André Kaczmarczyk

André Kaczmarczyk (links) und weitere Ensemblemitglieder des Düsseldorfer Schauspielhauses auf dem Eröffnungsfest der Spielzeit 2016/17

André Kaczmarczyk (* 1986 in Suhl[1]) ist ein deutscher Schauspieler und Regisseur.

Leben

Ausbildung und Theater

André Kaczmarczyk wurde in Suhl geboren und wuchs in Eisenach auf.[2] Dort besuchte er den musisch-künstlerischen Zweig am Elisabeth-Gymnasium.[2] Er war in verschiedenen Jugendtheaterprojekten aktiv, zunächst Mitglied im Jugendclub am „Freien Eisenacher Burgtheater“ und, nach dessen Schließung, im Jugendclub des Landestheaters Eisenach.[2][3] Nach dem Abitur verkörperte er im Sommer 2005 den jungen Martin Luther im historischen Mittelalterspiel Luther – das Fest auf der Eisenacher Freiluftbühne.[2] Beim Luther-Fest trat er auch später auf, so im Jahr 2007 als Luthers Famulus Georg Rörer und 2009 als Teufel.[4][5]

Seine professionelle Theaterkarriere begann Kaczmarczyk im Jahr 2004 am Landestheater Eisenach. 2005 wechselte er an das Hans Otto Theater Potsdam, zu dessen Ensemble er bis 2007 gehörte. Hier absolvierte er auch sein Freiwilliges Soziales Jahr.[2] 2006 übernahm er am Hans-Otto-Theater die Rolle des jungen Soldaten in der Uraufführung von David Salz, einer szenischen Collage nach einer Idee von Lea Rosh über den gleichnamigen Auschwitz-Überlebenden (Regie Uwe Eric Laufenberg).[6] Im September 2006 spielte er am Hans Otto Theater außerdem die Rolle des André, des Lebensgefährten der weiblichen Hauptfigur, in der deutschen Erstaufführung des Stücks Sicherheitsabstand des Kanadiers Frédéric Blanchette.[7]

Kaczmarczyk studierte von 2006 bis 2009 Schauspiel an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin.[2] Von 2007 bis 2010 trat er regelmäßig am bat-Studiotheater der Hochschule auf, unter anderem in der Rolle des Schriftstellers in Die Jagdgesellschaft und als Lenz in einer Bühnenfassung der Erzählung Lenz von Georg Büchner. Am Maxim-Gorki-Theater in Berlin gab er 2008 den Rosencrantz in Hamlet (Regie: Tilmann Köhler).[8] 2010 hatte er ein Engagement am Volkstheater Rostock. Er spielte 2010 außerdem in Orfeo – Love will tear us apart, einer Produktion der Kunstfestspiele Herrenhausen in Hannover, und in einer Bühnenfassung des Romans Berlin Alexanderplatz an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin unter der Regie von Volker Lösch.

Von 2011 an war Kaczmarczyk am Staatsschauspiel Dresden tätig, von der Spielzeit 2013/14[1] bis 2016 als festes Ensemblemitglied. Am Staatsschauspiel Dresden trat er unter anderem als Jessica in Shakespeares Tragikomödie Der Kaufmann von Venedig (in einer reinen Männerbesetzung, Premiere September 2011, Regie Tilmann Köhler), als Spelunken-Jenny in Brecht/Weills Die Dreigroschenoper, als Goylbastard Nerron in der Uraufführung des Kinder- und Familientheaterstücks Reckless II – Lebendige Schatten von Cornelia Funke (Uraufführung Oktober 2012) und als Kevin „Princess“ Marley in der Uraufführung von Fast ganz nah (euer Krieg ist unser Krieg) von Pamela Carter (ein Werkauftrag der Bundeszentrale für politische Bildung, Uraufführung April 2013) auf. In Dresden spielte er den „Hallodri“ Alfred in Horváths Schauspiel Geschichten aus dem Wiener Wald (Premiere Spielzeit 2013/14, Regie Barbara Bürk), Nikolai in Dostojewskis Die Dämonen (Premiere Spielzeit 2013/14, Regie Friederike Heller) und den Narren Touchstone in Shakespeares Wie es euch gefällt (Premiere Spielzeit 2014/15, Regie Jan Gehler).[9][10][11]

In der Spielzeit 2014/15 übernahm Kaczmarczyk am Dresdner Staatsschauspiel die Titelfigur in Dantons Tod in einer Neuinszenierung von Friederike Heller.[12] In der Spielzeit 2015/16 spielte er in einer Inszenierung von Matthias Hartmann die Rolle des Fürsten Myschkin in einer Bühnenfassung von Dostojewskis Roman Der Idiot.[13][14] In der Spielzeit 2015/16 stand Kaczmarczyk in der Rolle der Operndiva Ildebranda Cuffari in einer Bühnenfassung des Films Fellinis Schiff der Träume auf der Bühne.[15] Mehrere Spielzeiten war er in Dresden auch, an der Seite von Lea Ruckpaul als Isa, als Tschick in der Bühnenadaption des gleichnamigen Romans von Wolfgang Herrndorf zu sehen. Diese Rolle spielte er nochmals in seiner letzten Spielzeit als festes Mitglied des Staatsschauspiels Dresden 2015/16.

