Gaddis gilt nicht nur als bedeutender Vertreter der experimentellen Erzählkunst, sondern zugleich als einer der wichtigsten amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Sein Erfolg stellte sich aber erst spät ein. Nach dem High-School-Abschluss begann er 1941 ein Literaturstudium an der Harvard University, die er aber nach vier Jahren wegen schlechten Benehmens verlassen musste. Nach dem Krieg ließ er sich in Greenwich Village nieder und arbeitete für die Zeitschrift The New Yorker sowie später als Dokumentarfilmer für die US Army.[1]
1955 veröffentlichte er seinen ersten, mehr als tausend Seiten starken Roman The Recognitions (dt. Die Fälschung der Welt). Als Inspirationsquelle diente ihm der Kunstfälscher Han van Meegeren. The Recognitions wurde von den Kritikern verrissen und vom Publikum weitgehend verschmäht, doch entwickelte sich um den Roman eine kleine Kultgemeinde.
Erst 1975 erschien sein zweiter Roman, JR, in dem ein elfjähriger Junge ein milliardenschweres Finanzimperium aufbaut. Der von Larry Hagman gespielte Bösewicht in der Fernsehserie Dallas wurde nach ihm benannt. Für JR erhielt Gaddis 1976 einen ersten National Book Award; ein zweiter wurde ihm 1994 verliehen für seinen vierten Roman, A Frolic of his own (dt. Letzte Instanz), der die Absurditäten des amerikanische Justizwesens zum Gegenstand hat.
Postum sind 2002 der „Roman“ – eher ein längerer Essay – Agapé Agape und ein Sammelband mit weiteren Texten erschienen. Die postume amerikanische Ausgabe seiner Briefe erschien 2013 und erweiterte die bisherigen biographischen Informationen über den Schriftsteller Gaddis.[2]
Ehrungen und Auszeichnungen
1976 National Book Award in der Kategorie Fiktion für JR[3]
deutsch: Die Fälschung der Welt. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1998
JR. Knopf, New York 1975
deutsch: JR. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1996, Neuauflage: Übersetzt von Klaus Modick und Markus Ingendaay; Deutsche Verlagsanstalt, München 2010, ISBN 978-3-421-04491-4
Carpenter’s Gothic. Viking, New York 1985
deutsch: Die Erlöser. Rowohlt, Reinbek 1988
A Frolic of His Own. Poseidon, New York 1994
deutsch: Letzte Instanz. Rowohlt, Reinbek 1996
Agapé Agape. Viking, New York 2002
deutsch: Das mechanische Klavier. Goldmann, München 2003
The Rush for Second Place. Essays and Occasional Writings. Penguin, New York 2002
Sonderausgabe in einem Band: Agapé Agape and Other Writings. Atlantic, London 2004
Steven Moore (Hrsg.): The Letters of William Gaddis. Dalkey Archive, London 2013
Paul Ingendaay: Die Romane von William Gaddis (= Schriftenreihe Literaturwissenschaft, Band 26). WVT Wissenschaftlicher Verlag, Trier 1993, ISBN 3-88476-088-2 (Dissertation Universität Trier 1993, 200 Seiten).
Annette Brockhoff: „Was Amerika wirklich ausmacht.“ William Gaddis’ Roman JR. In: Schreibheft, Nr. 48, 1996, S. 145ff.
Walter Schübler: „A Frolic of His Own.“…William Gaddis kennenzulernen, einen der führenden Vertreter der postmodernen amerikanischen Literatur.In: Falter 40/1996, S. 8f
Steven Moore: Die Fakten hinter der Fälschung. Ein Führer durch William Gaddis’ Roman „Die Fälschung der Welt“. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-86150-236-4 (Als „Beigabe“ zusammen mit dem Roman herausgegeben)
Paul Ingendaay: Die Stimme und der Klimperkasten. Mechanisierung der Künste: Über ein Motiv in den Romanen von William Gaddis. In: Schreibheft, Nr. 52, 1999, S. 12f
Klaus Modick: Was Amerika ausmacht. Der pessimistische Satiriker William Gaddis. In: Klaus Modick: Milder Rausch. Essays und Portraits. Seite 248–261. Eichborn. Frankfurt/Main 1999. ISBN 3-8218-0841-1.
Klaus Modick: Ein Produkt Amerikas. Interview mit William Gaddis. In: Volltext, Nr. 4, 2010.
↑Siehe Franz Link: William Gaddis, geb. 1932. In: Franz Link: Amerikanische Erzähler seit 1950 · Themen · Inhalte · Formen. Schöningh, Paderborn 1993, ISBN 3-506-70822-8, S. 307.
↑Paul Ingendaay: US-Autor William Gaddis: Nachleben eines modernen Klassikers. In: FAZ.NET. ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 6. Januar 2023]).