Zwischen 1870 und 1872 traten in Frankreich schwere politische Probleme auf: die Niederlage gegen Preußen, der Untergang des Second Empire sowie die Vorkommnisse der Pariser Kommune. Um die Erneuerung der Republik zu unterstützen und die dafür notwendigen Eliten auszubilden, gründete Émile Boutmy mit einer Gruppe von Akademikern und Industriellen im Februar 1872 die École libre des sciences politiques. Im ersten Jahr schrieben sich 89 Studenten ein.
Mehrere pädagogische Innovationen charakterisierten die neue Hochschule:
die frühe Zusammenarbeit zwischen angesehenen Akademikern und Politikern, darunter auch Ministern, Mitgliedern des Conseil d’État, sowie Beamten des höheren Dienstes;
die intensive Kooperation mit ausländischen Universitäten;
die Wichtigkeit des Studiums der aktuellen Gesellschaften;
die obligatorische Leibeserziehung.
1879 ließ sich die Hochschule im Hotel Mortemart in der Rue Saint-Guillaume in Paris nieder.
Einfluss
Die Universität trug zur Entstehung der Politikwissenschaften bei und hatte bis zum Zweiten Weltkrieg ein Quasimonopol in der Unterrichtung derselbigen.
Verstaatlichung
Am 9. Oktober 1945 wurde die Hochschule verstaatlicht und in die Université de Paris unter dem Namen Institut d’études politiques de l’Université integriert. Am selben Tag wurde eine nationale Stiftung der Politikwissenschaften gegründet (Fondation nationale des sciences politiques), die die Finanzverwaltung und die Administration des neu gegründeten Instituts übernahm.
Bekannte Studenten
Ma Jianzhong (1845–1900), chinesischer Beamter und Gelehrter
Frank Johnson Goodnow (1859–1939), amerikanischer Rechts- und Politikwissenschaftler
Philip Nord: The Jacobin Legacy in Modern France. Essays in Honour of Vincent Wright.Oxford University Press, Oxford 2002.
Claude des Portes: L’Atmosphère des Sciences Po. Vorwort von André Siegfried, Paris 1935.
Pierre Rain: L’École libre des sciences politiques und L’École et la guerre : la transformation de son statut. Fondation nationale des sciences politiques, Paris 1963.