Zehntscheune

Zehntscheune aus Sechtem im LVR-Freilichtmuseum Kommern
Zehntscheune in Friolzheim, Enzkreis

Als Zehntscheune oder Zehntscheuer wurde ein Lagerhaus zur Annahme und Aufbewahrung der Naturalsteuer (Zehnt) bezeichnet.[1] In Bayern wird häufig der Begriff Zehntstadel verwendet. In Luxemburg spricht man von Zéintscheier[2] oder Zéngtscheier.[3]

Häufig handelt es sich um Klosterscheunen, die ursprünglich im Eigenbetrieb der Klöster oder durch Grangien gebraucht wurden. Das Wort „Grangie“ leitet sich indirekt von lateinisch grangarium (Getreidespeicher) ab. Auch herrschaftliche Domänen und adlige Güter bedienten sich derartiger Scheunen.

Geschichte

Größenvergleich: Zehntscheuer und Kirche in Wissembourg, Elsass

Zehnt- und Klosterscheunen gab es bereits im Frühmittelalter. Frühe Beispiele findet man auf dem Klosterplan der Fürstabtei St. Gallen im frühen 9. Jahrhundert. Die dreischiffige Scheune wurde erst im 12. oder 13. Jahrhundert entwickelt. Zu ihren Vorläufern gehören die eisenzeitliche Halle, die hochmittelalterliche Fest- und Markthalle sowie das römische horreum.

Dafür ließen die Zehntherren an geeigneten Stellen, wo man die Naturalabgaben am besten und sichersten einsammeln und aufbewahren konnte – in oder bei ihrer Burg, auf einem ihnen gehörigen Gut, Zehnthof oder Pfleghof, in einem zehntpflichtigen Ort, in einer nahen Stadt – spezielle große Scheunen erbauen. Vielfach waren sie nach oder sogar vor der Kirche die größten Bauwerke des Orts, nicht nur weil sie erhebliche Mengen an verschiedenen Naturalabgaben aufnehmen mussten, sondern auch weil sie den Herrschaftsanspruch der Zehntherren vor Ort dokumentierten. In ihrer architektonischen Vielfalt spiegeln Zehntscheunen regionale und epochale Unterschiede in Baustil und -material wider, ebenso wie die unterschiedliche Wirtschaftskraft ihrer Bauherren.

Erhaltene Zehntscheuern stehen inzwischen häufig unter Denkmalschutz. Sofern sie weiterhin unter öffentlicher Trägerschaft stehen, wurde die Nutzung wenn möglich an heutige Bedürfnisse angepasst. Auf diese Weise wurden sie zu Kultur- und Gemeindezentren, Museen und Versammlungsorten.

Verbreitung

Zehntscheunen oder Grangien gab es hauptsächlich in Mitteleuropa. In Skandinavien, Schottland oder Irland sowie in Italien oder Spanien sind sie unbekannt. In einigen wenigen Orten Spaniens existierten allerdings städtische Lagerhäuser (pósitos) zur Versorgung der Armen oder für Notzeiten.

Heutige Nutzung

Herzogskasten in Abensberg
Innenansicht der Zehntscheune im belgischen Kloster Ter Doest
Zehntscheune in Jesberg, Hessen, heute teils Getreidescheune, teils Museum
Zehntscheune von Trendelburg, heute im Freilichtmuseum Hessenpark
Zehntscheune in Jesteburg, Niedersachsen
Zehntscheune Juliusspital in Würzburg

Mehrere noch erhaltene ehemalige Zehntscheuern befinden sich heute in Privatbesitz und werden als Veranstaltungsorte, Restaurants, Verkaufsstellen etc. genutzt. Andere stehen in öffentlichem Eigentum und werden heute für kulturelle Zwecke (Theater, Museum, Bibliothek) genutzt; wieder andere wurden zu Wohnhäusern umgebaut. Beispiele:

Literatur

Commons: Zehntscheunen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forste, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e. V. (Hrsg.): Bauernhäuser in Bayern. Dokumentation. Band 7: Helmut Gebhard, Hans Frei (Hrsg.): Schwaben. Ries, Mittelschwaben, Allgäu. Hugendubel, Kreuzlingen u. a. 1999, ISBN 3-89631-369-X, S. 386.
  2. Zéintscheier Grevenmacher, abgerufen am 16. Dezember 2015.
  3. Zéngtscheier auf Luxemburger Wörterbuch, abgerufen am 16. Dezember 2015.
  4. Museen-in-Hessen | Lindenfelser Museum. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  5. Nutzung für Veranstaltungen (Memento des Originals vom 4. Januar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/verein-zehnthaus.de
  6. Gerhardt Krauth: Geschichte der Zehntscheune der Stiftung Juliusspital Würzburg. In: EMIL. 1, 1998, S. 14–15.

 

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