Theatrum mundi![]() Theatrum mundi (lat. „Welttheater“) ist eine Metapher für die Eitelkeit und Nichtigkeit der Welt, die in Renaissance und Barock häufig gebraucht wird. Mit dem Vorwand der Warnung (siehe Vanitas) wurden solche Welttheater mit aufwendigen Mitteln inszeniert (etwa Das große Welttheater, Bauernkriegspanorama). Diese Tradition der Schaustellungen hat sich über Jahrhunderte erhalten. – Seit dem 19. Jahrhundert wird unter dem Begriff vornehmlich ein mechanisches Miniaturtheater verstanden. Auch die Mechanik war vor der modernen Aufwertung der Ingenieurtechnik ein Sinnbild der Nichtigkeit. Antike und MittelalterDer Ausdruck Theatrum mundi „entspricht der Weltanschauung, in der das ganze Welttreiben ein vorüberziehendes Schauspiel ist und infolgedessen jedes menschliche Wesen seine vom Schicksal (in der Antike) oder von Gott (im christlichen Theater) auferlegte Rolle zu spielen hat“.[1] Als literarisches Motiv und Gleichnis ist er in der römischen Antike seit den Stoikern und im Mittelalter von Augustinus an verbreitet. Im Barocktheater, bei Lope de Vega, Pedro Calderón de la Barca und Shakespeare wird oft in Monologen der Hauptfiguren über den Schauspiel-Charakter des Lebens philosophiert, über seine Flüchtigkeit, Äußerlichkeit oder Fremdbestimmtheit. Mechanisches WelttheaterEin Bestandteil von Puppentheater-Programmen im 19. Jahrhundert war häufig ein „Theater im Theater“, ein „Theatrum mundi“ oder „mechanisches Welttheater“ mit bunt bemalten Figuren aus Pappe oder Blech, die auf mehreren Laufschienen über die Bühne gezogen wurden. Die einzelne Figur wurde dabei durch Exzenter-Räder und raffinierte Übersetzungen bewegt. Der Puppentheater-Direktor des 19. Jahrhunderts baute diese mechanischen Schaubühnen wie auch seine Marionetten bzw. Fantoches oft selbst und bezeichnete sich deshalb stolz als „Mechanikus“. Während der Marionettenvorstellung war das Theatrum mundi im Durchbruchsprospekt verdeckt, im Anschluss bestritt es das so genannte Nachspiel. Einige Puppenspieler bezogen das Theatrum mundi geschickt in ihre Stücke ein: „Dr. Faust. Im 5. Akt wird Fausts Höllenfahrt im Theatrum mundi dargestellt“ oder „Fridolin oder der Gang nach dem Eisenhammer. Großes Ritterschauspiel in 5. Akten. Im 3. Und 4. Akt großes Eisenhammerwerk, ganz neu gemalt und mechanisch eingerichtet. Man sieht die Glühöfen und den Eisenhammer in Tätigkeit.“[2] Als ein Vorläufer der Kino-Wochenschau ließ das Theatrum mundi die Zuschauer einen Blick in die weite Welt tun. Es war eine Maschinenkomödie im Kleinen. Die Vorstellung aktueller Ereignisse wechselte im Programm mit exotischen und lehrreich-unterhaltsamen Bildern. Panoramaähnliche Dekorationen, Licht- und Geräuscheffekte sowie rasche Verwandlungen mit Klappkulissen belebten die Darstellung von Schlachten, Jahrmärkten, biblischen und historischen Szenen, geographischen Bildern im Wandel der Jahreszeiten mit bewegter See, Gewittern, Mondschein und Vulkanausbrüchen.”[3]
Auf dem Jahrmarkt waren große Theatra mundi oft alleinige Attraktion einer Schaubude. Ein beliebtes Sujet waren dabei Bergwerke, große Gruben „en miniature“, die ihren Ursprung in den tragbaren „Buckelbergwerken“ hatten, mit denen (invalide) arbeitslose Bergleute aus dem Erzgebirge herumzogen.[5] Die Figuren der Buckelbergwerke und „mechanischen Bergwerke“ in Schaubuden waren oft vollplastisch, die Übergänge zu den mechanischen Theatern mit plastischen Figuren und den Automaten-Kabinetten waren fließend. Literatur
WeblinksEinzelnachweise
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