Das 38. 24-Stunden-Rennen von Le Mans, der 38e Grand Prix d’Endurance les 24 Heures du Mans, auch 24 Heures du Mans, Circuit de la Sarthe, Le Mans, fand vom 13. bis 14. Juni 1970 auf dem Circuit des 24 Heures statt.
Nachdem Porsche den Gesamtsieg im Vorjahr nur ganz knapp verfehlt hatte, wollte die Führung der Rennmannschaft in Zuffenhausen nichts mehr dem Zufall überlassen. Zu Beginn der Saison schloss Porsche eine Vereinbarung mit John Wyer und machte damit dessen britischen Rennstall zu einem Werksteam. John-Wyer-Automotive-Rennleiter John Horsman hatte bei Testfahrten für das 1000-km-Rennen von Zeltweg die rettende Idee, die das diffizile Fahrverhalten des Porsche 917 nachhaltig verbesserte. Er ließ am Heck der Wagen kleine Aluminiumleisten anbringen, die dem Wagen eine verbesserte Stabilität gaben. Diese Kurzheckversionen setzte Wyer in der Marken-Weltmeisterschaft ein, wo das Team von Sieg zu Sieg eilte.
Nach Le Mans kam das Wyer-Team mit drei Fahrzeugen. Pedro Rodríguez, der 1968 das Rennen für John Wyer auf einem Ford GT40 gewonnen hatte, teilte sich seinen 917 mit dem Finnen Leo Kinnunen. David Hobbs und Mike Hailwood, im Vorjahr Dritte in der Gesamtwertung, pilotierten den zweiten Porsche. Das schnellste Duo bildeten die beiden Porsche-Werksfahrer Jo Siffert und Brian Redman.
Martini Racing, das Team von Hans-Dieter Dechent, setzte einen der schnellen 917 Langheck ein. Gefahren wurde der Wagen von Gérard Larrousse und Willi Kauhsen. Das Team setzte auch einen schon in die Jahre gekommenen Porsche 908 Langheck ein, den die beiden Österreicher Helmut Marko und Rudi Lins steuerten. Der 908 war zwar bei Weitem nicht so schnell wie der 917, galt aber als besonders standfest und somit als „sichere Variante“.
Enzo Ferrari hatte 1969 Firmenanteile an FIAT verkauft und investierte einen Teil des Erlöses in den Bau der nötigen 25 Exemplare eines Fünfliter-Sportwagens. Zum Ende des Jahres 1969, ein gutes halbes Kalenderjahr und eine volle Rennsaison später als der 917, wurde der 512S vorgestellt und die durch das Reglement verlangte Kleinserie produziert.
Autodelta kam mit vier Alfa Romeo Tipo 33 nach Le Mans. Bei Alfa Romeo verstand man den Auftritt als weiteres Lehrjahr, da den Verantwortlichen des italienischen Teams klar war, dass die Spyder wohl kaum ohne technische Probleme durchfahren würden. Als Spitzenfahrer wurde neben dem Deutschen Rolf Stommelen der britische Formel-1-Pilot Piers Courage verpflichtet.
Das Kamera-Auto
Ein besonderes Privileg wurde dem US-amerikanischen Schauspieler Steve McQueen zuteil. Die Meldung, gemeinsam mit Jackie Stewart, auf einem Porsche 917 am Rennen teilzunehmen, wurde vom Automobile Club de l’Ouest zwar abgewiesen, aber die Offiziellen erlaubten die Teilnahme eines Kamerawagens, um authentisches Material für seinen Le-Mans-Film zu drehen. Gefahren wurde der Porsche 908 – der mit drei Kameras bestückt war – von Herbert Linge und Jonathan Williams.
Als Starter fungierte der Porsche-Miteigentümer Ferry Porsche.
Das Rennen
Im Training hatte Vic Elford die Zeit von Rolf Stommelen aus dem Vorjahr um 3 Sekunden unterboten. Die Rundenzeit von 3.19.080 entsprach einem Schnitt von 242,685 km/h. So schnell war noch nie ein Rennwagen in Le Mans gefahren.
Der traditionelle Le-Mans-Start war in seiner alten Form Geschichte. Die Rennwagen wurden zwar noch immer schräg zu Fahrbahn, in der Reihenfolge der Trainingszeiten, aufgestellt. Die Piloten mussten jedoch nicht mehr über die Straße laufen, um zu ihren Autos zu gelangen, sondern saßen bereits angegurtet in den Boliden, als die Startflagge fiel.
