Arnold Odermatt trat 1948 in die Nidwaldner Polizei ein. Unfallorte, zu denen er gerufen wurde, fotografierte er mit einer Rolleiflex, um das polizeiliche Protokoll mit Fotos zu ergänzen. In einer alten Toilette des Wachtpostens in Stans richtete er eine provisorische Dunkelkammer ein. Als die Wache Jahre später in ein neues Gebäude umzog, erhielt der vielleicht erste Polizeifotograf der Schweiz ein eigenes Labor.
Sein Vorbild war der Magnum-Fotograf Werner Bischof. Er traf ihn zufällig – ohne ihn zu erkennen –, als er bei einem Sicherheitseinsatz auf dem Bürgenstock den Schauspieler Charlie Chaplin fotografieren wollte. Odermatts eigener Stil war geprägt von strenger Sachlichkeit und konsequenter Reduktion auf das Wesentliche. Der spartanische sprachliche Ausdruck, der seine Polizeiberichte auszeichnete, findet sich auch in Odermatts Aufnahmen. Die handwerkliche Meisterschaft ist unbestreitbar, nichts Wichtiges entging seinem fotografischen Auge. In Karambolage, seiner bekanntesten Werkgruppe, sind nicht die versehrten Opfer zu sehen, sondern Autowracks als der Realität entrückte, surreale Schrottskulpturen.
Vierzig Jahre lang hielt Odermatt den Nidwaldner Polizeialltag in Fotos fest. Nur gelegentlich interessierte sich die Lokalpresse, das Gericht oder eine Versicherung für seine Aufnahmen. Anfang der 1990er-Jahre wurden seine Fotografien von seinem Sohn, dem Regisseur Urs Odermatt, bei den Recherchen zu dessen Spielfilm Wachtmeister Zumbühl entdeckt und zu einem zentralen Thema der Geschichte gemacht. Urs Odermatt stellte die Arbeiten zu den Werkgruppen Karambolage, Im Dienst, In zivil, Feierabend und Die Nidwaldner zusammen und gibt seither das Werk heraus.
Odermatt starb am 19. Juni 2021 in seinem Zuhause in Stans im Alter von 96 Jahren an den Folgen einer Alzheimererkrankung.[2]
2017 – Arnold Odermatt – Solo Show. Paris Photo, Paris.
2020 – Die unglaublichen Bilder des Arnold Odermatt. Galerie im Stift, Bad Hersfeld.
2020 – Arnold Odermatt – Polizist, Photograph, Schweizer. Kunsthalle Erfurt. Mit der Installation Die Dunkelkammer des Arnold Odermatt von Jasmin Morgan.
2021 – Hommage à Arnold Odermatt. Simon Studer Art, Genf.
Arnold Odermatt: Karambolage. Museum Morsbroich, Leverkusen 2002, ISBN 3-925520-64-3.
Arnold Odermatt: Die Biennale-Auswahl. 32 Photographien für Venedig 2001. Mit einem Text von Harald Szeemann. Galerie Springer & Winckler, Berlin 2002, ISBN 3-00-009666-3.
Arnold Odermatt: Meine Welt. Photographien/Photographs 1939–1993. Herausgegeben von Urs Odermatt. Benteli Verlag, Bern 1993, 2001 und 2006, ISBN 3-7165-0910-8. Kodak-Fotobuch-Preis 1993.
Arnold Odermatt: Karambolage. Herausgegeben von Urs Odermatt. Deutsch, Französisch, Englisch. Steidl Verlag, Göttingen 2003, ISBN 3-88243-866-5.
Arnold Odermatt: Im Dienst. En service. On Duty. Herausgegeben von Urs Odermatt. Steidl Verlag, Göttingen 2006, ISBN 3-86521-271-9. Deutscher Fotobuchpreis 2008.
Arnold Odermatt. Mit einem Text von Caroline Recher. Diaphane éditions, Montreuil sur Brèche 2012, ISBN 978-2-919077-12-0.
Caroline Recher: Arnold Odermatt, par-delà les sept montagnes. L’œil candide de l’artiste non-homologué. In: Études photographiques 28, Paris 2011.
Arnold Odertmatt: Karambolage.Herausgegeben von Urs Odermatt. Steidl Verlag, Göttingen 2013. ISBN 978-3-88243-866-6
Arnold Odermatt: Feierabend. Après le boulot. After Work. Herausgegeben von Urs Odermatt. Steidl Verlag, Göttingen 2016. ISBN 978-3-86930-973-6.
Arnold Odermatt: Ein gutes Bild muss scharf sein! Herausgegeben von Markus Hartmann. Hartmann Projects, Stuttgart 2017. ISBN 978-3-96070-009-8.
Film
In den 1960er-Jahren dokumentierte Odermatt den frühen Autobahnbau bei Acheregg und am Loppertunnel mit umfangreichem Foto- und 16-mm-Schwarzweiss-Filmmaterial. Urs Odermatt hat 1991 aus diesem historischen Filmmaterial den Dokumentarfilm Lopper zusammengestellt.
In Wachtmeister Zumbühl erzählt Urs Odermatt die Geschichte eines leidenschaftlich fotografierenden Polizisten. Arnold Odermatt fotografiert als Standfotograf sein Alter Ego Michael Gwisdek, der die Titelfigur spielt.