Vivaldi begann als Online-Community, die die Website „My Opera“ nach deren Schließung durch Opera Software im März 2014 ersetzte.[17] Jon Stephenson von Tetzchner war über die Entscheidung verärgert und davon überzeugt, dass diese Gemeinschaft den Browser erst zu dem gemacht hatte, was er war. Tetzchner startete darauf die Vivaldi-Community, die sich an registrierte Benutzer richtet und durch ein Internetforum, ein Blog sowie zahlreiche andere Webservices die Schließung von „My Opera“ ausgleichen sollte. Eine am 25. Februar 2015 eingerichtete Umfrage des Entwickler-Teams zur Priorisierung weiterer Funktionen war am 16. März von über 10.000 Lesern aufgerufen worden, zwei Monate später von über 20.000.[18] Anfang September 2015 gehörten der Vivaldi-Community über 60.000 registrierte Benutzer an. In der Folgezeit wuchs die Zahl langsamer, aber stetig auf über 100.000 im Juli 2017.[19]
Die erste Vorversion des neuen Browsers stellte Vivaldi Technologies mit Hilfe der Gemeinschaft am 27. Januar 2015 der Presse vor[9][11][20][21] und machte sie ab 16. Februar öffentlich verfügbar.[22] Bis zum 16. Juli folgten drei weitere „Technical Previews“, die Vivaldi Technologies selbst nicht als Beta-Version bezeichnete,[23] obschon sie sehr stabil arbeiteten.[24]
Am 25. Oktober wurde der wöchentliche „Snapshot“ als „Beta Candidate“ angekündigt,[25] am 3. November folgte schließlich das erste offiziell als Beta bezeichnete Release.[26] Ihm folgte kurz vor Weihnachten eine zweite Beta-Version. In seinem Blogeintrag dazu sah von Tetzchner Release 1.0 bereits nähergerückt („we are getting closer to a Vivaldi 1.0“), bevor er nach einer dritten und letzten Beta-Version Anfang März 2016 schließlich am 6. April 2016 im Blog erneut höchstselbst das Release 1.0 offiziell vorstellte.[27] Ihm folgten im Verlauf des Jahres 2016 die Versionen 1.1 bis 1.6 und im Jahr darauf die Versionen ab 1.7. Nach knapp zweieinhalb Jahren erreichte Vivaldi im September 2018 die Version 2.0.[28]
Vivaldi ist proprietäre, kostenlos nutzbare Software (Freeware). Finanziert wird der Browser durch Einbindung von Standard-Suchmaschinen und Lesezeichen der Unternehmen.[29] In Anlehnung an die Ziele der Open-Source-Bewegung sind große Teile des Quellcodes öffentlich verfügbar.[30] Julien Picalausa beschreibt die Verteilung 2020 wie folgt: 92 % Open-Source von Chromium, 3 % Open-Source-Anpassungen und 5 % UI Closed-Source-Code.[31]
Rezeption
Die Fachpresse verfolgte das neue Projekt des langjährigen Opera-Chefs von Tetzchner von Beginn an aufmerksam und bedachte die Vorstellung der ersten, bereits lauffähigen, „Technical Preview 1“ genannten Vorversion des neuen Webbrowsers am 27. Januar 2015 in vielen Medien der IT- und Software-Branche mit Artikeln. Die Leitmedien hingegen registrierten Vivaldi anfangs nur am Rande.
Nachdem im Juli 2015 die bereits umfangreiche Vorversion „Technical Preview 4“ erschienen war, präsentierte der Focus am 2. August 2015 Vivaldi als „spannenden Newcomer“ in einem von Chip Online übernommenen „großen Browser-Test“ neben den Marktführern Mozilla Firefox, Google Chrome und Internet Explorer.[32]
Die am 3. November 2015 veröffentlichte erste Beta-Version erfuhr fünf Tage später auch die Beachtung der Bild in einem Testbericht, der Funktionen und Möglichkeiten, aber auch Grenzen des Browsers aufzeigte und Aussagen Jon Stephenson von Tetzchners gegenüber der Redaktion wiedergab.[33]
Der Hersteller gab bereits für die erste Vorversion 400.000 Abrufe in einer Woche an,[34] kurz darauf über eine halbe Million in zehn Tagen.[20] Im Mai 2016 nannte von Tetzchner in einem Interview „derzeit rund eine Million aktive Nutzer pro Monat“; als nächstes Ziel sah er „ein paar Millionen Nutzer, um aus den roten Zahlen zu kommen.“[8]
In einem Test aus dem Frühjahr 2019 kam die Computer Bild zu dem Fazit, dass der Browser einen durchaus positiven Eindruck mache. Um das volle Potenzial ausschöpfen zu können, müsse der Nutzer sich aber intensiv mit dem Browser beschäftigen, so das Ergebnis des Tests.
