Bahnstrecke Poti–Baku
Die Bahnstrecke Poti/Batumi–Baku ist die Hauptmagistrale des georgischen Eisenbahnnetzes und eine der Hauptstrecken im aserbaidschanischen Netz. GeografieDie Eisenbahnstrecke verbindet die Küsten des Schwarzen Meeres und des Kaspischen Meeres und Georgien mit Aserbaidschan. Sie führt durch die Transkaukasische Senke, die den Großen Kaukasus und den Kleinen Kaukasus trennt. Die Strecke verbindet die Städte Baku, Tiflis, Poti und Batumi. Von den beiden Endpunkten bestehen jeweils Schiffsverbindungen nach Europa im Westen und Asien im Osten. Sie ist ein wesentlicher Teil der Südroute „Europa-Kaukasus-China“ des von den Vereinten Nationen geförderten transeurasischen Eisenbahnverkehrskorridors, der Europa und China verbindet und über den ein wachsender Anteil des Güter- und Containerverkehrs in dieser Relation abgewickelt werden soll.[1][2] Die Strecke muss den Suramipass überwinden, der mit einer Passhöhe von 946 m den niedrigsten Übergang über das Lichi-Gebirge bietet, das den Großen Kaukasus im Norden mit dem Kleinen Kaukasus im Süden verbindet und die Kolchische Tiefebene von der Transkaukasischen Senke trennt.[3] In der Nähe des Passes quert die Bahnstrecke das Gebirge in einem Tunnel. GeschichteEigentümerDie Konzession für den Bau der Strecke war an eine britische Gesellschaft vergeben. Hauptziel war der Transport von Erdöl und dessen Derivaten.[4] 1871 wurde die Eisenbahngesellschaft Poti-Tiflis (russisch Поти-Тифлисской Железной Дороги) gegründet. Diese Gesellschaft ging 1883 in der Transkaukasischen Eisenbahn (russisch Закавказской железной дорога) auf.[5] Diese Gesellschaft wiederum wurde 1889 verstaatlicht[6] und führte nun die Bezeichnung Kaiserlich Russische Transkaukasische Staatsbahn.[7] BauDer Bau begann 1865. Am 1. August 1871 ging der erste Abschnitt zwischen Tiflis und Sestaponi in Betrieb, am 10. Oktober 1872 folgte der Abschnitt von Sestaponi nach Poti.[8] Zum 12. August 1877 wurde mit der Stichstrecke Rioni–Kutaisi die zweitgrößte Stadt Georgiens an die Eisenbahn angeschlossen.[9] Zum 2. Mai 1883 erfolgte an beiden Streckenenden je eine Verlängerung: a) die Strecke von Tiflis nach Baku wurde in Betrieb genommen.[10] Dies führte zu vermehrtem Verkehr und einem Ausbau der gesamten Strecke. b) Mit einer in Samtredia abzweigenden Strecke wurde Batumi, der – neben Poti – zweite Schwarzmeerhafen Georgiens an die Eisenbahn angeschlossen. Poti war zuerst angeschlossen worden, weil das größere Batumi bis zum Berliner Vertrag von 1878 noch zum Osmanischen Reich gehört hatte.[11] Zunächst handelte es sich bei der Transkaukasischen Eisenbahn um einen Inselbetrieb. Erst im Jahr 1900 erreichte die Wladikawkas-Bahn Baku und damit die Bahnstrecke Poti–Baku. Ab diesem Zeitpunkt bestand Schienenanschluss an das russische Eisenbahnnetz.[12] AusbauMit der vorübergehenden Unabhängigkeit Georgiens als Georgische Demokratische Republik nach dem Untergang des Russischen Kaiserreichs wurde die Bahn 1918 Teil der Georgischen Eisenbahn.[13] Nachdem Georgien Teil der Sowjetunion geworden war, gehörte die Strecke zu den Sowjetischen Eisenbahnen (SŽD/СЖД). Zwischen 1927 und 1932 wurde sie im Rahmen der Elektrifizierungskampagne GOELRO komplett mit 3000 Volt Gleichspannung elektrifiziert.[14] Eingesetzt wurden zunächst acht aus den USA importierte Elektrolokomotiven der Baureihe S 10. Anschließend verkehrten hier in der Sowjetunion gebaute WL 19 in großer Zahl. GegenwartAm 9. April 1991 erklärte Georgien sich erneut für unabhängig. Die Strecke gehörte nun zur Georgischen Eisenbahngesellschaft. Die gesamte Strecke wurde von 2008 bis 2014 erneuert. Sie wird im Personen- und Güterverkehr bedient. Besonders wird für die Zukunft auf den Transitverkehr mit Containerzügen gesetzt, deren Fahrzeit sich durch die Modernisierung der Gesamtstrecke auf weniger als 30 Stunden reduzieren soll. Angestrebt wurden pro Jahr 65.500 Standardcontainer oder TEU[Anm. 1] zu Kosten, die bei weniger als 20 % derjenigen liegen, die beim Transport auf der Straße entstehen.