Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich
Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich
Theologisches Seminar und Sitz des Dekanats der Theologischen und Religionswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich
Die Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät Zürich ist Teil der Universität Zürich. Sie bietet theologische und religionswissenschaftliche Studiengänge an und verfügt über dreizehn Lehrstühle, eine Assistenzprofessur und eine Gastprofessur.
Neben dem Voll- und dem Hauptfachstudiengang Theologie und dem Hauptfachstudiengang Religionswissenschaft bestehen folgende Nebenfachstudiengänge: Altorientalische Religionsgeschichte, Antikes Christentum, Antikes Judentum, Bibelwissenschaften, Hebräische Sprache und Literatur, Hermeneutik, Kirchengeschichte, Religionspädagogik, Religionsphilosophie, Religionswissenschaft, Systematisch-Praktische Theologie. In Verbindung mit der Philosophischen Fakultät wird der Nebenfachstudiengang Ethik, in Verbindung mit anderen Universitäten werden die Masterstudiengänge „Antikes Judentum“ und „Religion, Wirtschaft und Politik“ angeboten.
Geschichte
Ansicht vom ZwingliplatzAnsicht vom Karlsturm des Grossmünsters
Die Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät Zürich geht auf ein im Jahre 1525 gegründetes «Lektorium» für Theologie zurück. Angeregt von Huldrych Zwingli hatten Bürgermeister und Räte der Stadt Zürich eine Bildungsreform beschlossen, die zum Ziel hatte, den angehenden reformierten Theologen fundierte Kenntnisse der klassischen Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein zu vermitteln.[1] Nach Zwinglis Tod wurde das Schulwesen Heinrich Bullinger unterstellt. Unter seiner Ägide erhielt das «Lektorium» eine klare Struktur und eine solide finanzielle Basis. Ab 1559 wurde es als «Hohe Schule» für Theologie eingestuft und trug fortan den Namen «Schola Tigurina».[2]
Mit der Gründung der Universität Zürich 1833 wurde das Collegium Carolinum aufgehoben und der Universität unterstellt. Mitinitiator und erster Rektor der neuen Universität wurde der Altphilologe und Theologe Johann Caspar von Orelli,[10] der am Collegium Carolinum gelehrt hatte. Zu den ersten Dozenten der neu gegründeten Theologischen Fakultät gehörte der Neutestamentler Heinrich Christian Michael Rettig, der Alttestamentler Ferdinand Hitzig und der Orientalist Bernhard Hirzel.[11] Die Berufung des kritischen Theologen David Friedrich Strauß 1839 löste eine politische Krise (Züriputsch) aus, welche die Zürcher Regierung zu Fall brachte.
In den 1960er-Jahren erfuhr die Theologische Fakultät einen starken Ausbau und es kam zu mehreren Institutsgründungen: 1962 des Instituts für Hermeneutik durch Gerhard Ebeling, 1964 des Instituts für Schweizerische Reformationsgeschichte durch Fritz Blanke und des Instituts für Sozialethik durch Arthur Rich.
Zu den signifikanten Veränderungen der jüngsten Zeit gehört die 1999 erfolgte Einführung eines eigenen Studiengangs „Religionswissenschaft“ auf Initiative des damaligen Lehrstuhlinhabers Fritz Stolz. 2006 wurde ein Religionswissenschaftliches Seminar gegründet, das seit Januar 2013 an der Kantonsschulstrasse 1 domiziliert ist.
Im Herbst 2015 wurde eine Professur ad personam für Spiritual Care errichtet und durch Simon Peng-Keller besetzt. In Zusammenarbeit mit der Medizinischen Fakultät bietet diese Professur ein interdisziplinäres Lehrangebot an und ist mit der Forschung in diesem Gebiet beauftragt.
Am 1. Januar 2024 wurde der Name der «Theologischen Fakultät» (ThF) zu «Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät» (TRF) ergänzt.
Rektoren der Universität Zürich aus der Theologischen Fakultät:
Alttestamentliche Wissenschaft und Frühjüdische Religionsgeschichte: Konrad Schmid
Alttestamentliche Wissenschaft und Altorientalische Religionsgeschichte: Thomas Krüger
Neues Testament
Neutestamentliche Wissenschaft mit dem Schwerpunkt Geschichte und Theologie der urchristlichen Literatur im Rahmen der spätantiken Religionen: Stefan Krauter
Neutestamentliche Wissenschaft mit den Schwerpunkten Antikes Judentum und Hermeneutik: Jörg Frey
Kirchengeschichte
Kirchen- und Theologiegeschichte von der Alten Kirche bis zur Reformation: Silke-Petra Bergjan
Kirchen- und Dogmengeschichte von der Reformationszeit bis zur Gegenwart: Tobias Jammerthal
Historische und vergleichende Religionswissenschaft: Doris Decker
Religionswissenschaft mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung: Dorothea Lüddeckens
Religionswissenschaft mit systematisch-theoretischer Ausrichtung: Rafael Walthert
Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik (ZRWP): David Atwood
UFSP Digital Religion(s): Beth Singler
Gebäude
Nach dem Abriss des ehemaligen Chorherrenstifts neben dem Grossmünster entstand 1850–1853 ein Neubau im neoromanischen Stil von Gustav Albert Wegmann. Der Kreuzgang des Chorherrenstifts, der teilweise noch aus dem 12. Jahrhundert stammte, wurde in den Neubau integriert. In diesem sog. Grossmünsterschulhaus war die Töchterschule beheimatet, ein städtisches Gymnasium für Mädchen. Seit 1973 befindet sich in den Gebäuden das Theologische Seminar der Universität Zürich.[12]
Literatur
Hans Ulrich Bächtold (Hrsg.): Schola Tigurina.Die Zürcher Hohe Schule und ihre Gelehrten um 1550 / Katalog zur Ausstellung vom 25. Mai bis 10. Juli 1999 in der Zentralbibliothek Zürich. Pano-Verlag, Zürich 1999, ISBN 3-907576-19-5.