Ab der Spielzeit 2016 bis 2022 war er unter dem neuen Intendanten Wilfried Schulz festes Ensemblemitglied am Düsseldorfer Schauspielhaus.[16] Dort spielte er zu Beginn der Spielzeit 2016/17 die Rolle des Enkidu im Epos Gilgamesh in einer Bühnenbearbeitung von Raoul Schrott.[17] Weitere Rollen waren die des Macbeth in der Spielzeit 2021/22 und Richard III. in der Spielzeit 2023/24.[18] Seit der Spielzeit 2022/2023 arbeitet er wieder freischaffend als Schauspieler und Regisseur.[19]

Kaczmarczyk erarbeitet auch eigene, oft musikalische Formate. In der Spielzeit 2016/17 brachte er in Düsseldorf den Ensemble-Liederabend Heart of Gold auf die Bühne.[20] In der Sammlung Philara hatte in der Spielzeit 2017/18 die gemeinsam mit Felix Krakau entstandene Produktion Jeff Koons Premiere, eine szenische Installation nach dem gleichnamigen Stück von Rainald Goetz.[21] Seine Bühnenfassung von Alice nach Lewis Carroll hatte als Musiktheater im Oktober 2020 am Schauspielhaus Düsseldorf Premiere.[22]

Kaczmarczyk lebt in Düsseldorf-Flingern.[23]

Film, Fernsehen und Hörspiel

Kaczmarczyk wirkte auch in Film- und Fernsehproduktionen sowie in einigen Kurzfilmen mit. In der am 4. Dezember 2010 im Rahmen der ZDF-Fernsehdokumentationsreihe Die Deutschen erstausgestrahlten Episode Ludwig II. und die Bayern (Staffel 2; Teil 8) verkörperte er den Märchenkönig Ludwig II. von Bayern.[2] 2011 hatte er eine kleine Rolle (als Titania) in dem Historien-Thriller Anonymus von Roland Emmerich. In dem 2010 gedrehten Kurzspielfilm Der Sandmann, der nach der gleichnamigen Erzählung von E. T. A. Hoffmann entstand und im April 2012 seine TV-Premiere hatte, spielte er den Dichter Nathanael.[2][24]

2012 hatte er eine Episodenrolle in der ARD-Krimiserie Heiter bis tödlich: Akte Ex als junger Künstler Tobias Krüger.[25] Im selben Jahr war Kaczmarczyk auch in zwei Märchenfilmen zu sehen: als junger König Jakob in Allerleirauh (Das Erste; Dezember 2012) und als Prinz Markus in Die sechs Schwäne (ZDF, Dezember 2012); beiden Rollen gab er „vielschichtige charakterliche Züge“.[26]

Im November 2015 war Kaczmarczyk in der ARD-Serie In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte als Heiko „Ralle“ Rallburg zu sehen. Er spielte den kriminellen besten Freund von Assistenzarzt Elias Bähr (Stefan Ruppe) aus gemeinsamen Schultagen.[27] In dem ZDF-Fernsehkrimi München Mord: Wo bist Du, Feigling? (Erstausstrahlung: September 2016) war er in der Rolle des Niklas Bernhard zu sehen.[28] In der 9. Staffel der ZDF-Krimiserie Die Chefin (Erstausstrahlung ab August 2018) hatte er eine Episodenhauptrolle als Anton Berger; er verkörperte, an der Seite von Franz Pätzold den Inhaber einer Münchner Software- und IT-Firma und Bruder eines psychopathischen Mehrfachmörders.

Seit Januar 2022 ist er als Vincent Ross der erste genderfluide[29] Polizeiruf-110-Kommissar und Nachfolger von Maria Simon (alias Olga Lenski). Er bildete zusammen mit Lucas Gregorowicz (alias Adam Raczek) bis 2022 ein polnisch-deutsches Ermittlerduo.[30][31]

André Kaczmarczyk wirkte als Hörspielsprecher auch in verschiedenen Hörspielproduktionen des Rundfunk Berlin-Brandenburg, von Deutschlandfunk Kultur und BBC Radio mit.

