Die 83. Tour de France fand vom 29. Juni bis 21. Juli 1996 statt. Es starteten 198 Fahrer, 129 Fahrer erreichten das Ziel in Paris.
Der Gesamtsieger Bjarne Riis wurde 2007 nach seinem Dopingbekenntnis zunächst durch den Veranstalter aus den Siegerlisten gestrichen. Die Organisatoren führten damit für die Tour de France 1996 vorübergehend keinen Gesamtsieger.[1] Die Streichung wurde jedoch rückgängig gemacht[2] und nach dem Reglement der WADA ist das Vergehen verjährt.
Die Rundfahrt mit einer ursprünglichen Gesamtlänge von 3909 km und 21 Etappen begann 1996 im holländischen ’s-Hertogenbosch und führte im Uhrzeigersinn nach dem Prolog in den Niederlanden zuerst durch die Alpen, dort auch durch Italien, dann durch die Pyrenäen mit einem Abstecher nach Spanien. In den Alpen führte ein Bergzeitfahren hinauf nach Val-d’Isère, das zweite lange Einzelzeitfahren über flaches Terrain von Bordeaux nach Saint-Émilion. Die Gesamtlänge verkürzte sich später aufgrund der verkürzten 9. Etappe auf 3765 km.
Favoriten
Zu den Favoriten gehörten neben Miguel Induráin, dem Sieger der Jahre 1991 bis 1995, der mit einem Erfolg seinen sechsten Toursieg hätte feiern können und damit einen neuen Rekord aufgestellt hätte, Alex Zülle und Bjarne Riis, die im Vorjahr auf dem Podium standen. Des Weiteren wurden der Vorjahresvierte und 1995 Sieger der Vuelta a EspañaLaurent Jalabert, Induráins Dauerrivale Tony Rominger (Sieger beim Giro d’Italia 1995) und Jewgeni Bersin hoch gehandelt.
Rennverlauf
Den Prolog im verregneten ’s-Hertogenbosch gewann Alex Zülle. Üblicherweise wird schon bei dem relativ kurzen Zeitfahren zu Beginn die Formstärke der Fahrer sichtbar, auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass die Zeitunterschiede nach wenigen Kilometern groß sind. Zwar galt Zülle als exzellenter Zeitfahrer, aber bei diesem Prolog im Regen wollten die meisten Favoriten keinen Sturz riskieren. Das betraf insbesondere den damals besten Zeitfahrer auf solch kurzen Strecken Chris Boardman, der im Vorjahr – ebenfalls im Regen – schwer stürzte und ausschied. Somit war das mäßige Abschneiden von Induráin noch kein Indiz dafür, dass er dieses Mal die Tour verlieren könnte.
Nach einer regnerischen ersten Woche ging es auf der 7. Etappe ins alpenländische Hochgebirge, die zunächst über den Col de la Madeleine und den Cormet de Roselend führte. Dort bereits war Jalabert abgehängt, Zülle mehrmals gestürzt. Vor dem Schlussanstieg führte noch der Ausreißer Udo Bölts das Feld an und wurde erst am letzten Berg abgefangen. Hinauf zum Ziel nach Les Arcs wurde Induráin, den als einzigen der Favoriten kein Teamkollege mehr unterstützen konnte, von den Mitfavoriten durch ständige Attacken zermürbt. Das Bild, als er ein Zeichen machte, er habe keine Wasservorräte mehr, war Symbol seiner Niederlage. Er litt unter Hunger und Durst, nahm sogar eine Trinkflasche aus einem fremden Teamfahrzeug an, was eine spätere Zeitstrafe nach sich zog. Bereits jetzt war die Tour für ihn verloren, der Zeitrückstand zu groß, im Ziel waren es über 4 Minuten. Die Etappe gewann Luc Leblanc, die Mitfavoriten Rominger, Berzin und Riis verloren nur wenig Zeit, sodass Berzin ins Gelbe Trikot schlüpfen konnte. Auch das Zeitfahren am Tag danach gewann Berzin, der nun als aussichtsreichster Kandidat für den Gesamtsieg in Frage kam. Auch beim Giro d’Italia 1994 konnte Berzin Induráin schon schlagen.
Die 9. Etappe sollte über den 2.646 Meter hohen Col du Galibier führen. Auf dem Pass schneite es, die Etappe wurde deswegen verkürzt, und aus der eigentlichen Königsetappe (190 km) wurde ein sehr kurzes Teilstück über nur 46 Kilometer. Am letzten Anstieg nutzte Bjarne Riis die Gunst der Stunde und attackierte. Sein Zeitvorsprung reichte, um die Führung in der Gesamtwertung zu übernehmen. Diese Leistung wiederholte er in den Pyrenäen (16. Etappe) hinauf nach Hautacam und baute seine Führung aus.
