Johann Heinrich Schulze

Johann Heinrich Schulze
Das Grab von Johann Heinrich Schulze auf dem Stadtgottesacker in Halle (Saale)

Johann Heinrich Schulze (* 12. Mai 1687 in Colbitz; † 10. Oktober 1744 in Halle (Saale)) war ein deutscher Universalgelehrter. Er ist Entdecker der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen und zählt zu den hervorragendsten Wissenschaftlern zu Zeiten der Gründung der Academia Fridericiana Halensis.

Leben

Johann Heinrich Schulze wurde am 12. Mai 1687 in Colbitz als Sohn eines Schneiders geboren. Er wurde schon früh Halbwaise und erhielt von 1697 bis 1704 seine Schulausbildung im Waisenhaus des August Hermann Francke, der Franckeschen Stiftung. Von 1704 bis 1717 studierte er an der Friedrichs-Universität Halle Medizin, Chemie, Philosophie und Theologie.

Im Zeitraum von 1720 bis 1732 war er Professor an der Universität Altdorf und danach bis 1744 an der Universität Halle. In Halle hatte er vor allem die Professur der Altertümer inne, dazu kam eine Anwartschaft auf die nächste freiwerdende Stelle in der Medizinischen Fakultät. Diese Professur konnte er erst nach mehreren Jahren Wartezeit antreten. Seine bedeutendste Leistung ist darin zu sehen, dass er die Geschichtsschreibung der Medizin begründete. Seinen Studenten, zu denen auch Johann Joachim Winckelmann gehörte, erläuterte er die Textausgaben antiker Autoren. Schulze gilt als ein bedeutender Numismatiker des 18. Jahrhunderts. Sein Münzkabinett nutzte er für die akademische Lehre. Diese Sammlung bildet heute den Grundstock des Archäologischen Museums der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ist weitgehend erhalten.

Schulze heiratete im Jahr 1719 Johanna Sophie Corvinus in Colbitz. Er ist der Vater von Johann Ludwig Schulze (1734–1799). Schulze verstarb am 10. Oktober 1744 in Halle. Er wurde auf dem halleschen Stadtgottesacker bestattet. Sein Grab befindet sich im Gruftbogen 85.

Entdeckung der Lichtempfindlichkeit der Silbersalze

Schulze hatte ein Glasfläschchen mit Scheidewasser auf ein von der Sonne beschienenes Fensterbrett gestellt. Es trat eine Verfärbung des Scheidewassers ein. Diese hing damit zusammen, dass das Scheidewasser schon vorher benutzt worden war und somit etwas Silbernitrat enthielt. Durch Experimente versuchte er, den Grund der Verfärbung zu finden. Unklar war, ob diese auf die Wärmestrahlung oder auf das Licht der Sonne zurückzuführen sei. Als Schulze 1717 Silbernitrat in einem Ofen erhitzte, stellte er fest, dass sich dieses nicht verdunkelte. Somit konnte er Wärme als Auslöser für die Verdunkelung ausschließen. Als er eine Glasflasche, die Silbernitrat enthielt, teilweise lichtundurchlässig abklebte und dem Sonnenlicht aussetzte, verfärbten sich nach einiger Zeit nur die nicht abgedeckten Bereiche. Die bedeckten Bereiche blieben unverändert. Mit diesen Experimenten wies er eindeutig nach, dass Silbersalze lichtempfindlich sind.

Schulze publizierte im Jahr 1719 seine Ergebnisse in der Bibliotheca Novissima Oberservationum ac Recensionum unter dem Titel Scotophorus pro phosphoro inventus, seu experimentum curiosum de effectu radiorum solarium. Ein Nachdruck unter demselben Titel erfolgte im Jahr 1727 in den Acta physico-medica der Leopoldina.

Charles-François Tiphaigne de la Roche (1722–1774) griff 1760 diese Entdeckungen in seinem Roman Giphantie (der Titel ist ein Anagramm seines Namens) auf, um sie als Möglichkeit zu beschreiben, damit Photographie zu betreiben.[1]

Josef Maria Eder, der auf diese Entdeckung Schulzes im Jahr 1913 in einer Veröffentlichung hinwies, kannte nur den Nachdruck von 1727.

Gedenkstein für Johann Heinrich Schulze in Colbitz

Ehrungen

Am 27. August 1721 wurde Johann Heinrich Schulz mit dem akademischen Beinamen Alcmaeon zum Mitglied (Matrikel-Nr. 354) der Leopoldina gewählt.[2] Im Dezember 1738 wurde er Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg.[3] Seit 1960 ist er Namensgeber für die Schulze Cove in der Antarktis. Die hallesche Bildhauerin Heidi Wagner-Kerkhof schuf 1979 eine bronzene Gedächtnismedaille.[4]

Schriften

Literatur

  • Julius Leopold PagelSchulze, Johann Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 33, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 4 f.
  • Hans-Dieter Zimmermann: Schulze, Johann Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 725 f. (Digitalisat).
  • Josef Maria Eder: Quellenschriften zu den frühesten Anfängen der Photographie bis zum XVIII. Jahrhundert, Halle a. d. Saale: Knapp 1913, S. 97–104
  • Josef Maria Eder: Johann Heinrich Schulze, K. K. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, Wien 1917
  • Wolfram Kaiser, Arina Völker: Johann Heinrich Schulze (1687–1744). Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1980/45. Halle (Saale): Abt. Wissenschaftspublizistik der Martin-Luther-Universität 1980.
  • Hans-Dieter Zimmermann: Von der notwendigen Korrektur einer denkwürdigen Jahreszahl. J.H. Schulze entdeckte bereits 1717 die Lichtempfindlichkeit des Silbernitrats. In: Fotografie 42 (1988), S. 162–163.
  • Hans-Dieter Zimmermann: Die Entdeckung der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen. Eine neue Datierung der Versuche von Johann Heinrich Schulze. In: Rundbrief Fotografie 14.1 (2007), S. 12–14.
  • Stephan Lehmann, Numophylacium Schulzianum. In: »Winckelmann. Moderne Antike«, Katalog der Ausstellung im Neuen Museum vom 7. April bis 2. Juli 2017, Klassik Stiftung Weimar, hrsg. von E. Décultot u. a. (München 2017), S. 154–156.
  • Hans-Dieter Zimmermann: Johann Heinrich Schulze. Ein hallescher Universalgelehrter und Urvater der Fotografie. Hasenverlag, Halle 2020 (Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte; 42) ISBN 978-3-945377-61-1.

Einzelnachweise

  1. Charles-François Tiphaigne de la Roche: Giphantie (Memento vom 19. September 2006 im Internet Archive), 1760, abgerufen am 7. September 2016
  2. Mitgliedseintrag von Johann Heinrich Schulze bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 9. August 2018.
  3. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Johann Heinrich Schulze. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 11. November 2015 (russisch).
  4. Gedächtnismedaille, Medaille Johann Heinrich Schulze, Bronze, gegossen, Durchmesser 93 mm