1549 wurde das „Collegium St. Hieronymi“ als Folge der Reformen des Konzils von Trient durch den Augsburger Bischof und KardinalOtto Truchseß von Waldburg am Sitz der von Augsburg nach Dillingen verlagerten hochstiftischen Regierung gegründet und am 1. März 1551 durch Papst Julius III. zur Universität erhoben. Die Erhebung und die damit verbundenen Privilegien wurden wiederum von Kaiser Karl V. am 30. Juni 1553 bestätigt. In diesen Gründerjahren mit sechs Lehrstühlen betrieben zunächst die Dominikaner unter Führung des bedeutenden Konzilstheologen von Trient Pedro de Soto, dem Beichtvater Kaiser Karls V., die Universität. Neben dem aus Spanien gekommenen Pedro de Soto lehrte außerdem der kaiserliche Hofkaplan und ehemalige Professor in Paris, der Spanier Martinus de Olave. Erster Rektor war der aus den spanischen Niederlanden stammende Petrus Endavianus. Neben den drei Spaniern lehrten auch drei Gelehrte von der Universität Löwen. Keiner der ersten Professoren stammte aus dem Reich. Nachdem de Soto im März 1555 von Reginald Pole nach Oxford geholt worden war, zielte Kardinal Otto, wohl beeinflusst durch seinen Berater, den JesuitenPetrus Canisius, auf eine Übergabe der Universität an die Jesuiten. Die ersten Lehrstühle gingen am 20. Oktober 1563 an die spanischen Jesuiten Christoph Herrera, Hieronymus Torres, später Alfons Pisa genannt Pisanus (1567–1570) und Gregor de Valencia (1573–1575). Erst am 17. August 1564 erfolgte die formelle Übergabe der Universität an den Jesuitenorden.
Dabei bestand die Universität zunächst nur aus einer Artistischen und einer Theologischen Fakultät, die ab 1625 durch neue Jura-Lehrstühle langsam um eine Juristische Fakultät (ab 1743) und wenige Jahre später auch durch eine medizinisch-chirurgische Abteilung, die sich nicht mehr zu einer vollgültigen Fakultät entwickelte, ergänzt werden konnte.
Zur Einrichtung einer akademischen Buchdruckerei hatte Otto von Waldburg um 1550 den Drucker Sebald Mayer nach Dillingen geholt, der dort die erste Druckerei gründete. Diese Universitätsdruckerei wurde von 1576 bis 1615 von dessen Sohn Johann Mayer († 1615) übernommen. Von 1654 bis zum 30. November 1668 führte Johanns und Barbara Mayers Sohn Ignaz Mayer[1] das Unternehmen, welches vor allem theologische, insbesondere von Jesuiten verfasste Drucke herstellte.[2]
Als Nachfolgeinstitut schuf Kurfürst Maximilian IV. Joseph 1804 ein Lyzeum mit akademischem Rang, aus dem 1923 die „Philosophisch-Theologische Hochschule Dillingen“ hervorging. Diese wurde im April 1971 zugunsten des neu errichteten Katholisch-Theologischen Fachbereichs an der 1970 gegründeten Universität Augsburg, an den mehrere Professoren sowie die Studierenden aus Dillingen überwechselten, aufgelöst. Im Gebäude der Hochschule residiert seitdem die 1971 gegründete „Akademie für Lehrerfortbildung“, die 1996 in „Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung“ umbenannt wurde.
Die Universität Dillingen gilt allgemein als ein Brennpunkt der Allgäuer Erweckungsbewegung im 18./19. Jahrhundert.
Obwohl unabweisbar Traditionslinien von ihrer Katholisch-Theologischen Fakultät über die Philosophisch-Theologische Hochschule Dillingen bis zur dortigen Universität zurückreichen, versteht sich die Universität Augsburg heute weniger denn je als deren Nachfolgerin, sondern betont demgegenüber ihren Status als neu gegründete Reformuniversität.
Wappen
Die Universität Dillingen erhielt am 21. Mai 1554 mit dem Siegel ein neues Wappen. Das Schild ist in der unteren Hälfte geteilt. Die linke Hälfte ist blau unterlegt und führt einen gelben Hammer, der mit drei grünen Tannenzapfen umgeben ist. Darüber steht der lateinische Spruch „Iulius III. Jubilaeum VIII. condidit feliciter“ (dt. Papst Julius III. hat das 8. Jubiläum mit glücklichem Erfolg eröffnet).[3] Die rechte Hälfte ist gelb unterlegt und trägt drei schwarze Löwen. Am oberen Schildrand schwebt eine Taube, die Feuerzungen ausstrahlt und den Heiligen Geist symbolisieren soll. Darüber steht die lateinische Überschrift „Verba mea quasi ignis et quasi malleus conterens petram“ (dt. Meine Worte gleichen dem Feuer und dem Hammer, der den Felsen zermalmt (Jer 23,29 EU)).
Die Tannenzapfen und die Löwen entstammen dem Familienwappen des Hauses Waldburg-Trauchburg. Der Hammer ist die Abbildung des vergoldeten Hammer, mit dem PapstJulius III. die Jubiläumspforte zum Heiligen Jahr 1550 öffnete. Der Papst schenkte diesen Hammer Otto Kardinal Truchseß von Waldburg-Trauchburg, Bischof von Augsburg und Stifter der Universität Dillingen, der ihn der Universität zur Ausstellung bei religiösen und akademischen Feierlichkeiten übergab.[4]
Neben einer Abbildung in der von Wilhelm Weiß herausgegebenen Chronik von Dillingen ist ein in Stein gemeißeltes Wappen über dem Alten Tor der ehemaligen Universität, der heutigen Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung, in der Kardinal-von Waldburg-Str. 7 zu sehen.[5]
Bedeutende Professoren der Universität Dillingen
Pedro de Soto (um 1500–1563), Dominikanertheologe und Berater des Kaisers Karl V.
