SportmetapherAls Sportmetapher (Kompositum aus „Sport“< spätlateinisch d(e)isportare = sich vergnügen, sich zerstreuen und „Metapher“< altgriechisch μετα-φέρω/μετα-φορέω = übertragen, transferieren) bezeichnet man einen bildhaften Ausdruck oder eine Redewendung, die ursprünglich aus dem Sportbereich stammt und in einen anderen Sprachbereich übertragen wurde. Die Übernahmen können in andere Sondersprachen, in Fachsprachen oder in die Standardsprache erfolgen. CharakterDas wesentliche Merkmal einer Metapher ist die Analogie zwischen dem, was wörtlich gesagt wird und dem, was im übertragen Sinne gemeint ist. Es handelt sich um eine „Übertragung“ eines ursprünglichen Wortsinns oder Vorgangs in einen neuen Zusammenhang,[1] Diese Bedeutung des Terminus Metapher (μεταφορά) wird schon von Aristoteles in seiner programmatischen Schrift Rhetorik hervorgehoben.[2] Durch die Verwendung von Sportmetaphern gewinnt die Umgangssprache an lebendigem Ausdruck und Bildhaftigkeit. Metaphern aus allen Sprachebenen des Sports verjüngen die Alltagssprache und verhindern eine Verkrustung oder Intellektualisierung. Sie ermöglichen eine differenzierte, auch emotional bestimmte Sprachgebung. StrukturDas intuitive Erfassen des Sprachbilds führt nicht immer zu einem korrekten Begriffsverständnis. Ist dieses nicht gegeben, kommt es zu Fehldeutungen wie etwa bei dem Begriff Olympiade (= Fachwort der antiken Zeitrechnung) und Unsinnsmetaphern wie Schacholympiade, Mathematik-Olympiade oder Berufsolympiade. Die Sprachwissenschaft hilft mit einer einfachen Strukturanalyse, den Blick für die zutreffende Bildübertragung zu schärfen: So lebt die Sportmetapher nach Siegbert Warwitz[3] von einer „Ursprungsbedeutung“, die im Sportbereich verankert ist (z. B. „Auf Trab bringen“ = „die Gangart des Pferdes erhöhen“), einem „Vergleichspunkt“ (z. B. dem Faktor „Beschleunigung“) und einer aus ihm erwachsenden „sinngerechten Übertragung“ in einen anderen Zusammenhang, den er verbildlicht (z. B. „eine müde Amtsperson zu einer engagierteren Arbeit veranlassen“). Der Bildvergleich muss sachlich-fachlich stimmig sein. Eine Metapher präsentiert sich nach Paul Ricœur formal zudem als sogenannter „implizierter Vergleich“, d. h. als Vergleich ohne die Verwendung eines verbindenden „Wie“ oder „Als“.[4] FormenAbstraktaDie Provenienz von Metaphern aus dem Sportbereich verliert sich im Bewusstsein des normalen Sprachbürgers allmählich mit dem Alter der Übernahme und dem Grad der Abstraktheit. Manche Sportmetaphern sind bereits so „selbstverständlich“ in die Standardsprache integriert, dass sie als solche kaum mehr erkennbar sind: Sportmetaphern wie „Konkurrenz“, „Problem“, „Gewandtheit“, „Überlegenheit“, „Ansporn“, „Errungenschaft“, „Betroffenheit“, „Schlagkraft“, „Mitläufer“ oder „Vorläufer“ werden in aller Regel nur noch von Sprachexperten als ehemalige Anleihen aus dem sportlichen Wortschatz wahrgenommen. UmdeutungenManche Sportmetaphern lassen zwar noch ihre Herkunft erkennen, erfahren aber mit der Bildübernahme eine Umwertung: So liefert die „Seilschaft am Berg“ das Ausgangsbild für eine „Seilschaft in der Politik“, allerdings in einer Umwertung: Der Begriff Seilschaft aus dem Bergsport kennzeichnet in seiner Ursprungsbedeutung eine Gruppe von Bergsteigern, die eine Gefahrengemeinschaft bilden und sich gegen einen möglichen Absturz durch einen Seilverbund sichern. Im übertragenen Sinne nimmt das ursprünglich positiv beinhaltete Sprachbild jedoch eine abwertende Bedeutung an im Sinne eines Karrierenetzwerks, das sich in Abschottung von anderen gegenseitig in der Karriere fördert oder nach dem Zusammenbruch eines politischen Systems die früheren Mitglieder protegiert.