Asymmetrische SyntheseAsymmetrische Synthese ist ein stereochemischer Begriff. Nach der Definition der IUPAC ist es ein traditioneller Begriff, der für die stereoselektive Synthese chiraler Verbindungen verwendet wird.[1] DefinitionenDie erste Definition des Begriffs stammt von Willy Marckwald aus dem Jahr 1904:
– Willy Marckwald: [2] Unter analytischen Vorgängen verstand Marckwald Trennvorgänge wie die Racematspaltung.[3] Weder Marckwalds noch verschiedene andere Definitionen, etwa eine J. D. Morrison und Harry Stone Mosher aus dem Jahr 1971, umfassten alles Aspekte der asymmetrischen Synthese. Günter Helmchen definierte den Begriff im Jahr 2023 auf Basis der IUPAC-Definition aus dem Jahr 1996 als
– Günter Helmchen[3] Je nach Verbleib des chiralen Auxiliars lassen sich verschiedene Arten asymmetrischer Synthesen unterscheiden. Bei der sogenannten „externen“ asymmetrischen Synthese wird das chirale Auxiliar am Ende der Reaktion unter Beibehaltung seiner Stereochemie zurückgewonnen. Verbleibt das chirale Auxiliar unter Beibehaltung seiner Stereochemie im Zielmolekül, wird von einer „internen“ asymmetrischen Synthese gesprochen. Zum Teil wurden diese beiden Arten auch als eliminative beziehungsweise nichteliminative asymmetrische Synthesen bezeichnet.[4] Überträgt das chirale Auxiliar seine stereochemischen Eigenschaften auf das Zielmolekül und verliert dabei seine eigenen stereochemischen Eigenschaften, so spricht man von einem „Asymmetrie-Transfer-Prozess“. Erfolgt die chirale Beeinflussung der Reaktion rein physikalisch, etwa durch zirkular polarisiertes Licht, wird von einer „absoluten“ asymmetrischen Synthese gesprochen.[5] Bei einer asymmetrischen Synthese entstehen nicht notwendigerweise nur asymmetrische Moleküle, das heißt, Moleküle ohne Symmetrieelemente. Gegebenenfalls entstehen auch chirale Moleküle mit Symmetrieelementen, etwa DIOP, das eine C2-Symmetrie aufweist. Um die Ungenauigkeit des Adjektivs asymmetrisch zu vermeiden, schlugen Nakazaki und Izumi 1971 daher vor, grundsätzlich nur die Begriffe enantioselektive Synthese und diastereoselektive Synthese zu verwenden.[6] GeschichteDas Konzept der asymmetrischen Synthese wurde von Emil Fischer 1894 bei seinen zuckerchemischen Studien gefunden, als er die Reaktion von D-Arabinose mit Cyanwasserstoff untersuchte. Dabei entstanden die Diastereomere D-Mannonsäurenitril und D-Gluconsäurenitril in ungleichen Mengen.[7] Nach Marckwalds Definition fiel jedoch Fischers Synthese nicht unter den Begriff der asymmetrischen Synthese. Die erste asymmetrische Synthese nach Marckwalds Definition stammt von seinem Schüler, dem schottischen Chemiker Alexander McKenzie. McKenzie nutzte als chirales Auxilliar (−)-Menthol. Durch die Veresterung von Phenylglyoxylsäure mit (−)-Menthol entstanden diastereomere α-Ketocarbonsäureester, die er durch Addition von Grignard-Verbindungen und anschließender Verseifung in (-)-2-Phenyl-2-hydroxypropionsäure umsetzte.[3] Die erste enzymkatalysierte asymmetrische Synthese gelang Leopold Rosenthaler 1908 bei der Umsetzung von Benzaldehyd mit Cyanwasserstoff zum optisch aktiven Cyanhydrin unter Katalyse von Emulsin, einer β-Glucosidase der Bittermandel. Die Hydrolyse des Produkts ergab (-)(R)-Mandelsäure.