1565 gab Joachim Camerarius, der ehemalige Gründungsrektor des Gymnasiums St. Egidien, mit einem Schreiben an den Nürnberger Rat den Anstoß für einen neuen Gründungsversuch. Nach der Besichtigung mehrerer infrage kommender Standorte in der Nähe von Nürnberg entschied sich eine Delegation des Nürnberger Rats für Altdorf. Am 30. September 1571 erfolgte die Grundsteinlegung für das durch Spenden des wohlhabenden Nürnberger Patriziats finanzierte Kollegiengebäude; im Gegenzug erwarben die Spender ein Wohnrecht für ihre studierenden Söhne. Nach knapp vierjähriger Bauzeit fand am 29. Juni 1575 die feierliche Einweihung statt. Im Jahre 1582 wurde der durch Sebald Welser finanzierte Ostflügel mit dem größten Hörsaal, ein Jahr später das Torhaus mit einem Buchladen und der Wohnung des Pedells fertiggestellt. Die räumlichen Ausmaße des Gebäudekomplexes lassen vermuten, dass die Nürnberger schon früh über ein einfaches Gymnasiums hinausdachten. So erreichte der Vertreter des Nürnberger Rates am kaiserlichen Hof in Prag schließlich die Erhebung zur Akademie. Im Jahre 1581 wurden an der nun nicht mehr nach Klassen, sondern nach Fakultäten gegliederten Einrichtung die ersten Magistertitel verliehen.
Erhebung zur Universität und Dreißigjähriger Krieg
Da die Altdorfer Akademie florierte und sich eines großen Zustroms von Studenten erfreute, erhob sie KaiserFerdinand II. am 3. Oktober 1622 auf Drängen des Nürnberger Rates zur Universität. Im Gegenzug musste Nürnberg aus der Protestantischen Union ausscheiden und 25.000 Gulden Hilfsgelder an den Kaiser entrichten. Das offizielle Gründungsdatum wurde auf den 29. Juni 1623 gelegt, den Tag, an dem 1575 die Einweihung des ehemaligen Gymnasiums stattgefunden hatte. Die evangelische St. Laurentiuskirche wurde zur Universitätskirche ernannt. Dort wurden bis 1809 über 1100 junge protestantische Geistliche ordiniert. Acht Jahre nach der Universitätsgründung hatte der Dreißigjährige Krieg auch Altdorf erreicht, als Tillys Truppen im November 1631 Stadt und Universität besetzten und mit Plünderung drohten. Nach einer Zahlung von 1000 Reichstalern zogen die Truppen schließlich ab. Im Juni 1632 wurden Angehörige der Universität auf ihrem Weg von Nürnberg nach Altdorf von kroatischen Reitern überfallen. Der Universitätsrektor Nößler musste als Arzt im Heer Wallensteins bleiben. Die Einschreibungen an der Universität erreichen in dieser Zeit ihren Tiefstand; Studenten und Professoren suchten Schutz im benachbarten Nürnberg.
Blütezeit, Niedergang und Auflösung
Nach Kriegsende hatte die Universität Altdorf bis ins erste Viertel des 18. Jahrhunderts eine Zeit der Blüte und ständigen Erweiterung. 1650 wurde die Anatomie eingerichtet, 1657 die Sternwarte, 1682 das chemische Laboratorium. Das theologische Promotionsrecht erhielt Altdorf durch ein kaiserliches Privileg vom 10. Dezember 1696, nachdem ein Vorstoß der Stadt noch 1690 gescheitert war. Die Rangerhöhung zur Volluniversität wurde am akademischen Jahrtag 1697 feierlich verkündet.
Am 29. Juni 1723 wurde die Hundertjahrfeier mit großem Pomp gefeiert. Doch die jährlichen Neueinschreibungen gingen immer weiter zurück. Eine zur Verbesserung der Universität im Jahr 1729 eingesetzte Kommission mahnte eine höhere Disziplin bei Studenten und Professoren an und erwog erstmals eine Verlegung der Universität nach Nürnberg. Die Studentenzahlen fielen nach 1740 deutlich ab und verringerten sich nach 1770 stetig weiter bis auf zeitweilig nur gut 20 Neuimmatrikulationen.