[15] Auch im Rahmen des von der EU geförderten „Verkehrskorridors Europa-Kaukasus-Asien“ (TRACECA) ist die Strecke von großer Bedeutung. Der östliche Abschnitt der Strecke ist zugleich der östliche Teil der Bahnlinie Kars–Achalkalaki–Tiflis–Baku, die sich westlich über die Bahnstrecke Kars–Tiflis in die Türkei fortsetzt. Die Strecke ist auch Teil der von chinesischer Seite propagierten Neuen Seidenstraße. Technische MerkmaleAllgemeinDie Strecke ist heute 897 Kilometer lang[Anm. 2], wurde in der „russischen“ Breitspur von 1524 mm errichtet (heute: 1520 mm[Anm. 3]) und ist mit 3000 Volt Gleichstrom elektrifiziert. Querung des Lichi-GebirgesIm Bereich des Lichi-Gebirges ist die Strecke eine Gebirgsbahn. Mehrfach wurde hier die Trasse optimiert: Errichtet wurde sie mit Steigungen bis 46 ‰ und Kurvenradien bis zu 320 m. Eingesetzt wurden für diesen Abschnitt zunächst 45 Dampflokomotiven der Bauart Fairlie (Russische Baureihe Ф) sowie einige weitere gebirgsgängige Lokomotiven anderer Baureihen. Mit der Verkehrszunahme, die durch die Eröffnung der Streckenverlängerung bis Baku 1883 entstand, wurde dieser „Flaschenhals“ erstmals umgebaut. Am 16. September 1890 wurde der 4423 m lange Suramitunnel zwischen den Bahnhöfen Lichi und Zipa eröffnet.[16][17][18] Dazu musste die Strecke verlegt und vier neue Bahnhöfe gebaut werden. Dadurch konnte die maximale Steigung auf der Westrampe auf 18 ‰, auf der Ostrampe auf 10 ‰ verringert werden. Der Unterschied erklärt sich aus der vornehmlichen Transportrichtung im Güterverkehr.[19] Aber noch heute verkehren Güterzüge über den Pass mit Schiebelokomotiven.[20] Aktuell wird an einer weiteren Verbesserung des Streckenabschnitts gearbeitet: Zwischen Chaschuri und Charagauli entsteht eine 44 km lange Neubaustrecke. Durch einen 8,3 km langen Scheiteltunnel wird die Strecke erneut flacher gelegt. Das Projekt wird von chinesischen Unternehmen ausgeführt. Der Durchstich des neuen Tunnels erfolgte am 21. November 2017. Während der Bauphase kam es wiederholt zu Problemen wegen des Geschäftsgebarens des Bauunternehmens und wegen Streiks der Arbeiter an der Strecke.[21][22] Wegen mangelnder Arbeitssicherheit und eines tödlichen Arbeitsunfalls mussten die Arbeiten 2019 unterbrochen werden.[23] Ursprünglich sollte die Neubaustrecke 2019 in Betrieb gehen, tatsächlich waren 78 % erreicht.[24][25] BetriebDa zu einem erheblichen Teil Erdöl und Erdölprodukte aus Aserbaidschan zu den Schwarzmeerhäfen transportiert werden, ist der Güterverkehr durch eine Asymmetrie geprägt: Während nach Westen die entsprechenden Transporte rollen, sind in der Gegenrichtung entsprechend viele Leerzüge unterwegs.[26] Zum 29. Dezember 2018 hat die aserbaidschanischer Bahn einen Schnellverkehr mit Doppelstockzügen zwischen Baku und Gəncə eingerichtet – zunächst mit einem täglichen Zugpaar. Bei Zwischenhalten in Biləcəri, Yevlax und Goran wird für die 360 km lange Strecke bei einer Fahrzeit von 4:15 Stunden eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 85 km/h erreicht. Die vierteiligen Garnituren bieten 367 Sitzplätze in drei Klassen: 9 Sitze in der 1. Klasse, 62 Sitze in der Business-Klasse und 296 in der Standard-Klasse.[27] Im November 2021 wurde in Biləcəri ein neues Bahnbetriebswerk eröffnet.[28] Siehe auchHinweise zur Spurweite: Spurweite (Bahn), Messmethode der russischen Spur oder Russische Breitspur. Literatur
WeblinksCommons: Bahnstrecke Poti–Tbilissi–Baku – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Anmerkungen
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