Arthur Brehmer (* 8. Februar 1858 in Triest; † 1. Dezember 1923 in Eichgraben)[1] war ein österreichischer[2] Journalist, Herausgeber und Schriftsteller. Er war der Mitbegründer der 1898 erstmals erschienenen Berliner Morgenpost und gab 1910 die utopische Essay-Sammlung Die Welt in hundert Jahren heraus, in der der amerikanische Journalist Robert Sloss das Mobiltelefon vorhersagte. Sie wurde 2010 in Deutschland zum Wissenschaftsbuch des Jahres gewählt.
Leben
Herkunft und Ausbildung
Arthur Brehmer wurde 1858 in dem damals zu Österreich gehörenden Triest geboren. Seine Mutter war die Schriftstellerin Antonie Brehmer-Gaffron,[3] sein Vater der Geheime Generalinspektor Theodor Brehmer, der in erster Ehe mit Brehmer-Gaffrons Schwester verheiratet war. Brehmer hatte drei Geschwister, seine Schwester Octavia war die Mutter des Lyrikers Theodor Däubler, von dem ein Manuskript aus den 1920er Jahren für einen geplanten Roman über das Leben seines Onkels Arthur erhalten ist. Brehmers Tante war die Schriftstellerin Auguste Hyrtl[4], sein Onkel der Anatom Joseph Hyrtl.[5]
Ausbildung und Tätigkeit als Journalist
Arthur Brehmer studierte Medizin und Philosophie in Leipzig, Heidelberg, Graz, Innsbruck und Triest. Er war als Redakteur des Triester Tagblatt, als Herausgeber der Revue Von Pol zu Pol und als Schriftleiter der Wiener Allgemeinen Zeitung tätig.[6]
Brehmer, der später Feuilletonredakteur bei der zum Ullstein Verlag gehörenden Berliner Zeitung war,[7] war seit der Gründung der Berliner Morgenpost 1898 durch Leopold Ullstein, bis 1900 ihr erster Chefredakteur. Unter seiner Leitung erreichte die Zeitung bereits nach zwei Monaten 40.000 Abonnenten, nach drei Jahren, im Jahre 1900, 250.000,[8] eine Auflage, die bis dahin noch keine Tageszeitung in Berlin erreicht hatte.[9] Auch für die Berliner Illustrirte Zeitung, ebenso aus dem Ullstein Verlag, verfasste Brehmer Beiträge.[10][11]
Sein Erfolgsrezept war, den Schwerpunkt auf Lokal- und Boulevardjournalismus zu setzen. Brehmer selbst war als streitbarer Freigeist bekannt, der auch gerne Zeitungsenten veröffentlichte und seiner journalistischen Tätigkeit fast ausschließlich in einem Berliner Kaffeehaus nachging, während sich in seinem Büro die Korrespondenz stapelte.[12]
Trotz des sensationellen Erfolges der Berliner Morgenpost wurde Brehmer jedoch auf Grund diverser Undiszipliniertheiten im Jahr 1900 von seinem Verleger Hermann Ullstein entlassen[8][9] und ging nach Wien, wo er zusammen mit Friedrich Salomon Krauss Herausgeber der Zeitschrift Die Kunst wurde.[13]
1923 erhielt Herrmann Ullstein die Nachricht vom Tod Brehmers, woraufhin in der Berliner Morgenpost ein wohlwollender Nachruf veröffentlicht wurde. Anschließend schrieb Brehmer: „Habe nur wissen wollen, was die Leute von mir denken. Ich lebe noch.“ Zwei Wochen später starb Brehmer.[8]
Tätigkeit als Schriftsteller und Herausgeber
Brehmer publizierte mehrere utopische Romane und Erzählungen.[14] Er benutzte auch die Pseudonyme Robby Jones, Charles Blunt und Karl von Riegersheim.[6][15]
1884 veröffentlichte er in Zusammenarbeit mit seiner Mutter den Gedichtband Aus der Fremde.[3] 1899 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Charles Blunt, zusammen mit dem österreichischen Populärwissenschaftler Rudolf Falb, den humoristischen Zukunftsroman Der Weltuntergang, in dem der Protagonist einen künstlichen Planeten konstruiert, um seine Ehe zu retten.[16]