Mit der Übernahme Nürnbergs fiel 1806 auch die Reichsstädtische Universität Altdorf an das Königreich Bayern. Infolge der neu gegründeten bayerischen Landesuniversitäten musste an anderen Stellen gespart werden. Weil die finanziellen Mittel fehlten, wurde – wie schon 1803 die Universität Dillingen – auch die Altdorfina am 24. September 1809 von König Maximilian I. Joseph aufgelöst. Die Bestände der Bibliothek mitsamt den Bücherschränken gelangten auf Betreiben Friedrich Immanuel Niethammers in die Universitätsbibliothek Erlangen.
Von 1824 bis 1924 bestand ein Schullehrer-Seminar. 1925 wurden im Seminargebäude durch den Landesverband für Innere Mission Einrichtungen für Körperbehinderte geschaffen.
Die „Affäre Wallenstein“
Am 29. August 1599 schrieb sich der damals sechzehnjährige Albrecht von Waldstein, der Sohn eines protestantischen Gutsbesitzers und später unter dem Namen „Wallenstein“ berühmt gewordene Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, in die Altdorfer Matrikel ein. Nur wenige Wochen später war er auch schon in den Skandal um die Ermordung von Wolff Fuchs, einem Fähnrich der Altdorfer Bürgerwehr, verwickelt, der kurz vor Weihnachten nach einem Streit von dem Studenten Johann Hartmann von Steinau erstochen wurde. Die Vorwürfe, die daraufhin gegenüber Wallenstein erhoben wurden, betrafen nicht allein seine Anwesenheit bei der Tat selbst, sondern auch, dass er in der kurtzen Zeit her, so er zu Altorff gewesen und studirn sollen, sich in mancherley weiß allerley unruhe und muetwillens unterstanden habe, wie ein Brief des Nürnberger Rats an den Rektor der Altdorfina vom 12. Januar 1600 bezeugt. Die Bestrafung fiel ungewöhnlich milde aus; Wallenstein wurde nur mit einem kurzen Hausarrest belegt. Wenig später, am 14. Januar, kam es zu einem weiteren Vorfall, als Wallenstein seinen Diener mit Peitschenhieben schwer misshandelte, weil dieser untätig aus dem Fenster auf den Markt hinausgeschaut hatte. Das daraufhin eingeleitete Verfahren endete damit, dass Wallenstein die Arztkosten für die Behandlung seines Dieners übernehmen und eine Strafe von 30 Gulden zahlen musste. Mitte März 1600 taucht sein Name zum letzten Mal in den Universitätsannalen auf. Wallenstein verschwand aus Altdorf und unternahm eine Grand Tour nach Frankreich und Italien, wo er sein Studium an den Universitäten in Padua und Bologna fortsetzte.