Andere Tests, beispielsweise von Chip, priesen zwar die Funktionen und Möglichkeiten der Individualisierung an, mahnten aber dennoch vor zu viel Euphorie.[35]
Funktionen
Anpassbares Design
Vivaldi hat ein sehr reduziertes Design mit Navigationssymbolen sowie ein Farbthema, das sich passend zu den Farben des Favicons der besuchten Website ändert.[36] Der Browser erlaubt es Nutzern, die Darstellung von Elementen der Benutzerschnittstelle sowie die Hintergrundfarbe, das Design, die Adressleiste und die Position der Tabs aber auch die Menüs anzupassen.[37][38] Nach Aussage des Unternehmensgründers von Tetzchner hat Vivaldis große Anpassbarkeit viel Anteil am Erfolg.[8][39]
Schon mit der zweiten Vorversion („Technical Preview 2“) wurde es zudem ermöglicht, Erweiterungen aus Google Chromes „Web Store“ zu nutzen.[40] Damit ist es beispielsweise möglich, Vivaldi um Funktionen wie Werbeblocker, RSS und Sprachübersetzungsservice zu ergänzen, die in der Grundausstattung ebenso wie bei anderen Browsern ursprünglich fehlten.[41]
Bedienungsfunktionalitäten
Vivaldi ermöglicht eine umfangreiche Organisation der besuchten Websites. So ist es möglich, Tabs in Gruppen zu „stapeln“ und als „Kacheln“ anzuordnen sowie diese über das Kontextmenü gemeinsam zu behandeln, zum Beispiel zu verschieben, zu löschen oder Lesezeichen für alle Seiten der Gruppe zu speichern. Darüber hinaus besteht nicht nur die übliche Möglichkeit, Lesezeichen für Webadressen zu speichern, sondern Notizen dazu zu machen und diese mit Screenshots von Webseiten zu versehen.[42][43] Außerdem können diese in mehrstufige individuelle Ordnerhierarchien einsortiert werden. URL können zudem als „Schnellwahl“ auf Schnellzugriffsordnern gespeichert werden und „Quick Commands“ dazu nutzen, Lesezeichen, Chronik, offene Tabs und Einstellungen zu durchsuchen.[44] Vivaldi basiert auf Web-Technologien wie HTML5, Node.js, React.js sowie zahlreichen NPM-Modulen.[45] Seit dem „Technical Preview 4“ unterstützt Vivaldi für das Wechseln zwischen Tabs und die Keyboardaktivierung auch Mausgesten.[46]
Synchronisation
Der Browser ist für Windows, MacOS, Linux und Android verfügbar. Die mit einem privaten Passwort Ende-zu-Ende-verschlüsselte Synchronisation von Lesezeichen, Browserverlauf, Passwörter und Einstellungen wurde mit Version 1.13 experimentell und mit Version 1.15 offiziell eingeführt.[47]
E-Mail-Client, Feed-Reader, Adressbuch, Kalender
Vivaldi enthält auch einen Mail-Client samt Feed-Reader, Adressbuch und Kalender. Er erinnert in Funktion und Bedienung an den alten Mail-Client von Opera bis Version 12 in technisch aktualisierter Form. Der Mail-Client unterstützt IMAP und POP3, aber keine Alias-Adressen.[48]
Datenschutz
Vivaldi verfügt über einen eingebauten Tracker- und Werbe-Blocker, der sich an der Funktionalität von uBlock Origin anlehnt und neben dem Import von externen Regelsätzen auch das Erstellen eigener Regeln gestattet.[49] Vivaldi gibt an, keine Daten zu sammeln, arbeitet als Standard nicht mit Google als Suchmaschine, kann Vorschlagfunktionen abschalten und unterstützt einen privaten Modus.[50] Über die Einrichtung verschiedener Nutzer-Profile können verschiedene Anwendungsbereiche auch datenmäßig getrennt werden.[51]
Sonstige Funktionen
Vivaldi verfügt über einen internen Notizblock, der Markdown und automatische Screenshots samt Adressspeicherung der Seite unterstützt. Er besitzt zusätzlich eine Screenshotfunktion und ein Sessionmanagement.[52] Ergänzt wird dies durch die chromiumtypischen Entwicklerwerkzeuge und den Taskmanager.