Wilhelm Damasi Lindanus (1525–1588), Bischof, Inquisitor und Professor der Theologie in von 1554 bis 1556 Dillingen
Bartholomäus Kleindienst (vor 1530–1560), Dominikaner, Theologe und Professor der Heiligen Schrift in Dillingen
Ferdinand Alber (1548–1617), Jesuit, 1569 Studium in Dillingen, dort Philosophieprofessor
Sebastian Heiß (1571–1614), Jesuit und Kontroversist, Professor der Theologie bis 1609
Adam Tanner (1572–1632), gilt als einer der größten jesuitischen Theologen, Professor der Theologie
Paul Laymann (1575–1635), Jesuit, 1625–1632 der erste Professor für Kirchenrecht in Dillingen
Andreas Brunner (1589–1650), Jesuit, Historiker („Bairischer Livius“) und Dichter, ab 1622 Professor der Moraltheologie und Prediger in Dillingen
Heinrich Wangnereck (1595–1664), Jesuit, Theologe und Philosoph, Kanzler der Universität
Albert Curtz (1600–1671), Jesuit, Schriftsteller und Übersetzer, sowie bedeutender Astronom
Kaspar Manz (1606–1677), Rechtswissenschaftler und Kanzler von Pfalz-Neuburg, 1635 Professor der Institutionen
Ehrenreich Pirhing (1606–1679), Theologe und Kirchenrechtler, 1643–1646 Professor des Kirchenrechts, 1658–1671 Professor des Kirchenrechts und für Bibelexegese
Heinrich Henrich (1614–1682), Professor für Exegese und Kanzler der Universität
Melchior Friderich (1654–1709), Professor des Kirchenrechts von 1693 bis 1700
Johann Christoph Raßler (1654–1723), Jesuit, seit 1691 Professor für Moraltheologie und Dogmatik, von 1714 bis 1716 Rektor
Franz Schmalzgrueber (1663–1735), Kirchenrechtler, 1698 Professur der Logik, 1702 der Moral sowie 1705 Professur des kanonischen Rechts; 1716 bis 1724 und 1730 bis 1735 Kanzler der Universität
Vitus Pichler (1670–1736), Jesuit, Professor des Kirchenrechts
Alfred Schröder (Hrsg. im Auftrag des Historischen Vereins Dillingen): Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg, Selbstverlag des Herausgebers: Dillingen a. D.
Die Matrikel der Universität Dillingen, I. (1551 - 1645); bearb. von Thomas Specht, Dillingen 1909-1911 (Digitalisat der ULB Düsseldorf).
Die Matrikel der Universität Dillingen, II. (1646 - 1695); bearb. von Thomas Specht (1. und 2. Lieferung), Dillingen 1912-1913 (Digitalisat der ULB Düsseldorf).
Register zur Matrikel der Universität Dillingen; bearb. von Alfred Schröder, Dillingen 1914-1915 (Digitalisat der ULB Düsseldorf).
Dillingen. In: Ludwig Koch: Jesuiten-Lexikon. Die Gesellschaft Jesu einst und jetzt. Paderborn 1934, Sp. 426–427.
Landsberger als Studierende der Universität Dillingen in den Jahren von 1556–1694. In: Archiv für Geschichte des Hochstifts Augsburg. Hrsg. Dr. Alfred Schröder, Dillingen a. D., 1914/1915, 70, S. 42 f.
Karl M. Mayer: Die Rektoren der Universität Dillingen. In: Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen. Band 9, 1896, S. 255–256.
Thomas Specht: Die Privilegien der ehemaligen Universität Dillingen. In: Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen. Band 8, 1895, S. 1–10.
Thomas Specht, Die ältesten Statuten der Universität Dillingen, in: Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen, Band 10 (1897), S. 92–96.
Thomas Specht, Verzeichnis der Rektoren der Universität Dillingen, in: Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen, Band 12 (1899), S. 93–94.
Ewald Horn: Die Promotionen an der Dillinger Universität 1555–1760. In: Za. für katholische Theologie, Jg. 21, Innsbruck 1897, S. 448–475.
Rolf Kießling (Hrsg.): Die Universität Dillingen und ihre Nachfolger. Stationen und Aspekte einer Hochschule in Schwaben, Dillingen an der Donau, 1999.
Franz Dionys Reithofer: Chronologische Geschichte der baierischen Städte Dillingen, Lauingen und Rain; sammt Materialien zur Geschichte der ehemaligen Universität Dillingen, und Notizen von merkwürdigen gebürtigen Lauingern aus noch unbenützten handschriftlichen Quellen. Dillingen 1821, (Digitalisat).
↑Otto Bucher: Ignaz Mayer als Buchdrucker in Dillingen/Donau (1654–1668). In: Gutenberg-Jahrbuch. 1957, S. 200–206.
↑Otto Bucher: Bibliographie der Druckwerke des Dillinger Buchdruckers Ignaz Mayer (1654–1668). In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 89, 5. November 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2888–2912, hier: S. 2888.
↑Das Heilige Jahr 1550 war eigentlich das 10. Jubeljahr, jedoch wurden die Heiligen Jahre 1400 und 1413 nicht mitgezählt (ersteres wurde manchmal nicht mitgezählt und letzteres wird auch das vergessene Jubeljahr genannt).
↑Vgl. Wilhelm Weiß: Chronik von Dillingen im Regierungsbezirke Schwaben und Neuburg des Königreichs Bayern, Bd. 1, Dillingen: Kränzle, 1861, S. 133 (Digitalisat).