Squalomorphii
Die Squalomorphii sind eine Überordnung der Haie (Selachii). Das Taxon wurde im Jahre 1977 durch den US-amerikanischen Ichthyologen Leonard Compagno aufgestellt um eine Gruppe urtümlicher, teilweise rochenähnlicher Haie von den weiter entwickelten Galeomorphi, den sogenannten Echten Haien abzugrenzen. Die Squalomorphii vereinigen die Dornhaiartigen (Squaliformes), die Nagelhaie (Echinorhiniformes), die Hexanchiformes, die Sägehaie (Pristiophoriformes) und die Engelhaie (Squantiniformes).[1] Alternativ zu den Squalomorphii wurde 1992 durch den japanischen Ichthyologen Shigeru Shirai das Taxon Squalea aufgestellt, eine systematische Gruppe, die neben den squalomorphen Haien auch die Rochen (Batoidea) umfasste, die nach verschiedenen morphologischen Analysen nur eine Untergruppe der squalomorphen Haie sind. Die Squalea fanden zunächst eine rasche Anerkennung und ersetzten in der wissenschaftlichen Debatte und in systematischen Lehrbüchern weitgehend die Squalomorphii.[2] Mit der zunehmenden Verbreitung der DNA-Sequenzierung zur Analyse von Verwandtschaftsverhältnissen zwischen taxonomischen Gruppen mehren sich allerdings die Zweifel an der Monophylie der Squalea. Alle molekularbiologische Untersuchungen, die inzwischen unternommen wurden, kommen zu dem Ergebnis dass, wie früher angenommen, eine basale Dichotomie von Haien und Rochen besteht. Die morphologischen Übereinstimmungen der squalomorphen Haie mit den Rochen sind danach nur konvergent, z. B. in Anpassung an ein Leben in der Nähe des Meeresgrunds entstanden.[1][3][4][5][6][7][8][9][10][11][12] Da sich die Rochen, genau so wie die modernen Haie, schon seit dem frühen Jura in der fossilen Überlieferung nachweisen lassen, wird eine Abstammung der Rochen am Endpunkt einer langen Evolutionslinie der Squalea auch nicht von paläontologischen Daten gestützt.[9] MerkmaleDie Squalomorphii besitzen eine einzigartige Form der Kieferaufhängung. Bei ihnen ist das Palatoquadratum, der Oberkiefer primitiver Kiefermäuler, durch ein starkes aber flexibles Ligament mit dem Hirnschädel in der Nähe der Augenhöhlen verbunden, ein Zustand, der Orbitostylie genannt wird und unter allen Kiefermäulern nur bei den Squalomorphii anzutreffen ist. Die Squalomorphii können also als die Haie mit orbitostyler Kieferaufhängung definiert werden.[1][6] Bei den Rochen ist das Palatoquadratum dagegen niemals am Neurocranium angelagert.[2] Bei allen Squalomorphii, mit Ausnahme der Hexanchiformes, hat sich die Afterflosse, wie bei den meisten urtümlichen Knorpelfischen, nicht gebildet. Verglichen mit ihrer Schwestergruppe den Galeomorphii gelten die Squalomorphii als weniger entwickelt. Unter anderem ist ihr Gehirn sehr viel kleiner.[2] Die Squalomorphii leben vor allem auf bzw. nahe dem Meeresboden (benthal), oft auch in der Tiefsee. SystematikDas folgende Kladogramm zeigt die Stellung der Squalomorphii innerhalb der Knorpelfische und die wahrscheinliche Verwandtschaft der zu der Gruppe gehörenden Ordnungen zueinander.[10]
Die systematische Stellung der Nagelhaie (Echinorhinus) ist stark umstritten. Sie werden oft auch wesentlich näher zu den Squaliformes oder sogar als Teil der Squaliformes eingeordnet.[13] Der amerikanische Ichthyologe Joseph S. Nelson zählt in seinem Standardwerk zu Fischsystematik „Fishes of the World“ fünf Ordnungen, elf Familien, 32 Gattungen und 124 Haiarten zu den Squalomorphii.[1] Die Online-Datenbank Fishbase listet insgesamt 172 Arten (Stand April 2018).
FossilüberlieferungDie Fossilüberlieferung der Squalomorphii beginnt im Jura und umfasst im Mesozoikum Protospinax einen Verwandten der Engel- und Sägehaie, den Engelhai Pseudorhina, den Sechskiemerhai Hexanchus gracilis[14], die Dornhaiartigen Cretascymnus und Protoxynotus, sowie die nur nach fossilen Haizähnen beschriebenen Gattungen Proetmopterus, Microetmopterus und Eoetmopterus, die den Laternenhaien (Etmopteridae) zugeordnet werden.[15] Einzelnachweise
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