Fritz Büsser: Heinrich Bullinger (1504-1575).Leben, Werk und Wirkung. TVZ, Zürich 2004–2005, ISBN 3-290-17297-X.
Emidio Campi: Erbe und Wirkung der Zürcher Reformation. In: Erwin Koller (Hrsg.). Der wirtschaftliche Erfolg und der gnädige Gott.Christliche Arbeitsmoral, Sozialstaat und Globalisierung / Texte zum Symposium „Zwischen Grossmünster und Paradeplatz“ vom 19. Januar 2007 in Zürich. Theologischer Verlag Zürich, Zürich 2007, ISBN 3-290-20040-X, S. 39–50.
Ulrich Ernst: Geschichte des Zürcherischen Schulwesens …. Bleuler-Hausheer, Winterthur 1879. Download
Ulrich Gäbler: Huldrych Zwingli.Eine Einführung in sein Leben und sein Werk. 3. Auflage. Theologischer Verlag, Zürich 2004, ISBN 978-3-290-17300-5.
Ernst Gagliardi, Hans Nabholz und J. Strohl: Die Universität Zürich 1833-1933 und ihre Vorläufer. Erziehungsdirektion, Zürich 1938.
Anja-Silvia Göing: Die Zürcher Hohe Schule 1525-1560 als Bildungsinstitution. In: Zeitschrift für pädagogische Historiographie.Nr. 8 2002, S. 79–83.
Johann Jakob Hottinger: Scholae Carolinae Dei o.m. gratia amplissimi Reip. Turic. Senatus auspiciis feliciter perfectam restaurationem magnifici rectoris Io. Gaspari Hessii et Academiae Verbis indicat Io. Iacobus Hottingerus, Eloqu. Prof.Accedit Index lectionum publicarum atque privatarum. typis Orelli, Gessneri, Fuesslini et socc, Tiguri 1776.
Theodor Hug, Georg Finsler und Fritz Hunziker: Zur Geschichte der zürcherischen Kantonsschule.Festschrift zu Ehren ihres fünfzigjährigen Bestandes Ostern 1833-1883. [s.n.], S.l 1883.
Erwin Koller (Hrsg.): Der wirtschaftliche Erfolg und der gnädige Gott.Christliche Arbeitsmoral, Sozialstaat und Globalisierung / Texte zum Symposium „Zwischen Grossmünster und Paradeplatz“ vom 19. Januar 2007 in Zürich. Theologischer Verlag Zürich, Zürich 2007, ISBN 3-290-20040-X.
Hanspeter Marti: Reformierte Orthodoxie und Aufklärung.Die Zürcher Hohe Schule im 17. und 18. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2012, ISBN 978-3-412-20929-2.
Hans Nabholz: Zürichs Höhere Schulen.Von der Reformation bis zur Gründung der Universität 1525-1833. [s.n.], Affoltern a.A 1938.
Kurt Jakob Rüetschi: Bullinger, der Schulpolitiker. In: Emidio Campi und Hans Ulrich Bächtold (Hrsg.). Der Nachfolger.Heinrich Bullinger (1504-1575) / Katalog zur Ausstellung im Grossmünster Zürich 2004. TVZ, Theologischer Verlag Zürich, Zürich 2004, ISBN 3-290-17331-3, S. 66–70.
Konrad Schmid: Die Theologische Fakultät der Universität Zürich.Ihre Geschichte von 1833 bis 2015. TVZ, Theologischer Verlag Zürich, Zürich 2016, ISBN 978-3-290-17865-9
Peter Stadler: Die Universität Zürich, 1933-1983.Festschrift zur 150-Jahr-Feier der Universität Zürich. Rektorat der Universität Zürich, Zürich 1983, ISBN 3-85823-086-3.
Fritz Stolz: Der Gott der Theologie und die Götter der Religionswissenschaft. In: ders., Religion und Rekonstruktion. Ausgewählte Aufsätze, hg. von Katharina Frank, Anna-Katharina Höpflinger, Margaret Jaques, Daria Pezzoli-Olgiati und Annette Schellenberg, Göttingen 2004, ISBN 978-3-525-58169-8, S. 287–304.
Christoph Uehlinger: Religionswissenschaft in der Schweiz: Geschichte und aktuelle Perspektiven. Bulletin der Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden 36 (1, 2010), S. 5–12. Download
Regula Weber-Steiner: Glükwünschende Ruhm- und Ehrengetichte.Casualcarmina zu Zürcher Bürgermeisterwahlen des 17. Jahrhunderts. Diss. Univ. Zürich, 2003/2004. - Ref.: Rolf Tarot. 1. Auflage. Lang, Bern 2006, ISBN 3-03910-388-1.