[5] Auch die in der Ursprungsbedeutung neutrale sportliche Tätigkeit „Sich abseilen“ erhält mit der Bildübertragung eine negative Tönung im Sinne von „Sich davon machen“, „Sich einer brenzligen Situation heimlich entziehen“. UmwandlungenSportmetaphern können ihr Bildmaterial auch aus anderen Lebensbereichen beziehen. Dieses erfährt im Sportgeschehen dann eine Umdeutung, um mit der neuen Bedeutung in die Standardsprache einzugehen: So veränderte sich die ursprünglich aus dem Maurerhandwerk stammende Tätigkeit, eine Mauer zu errichten im Fußballsport zu der verbildlichten Redewendung „eine (menschliche) Mauer bilden“ und wurde dann zu der Metapher „mauern“ im Sinne von „eine Entscheidung blockieren“. Ausdrücke wie „hochtrabende Worte“ für eine gestelzte Redeweise oder „Sich vergaloppieren“ für eine Fehlentscheidung oder Fehlhandlung stellen sprachschöpferische Umwandlungen dar, die im Sport ihren Ursprung haben, in dieser Sprachgestalt aber nie in Gebrauch waren. Sie haben eine sprachliche Umwandlung mit eigener Vorstellungskraft entwickelt und werden kaum noch mit dem Sport assoziiert. In einem noch weiteren Begriffsverständnis wird in der Literatur auch eine ganze Sportart wie das Bergsteigen mit ihrer Aufwärtsorientierung zum Bildgeber und zur „Metapher eines sinnstrebenden Lebens“:[6] „Was die Erfahrung des Bergsteigens zu einer Metapher des Lebens überhaupt werden lässt und sogar noch zum Sinnbild für die Suche nach dem ewigen Seelenheil, ist die Verbindung der kulturell positiv besetzten Vorstellung der Höhe mit der Abforderung einer körperlichen Leistung.“[7] Stilistische MerkmaleDie Sportmetapher ermöglicht sehr subtile Sprachunterscheidungen. So macht es stilistisch wie inhaltlich einen Unterschied, ob jemand ein Anliegen (eleganter) „durchficht“ oder (grober) „durchboxt“. „Sich verrennen“ hat eine andere Bedeutung als „Sich vergaloppieren“. Metaphern aus dem Sport können zudem auch einen witzig-ironischen Beiklang erhalten wie „Die Kinderstube im Galopp durchqueren“ oder „Ein Radfahrer sein“, d. h. ein Mensch, der in seiner Firma nach oben buckelt und nach unten tritt. BeispieleDie deutsche Sprache weist ein äußerst umfangreiches Arsenal an Sportmetaphern auf. Die nachfolgenden Beispiele sind den Publikationen von Werner Haubrich,[8] Siegbert Warwitz,[3][9] Paul Ricœur[4] und Stefan Gottschling[10] entnommen:
BewertungDer Beitrag des Sports zur Umgangssprache ist seit den ersten Analysen von Werner Haubrich[8] mehrfach sprachwissenschaftlich untersucht worden. Siegbert Warwitz[11] setzt den Vorwürfen der „Versportung“ und „Verflachung“ der Sprache durch Sportmetaphern die Argumente der „Dynamisierung“, der „Verbildlichung“, der „Regenerierung“, der „Verjüngung“ der andernfalls starr und abstrakt werdenden und damit alternden Standardsprache entgegen. Paul Ricœur[4] misst der Metapher allgemein die Funktion einer „Erneuerung“ und „Verlebendigung der Sprache“ zu. Literatur
Einzelbelege
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