Transzendenzbasis ist ein algebraischer Begriff aus der Theorie der Körpererweiterungen, der in Analogie zum Begriff der Vektorraumbasis der linearen Algebra gesehen werden kann. Die Mächtigkeit einer solchen Transzendenzbasis, der sogenannte Transzendenzgrad, stellt ein Maß für die Größe einer transzendenten Körpererweiterung dar.
Begriffsbildung
Es sei
eine Körpererweiterung, das heißt,
ist ein Teilkörper des Körpers
. Eine
-elementige Menge
heißt algebraisch unabhängig über
, wenn es außer dem Nullpolynom kein Polynom
mit
gibt. Eine beliebige Teilmenge
heißt algebraisch unabhängig über
, wenn jede endliche Teilmenge von
es ist.
Eine maximale algebraisch unabhängige Menge in
, die man also durch kein weiteres Element zu einer über
algebraisch unabhängigen Menge erweitern kann, heißt eine Transzendenzbasis der Körpererweiterung
.
Man beachte die Analogie zur linearen Algebra, in der eine Vektorraumbasis als eine maximale linear unabhängige Menge charakterisiert werden kann.
Existenz und Eigenschaften von Transzendenzbasen
Wie in der linearen Algebra die Existenz einer Hamelbasis bewiesen wird, so erhält man die Existenz einer Transzendenzbasis, indem man zeigt, dass jede Vereinigung aufsteigender Mengen algebraisch unabhängiger Mengen wieder algebraisch unabhängig ist und dann das Lemma von Zorn anwendet.
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, Transzendenzbasen zu charakterisieren. So sind etwa für eine Körpererweiterung
und eine algebraisch unabhängige Menge
folgende Aussagen äquivalent:[1]
ist eine Transzendenzbasis von
.
ist algebraisch, wobei
der kleinste Körper in
ist, der
und
enthält (siehe Körperadjunktion).
Transzendenzgrad
In Analogie zum Austauschlemma von Steinitz der linearen Algebra zeigt man, dass je zwei Transzendenzbasen einer Körpererweiterung gleichmächtig sind. Daher ist die Mächtigkeit einer Transzendenzbasis eine Invariante der Körpererweiterung
, die man ihren Transzendenzgrad nennt und mit
bezeichnet.[2] In Anlehnung an die englischsprachige Bezeichnung transcendence degree findet man auch die Schreibweise
. Aus
folgt, dass der Erweiterungsgrad
unendlich ist, denn die ganzzahligen Potenzen eines transzendenten Elements
sind linear unabhängig über
, womit bereits eine Körpererweiterung um ein transzendentes Element,
, unendlichen Grad besitzt; der Transzendenzgrad stimmt also nicht mit dem Erweiterungsgrad überein.
Ferner hat man[3]
- Für Körper
gilt
.
Rein transzendente Körpererweiterungen
Eine Körpererweiterung
heißt rein transzendent, wenn es eine Transzendenzbasis
gibt mit
. Daraus folgt, dass jedes Element aus
transzendent über
ist. Jede Körpererweiterung lässt sich in eine algebraische und eine rein transzendente Körpererweiterung aufspalten, wie der folgende Satz zeigt:[4]
Ist
eine Körpererweiterung, dann gibt es einen Zwischenkörper
, sodass Folgendes gilt:
ist rein transzendent.
ist algebraisch.
Zum Beweis nehme man
für eine Transzendenzbasis
über
.
Beispiele
- Eine Körpererweiterung
ist genau dann algebraisch, wenn die leere Menge eine Transzendenzbasis ist. Dies ist wiederum äquivalent dazu, dass
gilt.
- Ist
der Körper der rationalen Funktionen über
, so hat die Körpererweiterung
die Transzendenzbasis
und es gilt somit ![{\displaystyle \operatorname {Trg} (K(t)/K)=1}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/94a8613616094d47b3504aca02721ec73465e0b7)
- Ist
der Körper der rationalen Funktionen in
Unbestimmten über
, so gilt
. Dies ergibt sich aus der obigen Formel zur Berechnung des Transzendenzgrades mit Hilfe von Zwischenkörpern aus dem letzten Beispiel.
- Aus Mächtigkeitsgründen gilt
(lies „Beth eins“, siehe Beth-Funktion).
- Die Körpererweiterungen
und
sind rein transzendent, wobei für Letzteres die nicht-triviale Tatsache der Transzendenz der Eulerschen Zahl
über
verwendet wird.
- Die Körpererweiterung
ist nicht-algebraisch, aber auch nicht rein transzendent, da
algebraisch über
ist.
Einzelnachweise
- ↑ Gerd Fischer, Reinhard Sacher: Einführung in die Algebra. 2., überarbeitete Auflage. Teubner, Stuttgart 1978, ISBN 3-519-12053-4, Anhang 4.
- ↑ Kurt Meyberg: Algebra. Band 2. Carl Hanser, München u. a. 1976, ISBN 3-446-12172-2, Satz 6.10.10.
- ↑ Kurt Meyberg: Algebra. Band 2. Carl Hanser, München u. a. 1976, ISBN 3-446-12172-2, Satz 6.10.11.
- ↑ Gerd Fischer, Reinhard Sacher: Einführung in die Algebra. 2., überarbeitete Auflage. Teubner, Stuttgart 1978, ISBN 3-519-12053-4, Anhang 4, Satz 2.