Udo Kier wurde als nichtehelicher Sohn einer Schneiderin in Köln-Mülheim geboren. Wenige Stunden nach seiner Geburt wurden er und seine Mutter bei einem Bombenangriff im Krankenhaus verschüttet, die Mutter konnte jedoch sich und den Neugeborenen befreien. Seinen leiblichen Vater lernte Kier erst als Erwachsener kennen.[2]
Kier war als Heranwachsender Messdiener und Chorsänger in einer Kirchengemeinde. Er verkleidete sich gern und imitierte beispielsweise Caterina Valente. Nach der Schule begann er eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann, später arbeitete er bei Ford am Fließband.[3] Bald erkannte er, dass er mit seinem Aussehen mit zarten, mädchenhaften Zügen, auffallend grünen Augen und braunen Locken Geld verdienen konnte. So arbeitete er zeitweise als Mannequin in der Modebranche.[4]
In Cannes lernte er Jean Marais und Arndt von Bohlen und Halbach kennen. Kier behauptet, eine Zeitlang von Letzterem ausgehalten worden zu sein. Mit 19 Jahren ging er nach London und schlug sich dort als Kellner durch. Abends besuchte er die Schauspielschule und lernte unter anderem den Regisseur Luchino Visconti und den Schauspieler Helmut Berger kennen. Ebenso begegnete er in den 1960er Jahren Rainer Werner Fassbinder, mit dem er später mehrere Filme drehte.[5]
Karriere
1964 reiste Kier nach Rom, wo er eine schillernde Illustriertenberühmtheit wurde. Zurück in England spielte er mit 23 Jahren erstmals in einem Film und besuchte anschließend in New York eine Schauspielschule. Im Laufe der Zeit und mit größeren Rollen in Film und Fernsehen entwickelte er sich durch sein Aussehen, seinen exzentrischen Ausdruck und seinen Mut zu Rollen jenseits des Üblichen zum Typ des „neugierigen Streuners durch viele schräge Welten“. 1973 brachte er es durch seine Mitwirkung an Paul Morrisseys Filmen Frankenstein und Dracula zu einiger Berühmtheit.[6]
Seinen Hauptwohnsitz behielt Kier bis Anfang der 1990er Jahre in Köln, wo er gemeinsam mit dem MalerMichael Buthe und dem Videokünstler Marcel Odenbach in einer Künstlerkolonie lebte. In den 1980er Jahren versuchte er sich als Musiker, nahm eine Schallplatte mit dem Titel Der Adler auf, die später in seinem ersten amerikanischen Film, My Private Idaho (1991), zu hören war, und reiste mit einem Rock-Pop-Programm nach Moskau.
In amerikanischen Filmen übernahm er mitunter sehr kleine Rollen. So war er in Josh and S.A.M. nur in einer Szene zu sehen. 1995 spielte er in dem Film Vernetzt – Johnny Mnemonic und 1998 in Michael BaysArmageddon. Von 2005 bis 2007 war Kier in der Kinder-Mysteryserie 4 gegen Z als finsterer Magier Zanrelot zu sehen, der die Herrschaft über Lübeck an sich reißen will. Darin spielte er unter anderem mit Carolyn McGregor. Auch wirkte er 2004 in dem deutschen Film Jargo mit.
2008 wurde die PC-Spiel-Umsetzung von Far Cry gedreht. In dem von Uwe Boll produzierten Werk spielte Kier den Bösewicht Dr. Krieger, den Gegenpart des von Til Schweiger gespielten Jack Carver. 2011 übernahm er die Hauptrolle in dem kanadischen Drama-Thriller Keyhole, den er mit seiner Filmpartnerin Isabella Rossellini bei South by Southwest vorstellte.[8]
Im Jahr 2000 spielte er in dem Musikvideo Make Me Bad der US-amerikanischen Nu-Metal-BandKorn neben Brigitte Nielsen einen bösen Wissenschaftler. Für die Dokumentation Arteholic (Regie: Hermann Vaske), der auf dem Filmfest München uraufgeführt wurde, erhielt Kier den CineMerit Award 2014.[9] Er war außerdem in Installationen und Videoclips der Band U2 im Rahmen ihrer Zoo-TV-Tour (1992–1993) zu sehen.
2008 kaufte Kier ein ehemaliges Schulgebäude im thüringischen Gehren, das er bei den Dreharbeiten zu Lulu & Jimi entdeckt hatte.[10] In der Nazi-Parodie Iron Sky (2012) sowie der Fortsetzung Iron Sky: The Coming Race (2019) verkörperte er den Mondführer Wolfgang Kortzfleisch.
Herausragende Kritiken erhielt Kier für seine Hauptrolle in dem Independentfilm Swan Song von Todd Stephens.[11]
Privates
Kier zog Anfang der 1990er Jahre von Köln nach Kalifornien und lebt dort in einem Haus in Palm Springs.[12] Er äußert sich selten zu seinem Privatleben, sprach aber 2022 in einem Interview mit der Zeitschrift GQ über seine Homosexualität und erwähnte, dass er seit mehr als 20 Jahren in einer festen Beziehung lebe.[3][13]
Udo Kier: Footprints (Bildband in limitierter Auflage von 600 Exemplaren), Köln und New York 1991
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 379 f.
Gerd J. Pohl: ''Ostheim''. Essay über Kier und Michael Buthe und das Leben in der Künstlerkolonie Köln-Ostheim. Lantershofen und Bergisch Gladbach 2006
↑Stefan Stosch: „Ich hatte ein gutes Leben“. Interview mit Kinolegende Udo Kier. rnd.de, 19. Mai 2023, abgerufen am 16. Dezember 2023.
↑Samuel Zimmerman: SXSW Feature Lineup announced! fangoria.com, 1. Februar 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Mai 2012; abgerufen am 16. Dezember 2023 (englisch).