2,4,6-Tri-tert-butylphenol
2,4,6-Tri-tert-butylphenol (2,4,6-TTBP) ist ein mit drei tert-Butylgruppen symmetrisch substituiertes und dadurch stark sterisch gehindertes Phenol. Der hohe Substitutionsgrad macht 2,4,6-TTBP zu einem leicht oxidierbaren elektronenreichen Aromaten und zu einer sehr schwachen Säure. Das durch Oxidation entstehende tiefblaue 2,4,6-Tri-tert-butylphenoxy-Radikal ist mehrere Wochen bei Raumtemperatur stabil.[8] Im Gegensatz zu anderen Alkylphenolen ist die Verbindung im Alkalischen praktisch unlöslich und zeigt auch nicht die charakteristische Färbung von Phenolen mit Eisen(III)-chlorid. 2,4,6-TTBP wird als Antioxidans in industriellen Anwendungen eingesetzt. Vorkommen und DarstellungBereits 1890 erhielt Wilhelm Koenigs bei der Umsetzung von Phenol mit dem verzweigten Alken Isoamylen (Isopenten, 2-Methyl-2-buten) und katalytischen Mengen konzentrierter Schwefelsäure komplexe Stoffgemische unklarer Zusammensetzung – vermutlich aus Phenylalkylethern und Alkylphenolen – und folgerte richtig, dass „auch in diesem Falle scheinbar eine directe Addition eines ungesättigten Kohlenwasserstoffs an eine aromatische Substanz statt[findet]“.[9] Weitere Arbeiten zeigten, dass bei der elektrophilen aromatischen Substitution von Phenol mit Isobuten (2-Methyl-2-propen) in Gegenwart von Friedel-Crafts-Katalysatoren, wie z. B. Aluminiumchlorid, Bortrifluorid, sauren Ionenaustauschern oder Aluminiumphenolaten[10] Produktgemische entstehen, die neben relativ wenig 2,4,6-TTBP die Monosubstitutionsprodukte 2-tert-Butylphenol (2-TBP) und 4-tert-Butylphenol (4-TBP), sowie die Disubstitutionsprodukte 2,4-Di-tert-butylphenol (2,4-DTBP), 2,6-Di-tert-butylphenol (2,6-DTBP) und 2,5-Di-tert-butylphenol (2,5-DTB) enthalten. Auch unter milden Reaktionsbedingungen, wie z. B. mit tert-Butanol als Reaktand und der ionischen Flüssigkeit TEBSA-HSO4 (aus 1,4-Butansulton, Triethylamin und Schwefelsäure)[11] als Katalysator und Lösungsmittel – Bedingungen, die als Grüne Chemie klassifiziert werden – fallen Produktgemische an, die in diesem Fall vorwiegend 2,4-DTBP enthalten.[12] Aus den Produktgemischen können die niedrigsubstituierten Phenolderivate destillativ isoliert werden. Das 2,4,6-TTBP kann von dem nur schwer abtrennbaren Nebenprodukt 2,5-DTBP durch Schmelzkristallisation in sehr hoher Reinheit (> 99,9 %) separiert werden.[13] 2,4,6-Tri-tert-butylphenol fällt auch als (meist unerwünschtes) Nebenprodukt bei der Synthese der in größeren Mengen als Antioxidantien eingesetzten Disubstitutionsprodukte 2,4-DTBP und 2,6-DTBP an. Die gezielte Synthese von 2,4,6-Tri-tert-butylphenol, die sich wegen ihrer Einfachheit – nur flüssige Reaktanden – auch als Praktikumsversuch eignet, geht aus von Phenol, überschüssigem Methyl-tert-butylether (MTBE) als Alkylierungsmittel (über das intermediär gebildete tertiäre Carbeniumion) und Schwefelsäure als Katalysator, wobei 2,4,6-TTBP in 69%iger Ausbeute erhalten wird.[14] Phenol reagiert bei Temperaturen von 50–60 °C in Gegenwart saurer Katalysatoren, wie z. B. Schwefelsäure oder Aluminiumchlorid und einem Überschuss an gasförmigem Isobuten in Ausbeuten bis 90 % zu 2,4,6-Tri-tert-butylphenol.