Künftige Funktionen
In einem Interview ließ COO Tatsuki Tomita verlauten, dass auch an einer eigenen Erweiterungsplattform für seinen Browser gearbeitet werde.[53] Möglichkeiten zur Datenkompression besitzt Vivaldi wegen fehlender Infrastruktur derzeit noch nicht.
Proxy
Vivaldi kann unter Windows einen in Windows eingestellten Proxyserver nutzen. Eine eigene Proxy-Einstellung ist nicht vorgesehen. Damit verhält sich der Browser wie Opera ab Version 15; beide basieren auf Chromium.
Versionen
Desktop
Vivaldi Technologies gab bereits den ersten veröffentlichten und „Technical Preview“ genannten Vorversionen des neuen Browsers die Hauptversionsnummer „1“ und Unterversionsnummer „0“, womit üblicherweise die erste fertige Version eines Programms bezeichnet wird (siehe Tabelle unten).
Seitdem wurde und wird auf der Vivaldi-Website die jeweils aktuelle „Hauptversion“ im sogenannten „stable channel“ für Windows zum unmittelbaren Download per Mausklick angeboten. Über den Zwischenschritt einer Download-Seite gelangt man auch zu anderen „stabilen“ Versionen, z. B. für andere Betriebssysteme bzw. 32- und 64-Bit-Versionen.
Zugleich wurden von Beginn an, jedoch auf der Community-Website vivaldi.net, etwa im Wochenrhythmus fortentwickelte sogenannte „Snapshots“ herausgegeben, allerdings mit der Sicherung eines, wenn auch abschaltbaren, Blockers zur Verhinderung der automatischen Ausführung von Flash-Inhalten einer Website.
Schon die Vorversionen wurden neben den beiden Windows-Versionen für 32- und 64-Bit-Rechner auch für macOS sowie in vier Linux-Versionen (Debian-Paket und RPM-Paket, jeweils für 32- und 64-Bit-Rechner) veröffentlicht.[54][55] Auch das erste Beta-Release wurde von Beginn an für alle genannten Plattformen zur Verfügung gestellt. Die Installationsdateien der Previews umfassten anfangs etwa 35 (Windows-32-Bit) bzw. 40 MiB (Windows-64-Bit), inzwischen gut 40 bzw. gut 47 MiB.
Neu: Synchronisation der Lesezeichen und Tools in der „productivity bar“; Tab-Management, Mausgestern-Navigation und Tastenkombinationen überarbeitet[92]
Am 24. April 2020 wurde die erste stabile Version (3.0.1885.42) für Android veröffentlicht. Der Download des Android-Programmpakets zur Installation des Browsers ist sowohl über den Google Play Store, als auch direkt über die Herstellerseite möglich.[118]
Vivaldi vergibt eine den Nutzer identifizierende Nummer und sendet nach eigenen Angaben regelmäßig diverse anonymisierte Daten, u. a. einen Teil der IP-Adresse zur Geolokalisation, Bildschirmauflösung und CPU-Architektur an den eigenen Server.[120][121][122]
↑Ruarí Ødegaard: Snapshot 1.0.303.32 – Beta Candidate. Teamblog. vivaldi.net, 25. Oktober 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Juni 2016; abgerufen am 30. Oktober 2015 (englisch).