Auszeichnungen

2003 wurde Kaczmarczyk mit dem Jugendkulturpreis der Stadt Eisenach ausgezeichnet.[3] 2017 erhielt er den Publikumspreis Gustaf des Vereins der Freunde des Düsseldorfer Schauspielhauses,[32] 2018 neben Lou Strenger, Lieke Hoppe und Kilian Ponert ebenfalls.[33]

Theatrografie (Düsseldorfer Schauspielhaus)

Als Schauspieler

Als Regisseur

Filmografie

Einzelnachweise

  1. a b André Kaczmarczyk (Memento vom 25. Juni 2013 im Internet Archive). Vgl. Vita auf staatsschauspiel-dresden.de
  2. a b c d e f g h Eisenacher als Märchenkönig Ludwig II. In: Thüringer Allgemeine vom 7. Dezember 2010. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  3. a b André Kaczmarczyk (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) Vita (Offizielle Internetpräsenz Maxim-Gorki-Theater)
  4. „Geschichte zum Anfassen“ - Opel-FAHR lud „Luther-Schauspieler“ in Barockstadt ein. Osthessen-News vom 14. August 2007. Abgerufen am 17. Oktober 2016
  5. Lutherverein steht im Konflikt um doppeltes Musical. In: Thüringer Allgemeine vom 3. September 2011. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  6. Hört das nie auf?. In: Berliner Zeitung vom 28. April 2006 (Produktionsdetails und Besetzung)
  7. Gefühle auf dem Seziertisch (Memento des Originals vom 12. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pnn.de. Aufführungskritik in: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 25. September 2006
  8. Hamlet Besetzungsliste (Memento vom 1. Juli 2013 im Webarchiv archive.today). Besetzungsliste
  9. Rasante Orgie. Aufführungskritik. In: Süddeutsche Zeitung vom 27. Februar 2015. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  10. Ein Glashaus voller Orientierungsloser. Aufführungskritik. In: Freie Presse vom 2. Juni 2014. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  11. Asyl auf der Augenweide. Aufführungskritik. Nachtkritik.de vom 17. Januar 2015. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  12. Tugend, Terror und Lebensgier in Zeiten der Revolution. Aufführungskritik. In: Meißner Tagblatt vom 18. Mai 2015. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  13. Matthias Hartmann inszeniert Dostojewskis „Der Idiot“ am Dresdner Staatsschauspiel: Narr unter Narren (Memento des Originals vom 17. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lvz.de. Aufführungskritik. In: Leipziger Volkszeitung vom 18. Januar 2016. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  14. Theater: Er ist wieder da. Aufführungskritik. In: Süddeutsche Zeitung vom 17. Januar 2016. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  15. Dresdner Abschied auf dem schiff der Träume. Aufführungskritik. In: Meißner Tagblatt vom 18. Mai 2015. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  16. Düsseldorfer Schauspielhaus: Schulz stellt sein Ensemble vor. rp-online.de vom 1. März 2016. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  17. Schauspiel Düsseldorf startet: Grandiose „Gilgamesh“-Inszenierung. Aufführungskritik. In: Neue Osnabrücker Zeitung vom 16. September 2016. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  18. André Kaczmarczyk. In: dhaus.de, abgerufen am 3. Februar 2024.
  19. André Kaczmarczyk beim Düsseldorfer Schauspielhaus, abgerufen am 13. Oktober 2024
  20. Düsseldorf: Große Lieder von der Liebe. Aufführungskritik. Abgerufen am 28. März 2018.
  21. Düsseldorf: Wo Koons draufsteht, ist Kunst drin. Aufführungskritik. Abgerufen am 28. März 2018.
  22. Andreas Wilink: André Kaczmarczyk inszeniert scheinhaft schönes Musiktheater nach Lewis Carroll: „Flieg auf, kleine Tränenfee!“, Premieren-Rezension auf nachtkritik.de vom 29. Oktober 2020, abgerufen am 1. November 2020.
  23. André Kaczmarczyk: Bei ihm treffen sich Geld und Liebe. In: Westdeutsche Zeitung vom 8. Dezember 2016. Abgerufen am 28. März 2018.
  24. Der Sandmann Theaterfilm nach E.T.A. Hoffmann, Deutschland 2012. Offizielle Internetpräsenz 3sat. Abgerufen am 17. Oktober 2016
  25. Heiter bis tödlich - Akte Ex Folge: (5) Schweinskram (Besetzung und Inhalt)
  26. Prinzen für Constanze und Lotte: Sehenswert: Fünf neu verfilmte Grimms Märchen auf ARD und ZDF. In: Neue Osnabrücker Zeitung vom 23. Dezember 2012. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  27. In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte. Szenenfoto. Abgerufen am 17. Oktober 2016
  28. Reihe „München Mord – Wo bist du, Feigling?“; Fernsehkritik bei Tittelbach.tv (mit Szenenfotos). Abgerufen am 17. Oktober 2016.
  29. Elmar Krekeler: „Polizeiruf 110“: André Kaczmarczyk, der erste genderfluide Kommissar. In: DIE WELT. 30. Januar 2022 (welt.de [abgerufen am 3. Februar 2022]).
  30. André Kaczmarczyk wird Kommissar im „Polizeiruf 110“. In: Westdeutsche Zeitung. 7. Juli 2020, abgerufen am 9. Januar 2021.
  31. Julia Müller: André Kaczmarczyk: Salzburger Festspiele und Polizeiruf 110. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. 16. Juli 2020, abgerufen am 9. Januar 2021.
  32. André Kaczmarczyk. In: dhaus.de. Abgerufen am 27. März 2018.
  33. Regina Goldlücke: Thaterpreis-Gustaf in Düsseldorf verliehen. In: rp-online.de. Abgerufen am 19. September 2018.