Im Jahre 1898 gab er die 700-seitige Dokumentation Am Hofe Kaiser Wilhelm II. heraus.[17] Sie erschien im Neuen Verlag, dessen Teilhaber Brehmer war.[6]
Im Jahre 1910 brachte Brehmer die utopische Anthologie Die Welt in 100 Jahren heraus, die ein zeitgenössischer Bestseller war. In ihm schrieben 23 namhafte Autoren aus Politik, Wissenschaft und Literatur, unter anderem Hermann Bahr, Ellen Key und Bertha von Suttner, Essays über ihre Vision der Welt im Jahre 2010.[18][19] Sie schrieben über die allgemeinen politischen Verhältnissen, gesellschaftliche Lebensformen und Geschlechterrollen, militärische Zukunftsentwürfe und Friedenswelten bis hin zu technologischen Entwicklungen.[20][21][22] Die Illustrationen stammten von Ernst Lübbert.[23]
Der Journalist Robert Sloss sagte in seinem Essay Das drahtlose Jahrhundert unter anderem Onlineshopping und das Mobiltelefon[24] voraus:
„Die Bürger der drahtlosen Zeit werden überall mit ihrem ‚Empfänger‘ herumgehen, einerlei, wo er auch sein wird, er wird bloß den ‚Stimm-Zeiger‘ auf die betreffende Nummer einzustellen brauchen, die er zu sprechen wünscht, und der Gerufene wird sofort seinen Hörer vibrieren oder das Signal geben können, wobei es in seinem Belieben stehen wird, ob er hören oder die Verbindung abbrechen will[25][26][21] […] Sobald die Erwartungen der Sachverständigen auf drahtlosem Gebiet erfüllt sein werden, wird jedermann sein eigenes Taschentelephon haben, durch welches er sich, mit wem er will, wird verbinden können, einerlei, wo er auch ist, ob auf der See, ob in den Bergen, ob in seinem Zimmer, oder auf dem dahinsausenden Eisenbahnzuge, dem dahinfahrenden Schiffe, dem durch die Luft gleitenden Aeroplan, oder dem in der Tiefe der See dahinfahrenden Unterseeboot. Überall wird er mit der übrigen Welt verbunden sein, mit ihr sprechen und sich mit ihr verständigen können, und er wird sie sehen, wenn er sie sehen will, und sei er auch tausend Fuß tief unter der Erde oder unter dem Spiegel des Ozeans, und wird gesehen werden in jeder, auch in der kleinsten seiner Bewegungen.“[27]
1918 folgte der von Brehmer allein verfasste phantastische Sammelband Die Geisterschar der Dschungeln[28] in der Heftreihe Kürschners Bücherschatz.
Im Jahre 2010 wurde Die Welt in 100 Jahren zum Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie „Überraschung“ gewählt.[29][30][23]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Arthur Brehmer - Deutsche Digitale Bibliothek. Abgerufen am 22. Dezember 2024.
- ↑ Arthur Brehmer. In: Wordpress. Name: Brehmer, abgerufen am 22. Dezember 2024.
- ↑ a b Antonie Brehmer-Gaffron Liebesgedichte und Biographie. In: Deutsche Liebeslyrik. Abgerufen am 22. Dezember 2024.
- ↑ Theodor Däubler. In: freilesen.de. Abgerufen am 26. Dezember 2024.
- ↑ Hyrtl, Joseph. In: Deutsche Biographie. Abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ a b c Kathrin Forster: Die Welt in 100 Jahren : wissenschaftliche Prognosen in der Literatur um 1900. Hrsg.: Universität Wien. doi:10.25365/thesis.8384 (univie.ac.at [abgerufen am 30. Dezember 2024]).
