Stephanuskirche (Kastron Mefaa)Die Stephanuskirche von Kastron Mefaa gehört zum jordanischen UNESCO-Weltkulturerbe Archäologische Stätte Umm er-Rasas – Kastron Mefaa. Die Ausgrabungen des Kirchenkomplexes im heutigen Umm er-Rasas dauerten von 1986 bis 2006 und standen unter der Leitung des Christlichen Archäologen Michele Piccirillo (1944–2008). NameDer antike Ortsname, der den ursprünglichen militärischen Charakter der Siedlung charakterisiert, ist in seiner ältesten Überlieferungsform durch das Onomastikon der biblischen Ortsnamen des Eusebius als Standort einer römischen Garnison belegt[2] und mit Μηφαάθ und Μωφάθ benannt,[3] wurde durch Hieronymus, der eine lateinische Transkription der Texte vornahm, mit Mefaath beziehungsweise Mofath übersetzt. Auch die Notitia Dignitatum Orientis kennt Mefa als eine römische Kavalleriegarnison um 400 n. Chr.[4] Des Weiteren ist der Name durch vier Inschriften auf Mosaikfußböden in Kirchen dieser Siedlung als Kastron Mefaa oder auch Mephaon gesichert.[5] Zudem repräsentiert vermutlich das im Alten Testament bei Josua 13:18 und 21:37 sowie bei Jeremia 48:21 erwähnte Mefaat (auch Mephaat, Mefa'at, Mepha'at),[6] den Ort. Den Zusammenhang zwischen den historischen Ortsnamen und dem eigentlichen Fundort herzustellen gelang erst Piccirillo mit seinen Ausgrabungen.[7] BaubeschreibungGemeinsam mit der Sergioskirche, der sogenannten Hofkirche und einer gepflasterten Kapelle bildete die Stephanuskirche „ein liturgisches und klösterliches Ensemble“.[8] Es war typisch für Kastron Mefaa, dass die Kirchen in der Mitte einer Gebäudegruppe lagen, zu der beispielsweise Weinpressen gehörten. Das deutet darauf hin, dass sie mit Klöstern verbunden waren.[5] Der teilweise mit wesentlich älterem Spolienmaterial errichtete Gebäudekomplex befindet sich in der Neustadt von Kastron Mefaa, die im 7./8. Jahrhundert infolge des Bevölkerungswachstums nördlich der Stadtmauern angelegt und ebenfalls befestigt wurde. Die Stephanuskirche war eine dreischiffige Basilika auf einer Grundfläche von 13,5 × 24 Metern. Zwei Inschriften in der Stephanus-Basilika sind wahrscheinlich so zu interpretieren, dass die Kirche im Jahr 718 erbaut und 756 (also in frühabbassidischer Zeit) mit dem Mosaikfußboden geschmückt wurde, der heute das Hauptinteresse auf sich zieht.
– Stifterinschrift des Mosaiks[9] IkonoklasmusBis in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts gab es in Kastron Mefaa eine florierende christliche Gemeinde, die zur Diözese von Madaba gehörte. Während einiges für stabile Lebensverhältnisse spricht, wurden zur gleichen Zeit die Mosaiken in den Kirchen von Ikonoklasten beschädigt. Hierfür wird in der Regel ein religiös untermauerter Dynastienwechsel der herrschenden islamischen Gesellschaftsschicht verantwortlich gemacht. Während die Umayyaden (661–750) für einen offenen Umgang mit den christlichen Gemeinden standen, kam es nach einem von konservativen islamischen Kräfte angetriebenen gewaltsamen Machtwechsel zur Gründung des Abbasiden-Kalifats. Die dadurch eingeleitete kulturelle und geistige Transformation lässt sich auch im archäologischen Kontext von Kastron Mefaa nachweisen, da ab 750 n. Chr. äußerst einheitliche Keramiktypologien existieren, die aus der späten Umayyaden- in die frühe Abbasidenzeit leiten.[10] In Transjordanien griff nun das Bilderverbot im Islam. Einige Autoren können sich auch Konflikten innerhalb der christlichen Gemeinde vorstellen,[11] So besteht eine zeitliche Nähe zum Konzil von Hiereia (754), einem Höhepunkt des byzantinischen Bilderstreits. Die Beschlüsse des Konzils scheinen jedoch kein hartes Vorgehen gegen Bilderverehrer zur Folge gehabt zu haben, denn Vandalismus gegen kirchliche Einrichtungen wurde explizit untersagt.