Manchester und London 1879
H. E. Roscoe u. Carl Schorlemmer: Kurzer Lehrbuch der Chemie nach neuesten Ansichten der Wissenschaft. 7. verb. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1882
Origine et Développement de la Chimie organique. Ouvrage traduit de l´anglais avec autorisation de l´auteur par Alexandre Clapéde. Paris 1885
Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der organischen Chemie. Braunschweig 1886
Der Ursprung und die Entwickelung der organischen Chemie. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1889, online im Internet Archive
Carl Schorlemmer: Ursprung und Entwicklung der organischen Chemie. (Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Bd. 259), Akademische Verlagsgesellschaft Geest und Portig, Leipzig 1984
Herman Haupt (Hrsg.): Hessische Biografien. Band I, Lieferung 1. Großherzoglich hessischer Staatsverlag, Darmstadt 1912.
Schorlemmer, Carl. In: Chambers´s biographical Dictionary. The great of all Nations and all times. Originally complied by David Patrick & Hindes Groome. New Edition edited by Wm. Geddie & J. Liddell Geddie. London Philadelphia 1929, S. 832.
J. K. Roberts: The life and work of Carl Schorlemmer. Manchester 1972. Diss.
Karl Heinig: Carl Schorlemmer. Chemiker und Kommunist ersten Ranges. B. G. Teubner, Leipzig 1974.
Schorlemmer. In: Deutsche Apotheker-Biographie. Bd. 2, Stuttgart, 1978, S. 599 f.
Manfred Schöncke: Carl und Ludwig Schorlemmer, ihre Beziehung zu Marx und Engels in Büchern. Zum aufgefundenen Teilnachlass von Ludwig Schorlemmer. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge. Jg. 2009, Argument-Verlag, Hamburg 2009, ISSN0232-8577, S. 225–250.