Bedeutende Gelehrte
In Klammern ist jeweils das Jahr der Berufung nach Altdorf angegeben oder die Lebensdauer
Edo Hildericus (1533–1599) 1582 der erste Rektor der Akademie und ab 1584 Professor für hebräische Sprache
Christian Gottlieb Schwarz (1675–1751), Professor für Rhetorik, Poesie und Moral, Präses des Pegnesischen Blumenordens
Johann Moritz Hofmann (1653–1727), Mediziner, Lehrstühle für Anatomie, Chemie und Botanik (1677)
Johann Jakob Baier (1677–1735), Mediziner, Historiker und Fossilienkundler (1704)
Erhard Reusch (1678–1740), Philologe, Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer, Privatdozent von 1715 bis 1723
Georg Heinrich Linck (1692–1739), Professor der Rechte, zweimal Rektor der Hochschule
Michael Kelsch (1693–1742), Mathematiker, Philosoph und Astronom, ab 1720 Dozent der Philosophie und Mathematik, ab 1731 Professor der Mathematik und Physik
Georg Andreas Will (1727–1798), Historiker und Philosoph (1757), Mitglied des Pegnesischen Blumenordens
Wolfgang Jäger (1734–1795), Philologe und Historiker, ab 1773 außerordentlicher Professor der abendländischen Sprachen, 1786 ordentlicher Professor und zudem Professor der Poesie sowie ab 1788 außerdem Professor der Beredsamkeit
Andreas Goldmayer (1602–1665), Mathematiker, Astronom und Kalendermacher
Johann Michael Dilherr (1604–1669), Professor für Beredsamkeit, für Geschichte und Poesie und für Theologie, stand in enger Verbindung zum Pegnesischen Blumenorden
Theodor Hackspan (1607–1659), Orientalist, Theologe und Hochschullehrer
Johann Adam Schertzer (1628–1683), deutscher lutherischer Theologe und Hochschullehrer
Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), Philosoph und Wissenschaftler, Mathematiker, Diplomat, Rechtsgelehrter, Physiker, Historiker und Doktor des weltlichen und des Kirchenrechts, wurde 1666 promoviert
Heinrich Arnold Stockfleth (1643–1708), studierte Theologie, 1666 Magister, 1668 Dichter im Pegnesischen Blumenorden
Zur Erinnerung an Wallensteins Studienzeit finden in Altdorf in regelmäßigem Abstand die sogenannten „Wallensteinfestspiele“ statt, bei denen über 600 Bürger Altdorfs in historischen Kostümen Szenen aus dem Studentenleben zu Beginn des 17. Jahrhunderts nachspielen. Das nächste Festspieljahr ist 2025.
Weniger als hundert Meter neben dem Universitätsgebäude befindet sich heute ein Universitätsmuseum.
Seit September 2002 setzt sich die Initiative „Internationales Netzwerk Universität Altdorf“ (INUA) für eine Wiederbelebung der Universität Altdorf ein.
Literatur
Quellen
Ludwig Krauß: Die Altdorfer Gedächtnisrede auf Sebald Welser (gest. 1589). Der lateinische Text mit Übersetzung, Einleitung und Erläuterungen. Nürnberg: Melanchthon-Gymnasium, 1976, 53 Seiten (Einheitssachtitel: Oratio in obitum et memoriam domini Sebaldi Welseri senatoris consularis Norimbergensis)
Johann Martin Trechsel: Amoenitates Altdorfinae oder Eigentliche nach dem Leben gezeichnete Prospecten der Löblichen Nürnbergischen Universität Altdorf, Nürnberg, ca. 1720
Georg Andreas Will: Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Universität Altdorf. Neudruck der 2. Ausgabe Altdorf 1801, mit Nachtrag von Christian Conrad Nopitsch, Aalen 1975, ISBN 3-511-10095-X. (Google-Books)
Horst Claus Recktenwald: Die fränkische Universität Altdorf, 2. Auflage, Nürnberg 1990, ISBN 3-88929-073-6.
Hans Recknagel: Die Nürnbergische Universität Altdorf, Altdorf bei Nürnberg 1993.
Hans Recknagel: Die Nürnbergische Universität Altdorf und ihre großen Gelehrten, Altdorf 1998, ISBN 3-00-003737-3.
Wolfgang Mährle: Academia Norica. Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger Hohen Schule in Altdorf (1575-1623). (Contubernium. Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte 54). Franz Steiner, Stuttgart 2000. (Google-Books; eingeschränkte Vorschau)
Hanns Christof Brennecke / Dirk Niefanger / Werner Wilhelm Schnabel (Hrsg.): Akademie und Universität Altdorf, Studien zur Hochschulgeschichte Nürnbergs, Köln, Weimar, Wien 2011 (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, 69), ISBN 978-3-412-20640-6.
Werner Wilhelm Schnabel (Hg.): Athena Norica. Bilder und Daten zur Geschichte der Universität Altdorf, Nürnberg 2012 (gff digital – Reihe A: Digitalisierte Quellen, 3), ISBN 978-3-929865-93-6 (DVD-ROM)