[4] Eigenschaften2,4,6-Tri-tert-butylphenol ist ein gelblicher Feststoff, der sich in vielen organischen Lösungsmitteln löst, nicht jedoch in wässrigen oder alkoholischen Alkalilösungen. Die für Phenole charakteristische grün-blaue Färbung mit Eisen(III)-chlorid tritt bei 2,4,6-TTBP nicht auf. Die Verbindung ist an der Luft oxidierbar, aber praktisch nicht bioabbaubar.[5] Als elektronenreicher Aromat ist 2,4,6-Tri-tert-butylphenol auch elektrochemisch leicht zu oxidieren.[15] Dabei wird im Alkalischen das gebildete Phenolat-Anion zunächst in einer reversiblen Reaktion zum Phenoxy-Radikal oxidiert. Das stabile Radikal wird durch weiteren Elektronenentzug zum Phenoxonium-Kation oxidiert, das in Wasser zum 2,4,6-Tri-tert-butyl-4-hydroxy-2,5-cyclohexadienon reagiert. In sauren Medien wird das Hydroxydienon unter Abspaltung der tert-Butylgruppe in 4-Stellung zum 2,6-Di-tert-butylhydrochinon dealkyliert, das zum Endprodukt 2,6-Di-tert-butyl-1,4-benzochinon oxidiert wird. Die Oxidation von 2,4,6-Tri-tert-butylphenol im Alkalischen zum intensiv blau gefärbten Phenoxy-Radikal kann auch mit Kaliumhexacyanidoferrat(III) erfolgen.[14] Das 2,4,6-Tri-tert-butylphenoxy-Radikal bildet bei Abkühlen auf −70 °C blaue Kristalle, die bei Raumtemperatur mehrere Wochen stabil sind und sich nur allmählich gelb färben.[8] Das Phenoxy-Radikal reagiert mit Luftsauerstoff als Diradikal unter Bildung eine 4,4′-verknüpften Peroxids, das gelbe Kristalle bildet.[16] AnwendungenDas elektronenreiche 2,4,6-Tri-tert-butylphenol lässt sich leicht zum Phenoxyradikal oxidieren, das in 4-Stellung Phenole,[17][18] ebenso wie Alkohole und Thiole[19] zu den entsprechenden Cyclohexadienonen addiert. Die in der Literatur auch als Chinolether bezeichneten Cyclohexadienone spalten beim Erhitzen im Sauren die 4-ständige tert-Butylgruppe ab und aromatisieren zum substituierten Phenol. Die Reaktion kann zur Synthese des als Antioxidans häufig verwendeten 2,6-Di-tert-butyl-4-methoxyphenols eingesetzt werden. 2,4,6-Tri-tert-butylphenol wird wie die anderen mehrfach alkylierten Alkylphenole als Stabilisatoren, Radikalfänger und Antioxidantien in technischen Anwendungen, wie z. B. in Treibstoffen, Hydraulikflüssigkeiten und Schmierölen, ebenso wie in elastomeren und thermoplastischen Kunststoffen eingesetzt. Wegen seiner ausgeprägten Persistenz, seiner hohen Neigung zu Bioakkumulation und aquatischen Toxizität findet 2,4,6-TTBP nur geringe industrielle Verwendung und ist z. B. in Japan verboten. Das Phenoxyradikal aus 2,4,6-TTBP ist auch als sterisch anspruchsvolle Schutzgruppe in einem Reagens zur Übertragung einer nukleophilen Dimethylaminomethyl-[(CH3)2N-CH2-]gruppe unter Bildung tertiärer Amine beschrieben.[20] Sicherheitshinweise/Toxikologie2,4,6-Tri-tert-butylphenol wurde 2017 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von 2,4,6-Tri-tert-butylphenol waren die Besorgnisse bezüglich Umweltexposition sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der PBT/vPvB-Stoffe. Die Neubewertung fand ab 2017 statt und wurde von Belgien durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[21][22] WeblinksCommons: 2,4,6-Tri-tert-butylphenol – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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