- ↑ Ein Gott hat uns beschützt. In: Der Spiegel. 22. Januar 1952, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 22. Dezember 2024]).
- ↑ a b c Lars-Broder Keil: Der Mann, der nie im Büro war. In: Axel Springer SE. 20. September 2023, abgerufen am 22. Dezember 2024.
- ↑ a b Aufstieg und Fall einer Zeitungsstadt: Wie Berlin zur Presse-Metropole wurde. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 22. Dezember 2024]).
- ↑ Görresstraße: Klein Carrara. In: friedenau-aktuell.de. Abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ 2112 - Die Welt in 100 Jahren. In: Literaturhaus Wien. Abgerufen am 2. Januar 2025.
- ↑ Von Kreuzberg nach Paris. In: Kreuzberger Chronik. Abgerufen am 28. Dezember 2024.
- ↑ Kunst. Monatszeitschrift für Kunst und alles Andere. von Brehmer, Artur u. Friedrich Krauss (Hrsg.) - Peter Altenberg (Red.):: (1904) | Rotes Antiquariat Wien. In: Zvab. Abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 24. Dezember 2024.
- ↑ August Ludwig Degener: Wer ist wer? Lübeck [etc.] Schmidt Römhild [etc.], 1950 (archive.org [abgerufen am 1. Januar 2025]).
- ↑ Endre Hárs: Weltuntergang und Doppelmonarchie •: Politische Dimensionen des Katastrophendiskurses in Kometenromanen von Maurus Jókai (1874) bis Hannes Stein (2013). In: Hungarian Studies. Band 37, Nr. 1, 17. Januar 2023, ISSN 1588-2772, S. 85–98, doi:10.1556/044.2021.00167 (akjournals.com [abgerufen am 26. Dezember 2024]).
- ↑ Arthur Brehmer: Am Hofe Kaiser Wilhelm II. Neuer Verlag, 1898 (google.com [abgerufen am 30. Dezember 2024]).
- ↑ Übersicht aller Veranstaltungen (WiSe 24/25). In: TU Dresden. Abgerufen am 24. Dezember 2024.
- ↑ Die Welt in hundert Jahren, by Arthur Brehmer. In: The Project Gutenberg. Abgerufen am 2. Januar 2025.
- ↑ Nadine Ihle: Morgen ist heute - Arthur Brehmers historischer Sammelband wirft einen Blick aus dem Jahre 1910 auf „die Welt in 100 Jahren“. In: literaturkritik.de. Abgerufen am 23. Dezember 2024.
- ↑ a b Rundschau: Bertha von Suttner vs. die Weltraumkrieger. Abgerufen am 24. Dezember 2024 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Medien: Heute ist die Zukunft von gestern. In: Gedankenstrich.org. 5. November 2010, abgerufen am 28. Dezember 2024.
- ↑ a b DIE WELT IN 100 JAHREN. In: Bilder der Wissenschaft. 18. November 2010, abgerufen am 28. Dezember 2024.
- ↑ Roland Preuß: Taschentelephon aus Kaisers Zeiten. In: Süddeutsche Zeitung. 30. Dezember 2019, abgerufen am 28. Dezember 2024.
- ↑ Die Zukunft von gestern. deutschlandfunkkultur.de, 21. Mai 2010, abgerufen am 22. Dezember 2024.
- ↑ Das Telefon in der Westentasche. deutschlandfunk.de, 7. September 2010, abgerufen am 22. Dezember 2024.
- ↑ Drollige Zukunftsforschung. In: deutschlandfunk.de. 23. Mai 2010, abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ 1870-1918. Lexikon der deutschen Science Fiction & Fantasy, abgerufen am 26. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Wissensbuch des Jahres - Literaturpreis Gewinner. In: Bilder der Wissenschaft. Abgerufen am 28. Dezember 2024.
- ↑ DIE PREISVERLEIHUNG 2010. In: Bilder der Wissenschaft. 21. Dezember 2010, abgerufen am 28. Dezember 2024.