Auf der letzten Pyrenäenetappe sollte dann das Gesamtklassement geschrieben werden: Die Etappe führte zunächst durchs Hochgebirge und endete nach einem 100 km langen Flachstück im baskischen Pamplona. Die Strecke ins Baskenland sollte eine Huldigung an Miguel Induráin darstellen, durch dessen Geburtsort die Strecke führte. Doch aus der Triumphfahrt wurde nichts; Induráin befand sich in einer abgehängten Gruppe weit hinter der Spitze. Am erstmals überquerten Port de Larrau teilte sich die Spitzengruppe mit den Favoriten. Während die erste Gruppe (mit Riis, Ullrich, Luttenberger, Dufaux, Virenque, Ugrumow, Leblanc, Escartin) auf dem Flachstück Einigkeit zeigte und sich die Fahrer mit der Führungsarbeit laufend abwechselten, zeigten sich in der zweiten Gruppe nur wenige Fahrer, die Interesse an einer Verfolgung hatten. Vor allem Rominger und Olano versuchten nun, den Rückstand in Grenzen zu halten, Induráin hielt sich im Windschatten zurück. Der Zeitabstand ausgangs der Berge betrug ca. eineinhalb Minuten, im Ziel waren über acht Minuten daraus geworden. Somit belegten am Ende der Etappe die acht Fahrer der ersten Gruppe alle vorderen Plätze in der Gesamtwertung.
Das abschließende Zeitfahren gewann Jan Ullrich, der so stark fuhr, dass er fast seinen Teamleader Bjarne Riis in Bedrängnis brachte. Dem Dänen blieben im Ziel lediglich 1:41 Minuten Vorsprung auf den nun zweitplatzierten Deutschen.
Für das Team Telekom war die Rundfahrt ein vollkommener Triumph. Das Team, das im Vorjahr fast nicht zugelassen wurde und nur mit einer Rumpfmannschaft zusammen mit dem zweitklassigen Team ZG-Mobili antreten durfte, belegte die Plätze eins und zwei der Einzelgesamtwertung, dazu kamen insgesamt fünf Etappensiege, das Grüne Trikot für Erik Zabel sowie das Weiße Trikot für den besten Fahrer unter 25 Jahren durch Jan Ullrich.
Die Organisatoren der Tour de France haben Riis im Juni 2007 nach seinem Eingeständnis, während dieser Tour zu Methoden des Dopings gegriffen zu haben, offiziell aus ihren eigenen Listen gestrichen und führen für die Tour 1996 keinen Sieger.[1] Der Internationale Radsportverband kann ihm den Titel offiziell nicht aberkennen, da das Dopingvergehen zum Zeitpunkt des Eingeständnisses verjährt war. Er hatte Riis jedoch schon kurze Zeit nach seinem Dopinggeständnis aufgefordert, sein Gelbes Trikot zurückzugeben.[3]
A: Aufgabe während der Etappe, NA: nicht zur Etappe angetreten, S: suspendiert/ausgeschlossen, ZÜ: Zeitüberschreitung
Doping
Während einer Pressekonferenz am 25. Mai 2007 in Kopenhagen gestand Riis, in der Zeit von 1993 bis 1998 das verbotene Dopingmittel Erythropoetin (EPO), Wachstumshormone und Cortison zur Leistungssteigerung eingenommen zu haben. Das EPO kaufte und nahm er nach eigenen Angaben selbst ein. Auch sein Sieg bei der Tour de France 1996 stand unter dem Einfluss des Dopingmittels EPO, Cortison und Wachstumssubstanzen, wie Riis öffentlich zugab: „Ich weiß, dass ich mit unerlaubten Mitteln zum Toursieg kam. Aber ich habe trotzdem dafür gearbeitet. Wenn ihr euch das Gelbe Trikot jetzt holen wollt, bitte, es bedeutet mir nichts. Es liegt im Pappkarton.“
Da die achtjährige Verjährungsfrist bei Riis’ Dopinggeständnis abgelaufen war, konnte ihm der Titel nicht mehr rückwirkend aberkannt werden. Trotzdem regte die UCI an, Riis beim Wort zu nehmen und bat um die Rückgabe des „Zeichen des Sieges“, des gelben Trikots.
Zuvor hatten sich Riis damalige Teamkollegen Bert Dietz, Erik Zabel, Rolf Aldag, Brian Holm, Christian Henn und Udo Bölts aus dem Team Telekom dazu bekannt, 1996 bei der Tour gedopt zu haben. Auch die damaligen Teamärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich gestanden, über die Dopingvorgänge in der Mannschaft gewusst zu haben. Erst im Juni 2013 räumte auch Jan Ullrich, Riis’ ehemaliger Kollege im Team Telekom, Eigenblutdoping ein, um „Chancengleichheit herzustellen“. Die Einnahme von EPO oder anderen Dopingmitteln streitet Ullrich weiter ab. Die damaligen Telekomprofis Steffen Wesemann und Jens Heppner beteuern bis heute ihre Unschuld in Sachen Doping.