Ulrike Draesner verfasst in erster Linie Lyrik und Prosa. Sie arbeitet häufig zusammen mit bildenden Künstlern und Schriftstellerkollegen an sogenannten „intermedialen“ Projekten. Dabei treten Draesners Texte mit Kunstformen wie Bildhauerei, Aktionskunst und Musik in ein Spannungsverhältnis.
Draesner nimmt den Standpunkt ein, dass sich die Intelligenz eines Romans in seiner Form zeigt.[3] In ihren Frankfurter Poetikvorlesungen im Wintersemester 2016/17 fragte sie danach, „was wir durch Literatur erfahren oder wissen können“.[4][5] 2019 war Draesner mit ihrem Gedicht doggerland Preisträgerin des erstmals verliehenen Gertrud-Kolmar-Preises. 2020 erhielt sie den von der VGH-Stiftung ausgelobten und mit 15.000 Euro dotierten Preis der LiteraTour Nord. Mit dieser Entscheidung würdigten Jury und Stifterin Ulrike Draesner sowohl für ihr bisheriges Werk als auch für ihren zuletzt erschienenen Roman Kanalschwimmer.[6] Ebenfalls 2020 erhielt sie für ihren Roman Schwitters den Bayerischen Buchpreis.[7]
Im Jahre 2021 erhielt Draesner den mit 50.000 Euro dotierten Großen Preis des Deutschen Literaturfonds: „Ulrike Draesner konfrontiert uns mit Unvereinbarem und Schmerz. Sie experimentiert mit literarischen Formen und fordert die Sprache heraus, ohne ihr Publikum dabei aus den Augen zu verlieren. Ihre Lust am Erzählen und an der Wirkungskraft des Wortes ist in jedem Band zu spüren – gleich ob Prosa, Lyrik oder Essay – und sie ist so ansteckend, dass ihr die Jury den Großen Preis des Deutschen Literaturfonds 2021 zuspricht.“[8] Der Preis wurde am 11. Oktober 2021 im Literaturhaus Leipzig verliehen. 2023 wurde Draesners Roman Die Verwandelten für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.[9] Von Draesner stammen auch einige Übersetzungen aus dem Englischen, darunter zwei Bände der 2020 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten amerikanischen Lyrikerin Louise Glück.
Ihr Roman zu lieben erschien im September 2024.
Zu ihren „späten Einsichten“ zählen für sie unter anderem:
Die Welt, in der ich lebe, ist so weiß, das ich meine daraus entstandenen Privilegien nicht einmal mehr wahrnehme.
Wie viel Spaß es macht, von Jüngeren zu lernen.
Meine Eltern und Großeltern leben noch einmal durch mich hindurch. Die seltsamen Erinnerungen in meinem Kopf, die ich schon als Kind hatte, kommen von ihnen.
Alle anderen Menschen um dich herum haben ihre eigenen Seelen, Gefühle und Träume, auch wenn sie alles tun, um das vor dir zu verbergen.
Es ist erlaubt, keine Lust auf Sex zu haben, auch monatelang. Das ist kein Defizit.
Einen Mann, der sich darüber wundert, dass ich auf Anhieb zentimetergenau rückwärts einparken kann, sollte ich sofort aus dem Auto aussteigen lassen.[10]
Werke (Auswahl)
Einzeltitel
Wege durch erzählte Welten. Intertextuelle Verweise als Mittel der Bedeutungskonstitution in Wolframs Parzival (= Mikrokosmos. Band 36). Lang, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-631-45525-9. (Dissertation. Universität München 1992, über: Wolfram von Eschenbach, Parzival).
Reisen unter den Augenlidern. Erzählungen. Ritter, Klagenfurt 1999.
für die nacht geheuerte zellen. Gedichte. Luchterhand, München 2001.
Mitgift. Roman. Luchterhand, München 2002.
Hot Dogs. Erzählungen. Luchterhand, München 2004.
kugelblitz. Gedichte. Luchterhand, München 2005.
Spiele. Roman. Luchterhand, München 2005.
Schöne Frauen lesen. Über Ingeborg Bachmann, Annette von Droste-Hülshoff, Friederike Mayröcker, Virginia Woolf u. v. a. Luchterhand, München 2007, ISBN 978-3-630-62121-0.
Richtig liegen. Geschichten in Paaren. Erzählungen. Luchterhand, München 2011, ISBN 978-3-630-87324-4.
Heimliche Helden. Über das Nibelungenlied, Heinrich von Kleist, Jean-Henri Fabre, Thomas Mann, James Joyce, Karl Valentin, Gottfried Benn, Tania Blixen, Hans Joachim Schädlich, Gerd-Peter Eigner, Gerhard Falkner. Essays. Luchterhand, München 2013, ISBN 978-3-630-87373-2.[11]
Verführung. Deutschsprachige Novellen von Goethe bis Musil. Goldmann, München 1994, ISBN 3-442-07645-5. Gegen diese Ausgabe sind die Erben des Robert Musil aus grundsätzlichen Erwägungen juristisch eingeschritten. Deswegen erschien 1995 eine sogenannte zweite Auflage mit derselben ISBN unter dem Titel Verführung. Deutschsprachige Novellen von Goethe bis Thomas Mann.
Karen Leeder, Lyn Marven (Hrsg.): Ulrike Draesner. A Companion. de Gruyter, Berlin/Boston 2023, ISBN 978-3-11-047895-2.
Michael König: Poetik des Terrors. Politisch motivierte Gewalt in der deutschen Gegenwartsliteratur. de Gruyter, Berlin 2015, ISBN 978-3-8394-2987-7. (Dissertation. Universität Münster (Westfalen) 2014, darin auch Interview mit Ulrike Draesner: »Ich wollte den Terrorismus niemals verstehen.« Ulrike Draesner über ihren Roman »Spiele« (2005), der die Ereignisse des Attentats während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München in den Mittelpunkt stellt, S. 389–395).
Anna Alissa Ertel: Körper, Gehirne, Gene. Lyrik und Naturwissenschaft bei Ulrike Draesner und Durs Grünbein (= linguae & litterae. Band 3). de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-022910-3. (Dissertation Universität Freiburg im Breisgau 2008).
Stephanie Catani, Friedhelm Marx (Hrsg.): Familien – Geschlechter – Macht – Beziehungen im Werk Ulrike Draesners (= Poiesis. Band 2). Wallstein, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8353-0342-3.
Cornelia Saxe: „Schöne Frauen lesen und schreiben – Die Ulrike-Draesner-Homestory“. In: Maike Stein (Hrsg.): Dünn ist die Decke der Zivilisation – Begegnungen zwischen Schriftstellerinnen. Ulrike Helmer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-89741-244-6, S. 21–32.
↑Leben schreiben. Die Schriftstellerin Ulrike Draesner wird neue Frankfurter Poetikdozentin. In: UniReport. Band49, Nr.6, 8. Dezember 2016, S.13 (unireport.info [PDF; abgerufen am 26. November 2024]).
↑Eberhard Rathgeb: "Die Verwandelten" von Ulrike Draesner: In den Stromschnellen des Lebens. In: Die Zeit. 24. März 2023, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 2. März 2024]).