[3] BeispieleExterne asymmetrische SynthesenBei einer asymmetrischen Synthese sollte das gewünschte Enantiomer oder Diastereomer in hoher chemischer und optischer Ausbeute erhalten werden. Das chirale Produkt sollte sich leicht vom chiralen Hilfsstoff abtrennen lassen, und der Hilfsstoff sollte möglichst leicht wiedergewinnbar sein. Idealerweise sollte das chirale Auxiliar kostengünstig und in Form seiner beiden Enantiomere verfügbar sein. Für eine industriell interessante asymmetrische Synthese, etwa von Arzneistoffen, Pheromonen oder Insektiziden, sollte der Enantiomerenüberschuss größer als 95 % sein.[8] Die Zahl der bekannten externen asymmetrischen Synthesen ist sehr groß. Als Beispiel seien asymmetrischen Synthesen mit dem chiralen Enders-Reagenz genannt. Unter Anwendung der SAMP/RAMP-Hydrazonmethode können in α-Stellung chiral alkylierte Ketone und Aldehyde mit guten Enantiomeren- und Diastereomerenüberschüssen synthetisiert werden. Die Reaktion beruht auf der Bildung des Hydrazons aus dem chiralen Auxiliar und einem Keton oder Aldehyd. Der Sauerstoff der Methoxygruppe wirkt chelatisierend auf Lithiumionen enolatbildender Basen wie Lithiumdiisopropylamid. Dadurch wird die Stereoinformation, die Position der Methoxygruppe, auf das Produkt übertragen. Naturstoffe wie (S)-(+)-4-Methyl-3-heptanon, ein Alarmpheromon der Blattschneiderameise, konnten erfolgreich synthetisiert werden.[9] Weiterhin sind mit dem Enders-Reagenz asymmetrische Aldolreaktionen und asymmetrische Michael-Additionen möglich. Interne asymmetrische SynthesenBei der Umsetzung von (R)-2-Phenylpropionaldehyd mit dem Grignard-Reagenz von Brombenzol zu 1,2-Diphenyl-1-propanol entsteht ein Gemisch von Diastereomeren. Nach der Cramschen Regel entsteht jedoch vorwiegend die threo-Form.[10] Auch die von Emil Fischer untersuchte Cyanhydrinreakton der D-Arabinose gehört zu dieser Art der asymmetrischen Synthese. Asymmetrie-Transfer-ProzessEin Beispiel ist hier die Meerwein-Ponndorf-Verley-Reduktion mit chiralen Alkoholen. Wird etwa ein prochiraler Aldehyd oder Keton sowie zum Beispiel (S)-2-Butanol als chiraler Alkohol eingesetzt, entsteht dadurch Butanon und ein neuer chiraler Alkohol. Absolute asymmetrische SyntheseEs sind nur wenige Beispiele für absolute asymmetrische Synthesen bekannt. Die Forschung auf diesem Gebiet konzentriert sich auf die Photochemie mit zirkular polarisiertem Licht und die Verwendung von enantiomorphen Kristallen.[11] Die erste nachweisbare Reaktion, bei der unter dem Einfluss von zirkular polarisiertem UV-Licht ein Enantiomer im Überschuss entstand, war die Photolyse eines racemischen Gemischs von α-Azidoproprionsäuredimethylamid.[12] Bei der Reaktion handelt es sich jedoch um eine Racematspaltung. Eine weitere Methode der absoluten asymmetrischen Synthese ist die Reaktion mit enantiomorphen Kristallen prochiraler Verbindungen. Das Chalkonderivat 4,4’-Dimethylchalkon kristallisiert in der chiralen Raumgruppe P212121 . Die Umsetzung der enantiomorphen Einkristalle mit flüssigem oder gasförmigem Brom lieferte ein optisch aktives Produkt mit einer optischen Ausbeute von 6 %.[13] WeblinksCommons: Asymmetrische Synthese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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