Ferrari-Desaster in Maison Blanche
In der zweiten Rennstunde des Rennens ereignete sich für Ferrari eine regelrechte Katastrophe, als der Schwede Reine Wisell, der sich einen Ferrari 512 der Scuderia Filipinetti mit Jo Bonnier teilte, durch eine ölverschmierte Frontscheibe behindert, in langsamer Fahrt an die Boxen kam. Clay Regazzoni im Werks-Ferrari konnte nicht rechtzeitig ausweichen und fuhr in den Wagen von Wisell. Mike Parkes, der mit dem zweiten Filipinetti-512 dichtauf folgte, hatte keine Chance mehr, den querstehenden Autos auszuweichen und komplettierte das Crash-Trio. Zu allem Übel nahte dem Unglücksort Derek Bell, der stark abbremste und einen weiteren Unfall vermied, dabei den Motor seines Ferrari aber überdrehte und ebenfalls ausschied. Mit einem Schlag waren vier 512er eliminiert. Es kam aber noch schlimmer. In der Nacht hatte der an zweiter Stelle liegende Jacky Ickx einen schweren Unfall, der einen Streckenposten tötete. Nur das US-Duo Sam Posey und Ronnie Bucknum für das North American Racing Team und der 512 der Ecurie Francorchamps, mit Alistair Walker und Hughes de Fierlant am Steuer, kamen durch und belegten den vierten bzw. fünften Gesamtrang, allerdings mit bereits mehr als 400 km Rückstand auf den siegreichen Porsche.
Der weitere Rennverlauf
Zu diesem Zeitpunkt war der Porsche 917 von Rodríguez/Kinnunen mit einem defekten Kühler ausgefallen und der Werks-Ferrari von Vaccarella/Giunti mit Motorschaden ausgerollt. Als Mike Hailwood knapp nach dem Ferrari-Desaster in den Porsche-Kurven einen Unfall hatte, waren sieben Fahrzeuge der zehn Trainingsschnellsten nach 1 ½ Rennstunden ausgeschieden. Damit verlor das Rennen schon zu Beginn an Spannung.
Mit ein Grund für die vielen Ausrutscher war Regen, der bis zum Einbruch des Abends immer stärker wurde. Alle drei Matra fielen durch defekte Zylinder noch vor Mitternacht aus. Auch von den Alfa Romeos kam keiner ins Ziel. Für das John-Wyer-Team endete das Rennen ebenfalls noch am Samstag. Jo Siffert überdrehte – in Führung liegend – den Motor seines Porsches bei einer Überrundung und musste aufgeben.
Bis zur 18. Rennstunde führte der Elford/Ahrens-Porsche, dann streikte der neue 4,9-Liter-Motor. Ausgerechnet Hans Herrmann, der im Vorjahr das Rennen so knapp gegen Jacky Ickx verloren hatte, fuhr den ersten Porsche-Gesamtsieg in Le Mans ein. Das Porsche-Austria-Team führte einen Porsche-Dreifachsieg an. Hans Herrmann, ein Veteran des Motorsports, der sein Formel-1-Debüt 1954 gegeben hatte und noch bei der Mille Miglia am Start war, erklärte bei der Pressekonferenz nach dem Rennen seinen Rücktritt vom Rennsport.
16 Fahrzeuge – darunter auch der Kamerawagen – kamen ins Ziel, aber nur sieben wurden gewertet. Schon vor dem Rennen wurde die über die Jahre an Attraktionen nicht gerade arme Veranstaltung um eine weitere beraubt. Ein Team aus den Bahamas verpasste die Qualifikation. Es wäre das erste Rennteam aus dem Inselstaat gewesen, das am 24-Stunden-Rennen teilnimmt.
SchweizRico Steinemann SchweizDieter Spoerry Vereinigtes Konigreich Vic Elford Deutschland Kurt Ahrens Deutschland Hans Herrmann Vereinigtes Konigreich Richard Attwood
1 zurückgezogen
2 Unfall im Training
3 Ersatzwagen
4 nicht qualifiziert
Nur in der Meldeliste
Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.
Pos.
Klasse
Nr.
Team
Fahrer
Chassis
Motor
Reifen
58
S 5.0
13
Bahamas 1953 Grand Bahama Racing
Vereinigtes Konigreich Mike d'Udy AustralienFrank Gardner
Ferrari 512S
Ferrari 5.0L V12
59
S 3.0
41
Spanien 1945 Escuderia Montjuich
Spanien 1945 José Juncudella Spanien 1945 Juan Fernandez Vereinigtes KonigreichGordon Spice
Porsche 908/02
Porsche 3.0L Flat-8
60
P 3.0
43
Vereinigtes Konigreich Donald Healey Motor Company