[12] Die Ikonoklasten gingen bei der Zerstörung von Mosaiken in Kastron Mefaa selektiv, aber uneinheitlich vor: Die Darstellungen von Menschen sollten wohl alle beseitigt werden und auch vor den Tierdarstellungen machte der Bildersturm meist nicht halt. Bei vielen Fischen wurde zumindest der Kopf entfernt und bei etlichen Tintenfischen die Augen getilgt. Aus unbekannten Gründen überlebte auch eine einzige, singuläre menschliche Darstellung die Zerstörungen. Zudem blieben Inschriften, Pflanzenmotive und Architekturdarstellungen unangetastet. Das erklärt den heutigen Zustand des Bodenmosaiks. Mosaikfußboden und StädtevignettenDer Boden ist vollständig mit Mosaiken ausgelegt. Den Inschriften ist zu entnehmen, dass hier zwei Teams von Mosaizisten arbeiteten. Staurachios von Zada aus Heschbon und sein Mitarbeiter Euremios legten geometrische Mosaiken in den Seitenschiffen und Apsiden. Die Mosaizisten des Mittelschiffs dagegen blieben bewusst anonym: „O Herr, gedenke deiner Diener der Mosaizisten, deren Namen du kennst.“[13] Der Mosaikteppich des Mittelschiffs zeigt im Zentrum einen „bewohnten“ Weinstock,[14] dessen einzelne Motive stark zerstört wurden. Um dieses Bildfeld legt sich ein doppelter Rahmen, der gut erhalten ist. Der innere Rahmen zeigt nilotische Szenen, darin eingefügt zehn ägyptische Städtevignetten. Der äußere Rahmen bietet eine Abfolge von Städtevignetten des West- und Ostjordanlandes. Alle sind durch griechische Beischriften identifiziert. Die Mosaizisten waren geographisch gut informiert: Ausgehend von Jerusalem (Beischrift: Hagia Polis), blickt der Betrachter zunächst nach Norden (Neapolis, Sebastis), und erreicht bei Caesarea (Kesaria) die Küste, dann folgen die Etappenorte auf dem Weg südwärts nach Ägypten: Diospolis, Eleutheropolis, Askalon und Gaza. Der gegenüberliegende Streifen von Städtevignetten verbleibt im Ostjordanland und geht von Kastron Mefaa aus, das größer dargestellt ist als Jerusalem. Die Stadtvignette zeigt die zwei Teile der Stadt: das Kastell und die Neustadt, dazwischen eine (nicht mehr existente) Säule. In der sogenannten Kirche der Löwen gibt es eine vergleichbare Darstellung der eigenen Stadt, wobei auf diesem Mosaik des 6. Jahrhunderts die Säule von einem Kreuz bekrönt ist.[15] Amman (Philadelphia) und Madaba (Midaba), die größte und die zweitgrößte Stadt der Region, werden als Nächstes vorgestellt. Es folgen Heschbon (Esbounta). Ma'in (Elemounta), Rabba (Aeropolis), Kerak (Charachmoba). Mit Diblaton und Limbon präsentiert das Mosaik zwei unbedeutende Orte. Beide sind aber durch Stifterinschriften mit der Stephanuskirche von Kastron Mefaa verbunden:[16]
In der Motivwahl wie auch in der Auswahl der Orte zeigt der Mosaikteppich von Kastron Mefaa eine auffällige Ähnlichkeit mit der Mosaikkarte von Madaba. Doch werden die einzelnen Städte ganz anders dargestellt. Die Frage, wie realistisch die Details der einzelnen Vignetten sind, wird unterschiedlich beantwortet, doch Skepsis überwiegt. Nach Stephan Westphalen sind die Stadtvignetten eine „Retrospektive auf vergangene Zeiten … ein später Beleg für die kontinuierliche Wirkung spätantiker Bildvorstellungen von einer Stadt“.[1] LiteraturEinzelstudien
Allgemein
WeblinksCommons: Stephanuskirche – Sammlung von Bildern
Einzelnachweise
Koordinaten: 31° 29′ 59″ N, 35° 55′ 11″ O |
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