Von 1915 bis 1917 diente Grinberg als Soldat der österreichisch-ungarischen Armee an der serbischen Front. Nach Ende des Ersten Weltkrieges desertierte er und wurde 1918 Zeuge antisemitischerPogrome in seiner Heimatstadt Lwów, wo er sich nun vor allem mit Werken in jiddischer Sprache hervortrat. 1921 schloss er sich in WarschauDer Chaljastre, einer Gruppe jiddischer Avantgardedichter, an, schrieb Werke, die stilistisch und thematisch dem Expressionismus nahestehen[3] und gab dort 1923 die jiddische Kunstzeitschrift Albatros (jiddisch אַלבאַטראָס) heraus. 1923 lebte er in Berlin, veröffentlichte zwei weitere Hefte des Albatros[4] und begann auf Hebräisch zu schreiben.
Die Dreißigerjahre verbrachte Grinberg größtenteils in Polen und agitierte dort weiter für den Zionismus.[8] Während des deutschen Überfalls auf Polen 1939 konnte er zurück nach Palästina fliehen, wo er bis zu seinem Tode blieb; der Rest seiner Familie kam in der Schoa ums Leben.
Nachdem der Staat Israel gegründet worden war, schloss sich Grinberg 1948 Menachem BeginsCherut-Partei, einem Vorgänger der heutigen Likud, an und wurde 1949 in die erste Knesset gewählt. Bei den Wahlen zur zweiten Legislaturperiode 1951 verlor er den Sitz. Nach dem Sechstagekrieg 1967 kämpfte er für den Anschluss des Westjordanlandes an Israel.
1950 heiratete Grinberg die Dichterin Alisa Grinberg (hebräisch עליזה גרינברג). Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.
Wirken
Grinbergs Schriften zeichnen sich durch tiefen Mystizismus und jüdischen Nationalismus aus. Dabei ist sein Schreiben tief in Traditionen der Moderne verankert, in die er sich mit seinem Werk einschrieb. Sein u. a. von Bialik, Walt Whitman,[9]Baudelaire, Goethe, Rilke, Heine und Nietzsche inspirierter Stil weist romantische, expressionistische und andere Stilrichtungen auf; seine wesentlichen Themen schöpfte er aus den kanonischen Schriften des Judentums, aus der Weltliteratur und aus der geschichtlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeit seiner Zeit.
Grinberg war überzeugt, dass JHWHs Bund mit Abraham Basis allen jüdischen Lebens war und von daher zwischen Juden und Nicht-Juden ein kategorischer Unterschied bestand. Daran, dass Israel von Gott auserwählt worden war, ließ Grinberg des Weiteren keinen Zweifel zu. Er war überzeugt, dass das Königreich Israel, das mit dem Ende des davidisch-salomonischen Reiches untergegangen war, durch die Ankunft eines Messias neu errichtet würde. Die Aufgabe hebräischer Literatur sah er darin, diese messianische Vision zu besingen. Zugleich aber und entgegen Grinbergs Erklärungen, denen zufolge er sich von Europa und seinen Traditionen befreit habe, bleibt sein Schreiben bis zu seinem Lebensende eben diesen Traditionen verpflichtet und entwickelt ein komplexes Netz intertextueller Beziehungen, die jeglicher binären Ausdeutung seiner Schriften entgegensteht.[10]
Dan Miron: Tur Malka. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 6: Ta–Z. Metzler, Stuttgart/Weimar 2015, ISBN 978-3-476-02506-7, S. 173–181.
Uri Zvi Grinberg: Mephisto. Mit Anmerkungen versehen von Karin Neuburger. In: Ashraf Noor (Hrsg.): Makom. Wilhelm Fink Verlag, München 2007, ISBN 978-3-7705-4322-9 (171 S.).
Greenberg, Uri Zvi, in: Yaacov Shimoni: Biographical dictionary of the Middle East. New York: Facts on File, 1991, S. 89f.
↑Uri Zvi Grinberg: Mephisto. Mit Anmerkungen versehen von Karin Neuburger. In: Ashraf Noor (Hrsg.): Makom. Wilhelm Fink Verlag, München 2007, ISBN 978-3-7705-4322-9 (171 S.).
↑Susanne Marten-Finnis, Heather Valencia: Sprachinseln: jiddische Publizistik in London, Wilna und Berlin 1880 – 1930. In: Lebenswelten osteuropäischer Juden. Band4. Böhlau, Köln 1998, ISBN 978-3-412-02998-2, S.129–137.
↑A Poet of the Jewish People. In: International Fellowship of Christians and Jews. 19. September 2022, abgerufen am 10. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
↑Timothy Snyder: Black Earth. Der Holocaust und warum er sich wiederholen kann. C.H.Beck, München, ISBN 978-3-406-68414-2, S.81.
↑Chanita Goodblatt: Walt Whitman and Uri Zvi Greenberg: Voice and Dialogue, Apostrophe and Discourse. In: Prooftexts. Volume 13, Nr.3. Indiana University Press, Bloomington (Indiana) September 1993, S.237–251, JSTOR:20689371 (englisch).
↑Karin Neuburger: Uri Zvi Greenberg’s Farewell to Europe. In: Karin Neuburger (Hrsg.): Yearbook for European Literature Studies. Volume 2. De Gruyter in Kooperation mit dem Van Leer Jerusalem Institute und dem Franz Rosenzweig Minerva Research Center an der Hebräischen Universität Jerusalem, Berlin / New York, S.64–89 (englisch).