SoziolinguistikDie Soziolinguistik ist eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft. Sie steht in enger Beziehung zur Angewandten Linguistik und zur Allgemeinen Linguistik und wird je nach Definition von „angewandt“ entweder zur einen oder zur anderen dieser beiden sprachwissenschaftlichen Hauptdisziplinen gerechnet. Werden sprachliche Phänomene aus diachroner Sicht untersucht, besteht auch ein Bezug zur Historischen Linguistik. Die Soziolinguistik weist darüber hinaus fachliche Überschneidungen u. a. mit der Soziologie, der Anthropologie und der Psychologie auf. Gegenstand der soziolinguistischen Untersuchungen sind einerseits die soziale, politische und kulturelle Bedeutung sprachlicher Systeme und der Variationen des Sprachgebrauchs sowie andererseits die kulturell und gesellschaftlich bedingten Einflüsse auf die Sprache. GrundlegungDie Bezeichnung Soziolinguistik Das Wort ist ein wissenschaftlicher Neologismus und setzt sich zusammen aus Linguistik für Sprachwissenschaft (gebildet zu lateinisch lingua = Zunge, Sprache) und dem Präfixoid socio- (bestehend aus dem lateinischen Wortstamm soci- für gesell- und dem kompositionellen Fugenelement -o-) mit der Bedeutung die Gesellschaft betreffend. Der Ausdruck wurde erstmals im Englischen als Sociolinguistics im Jahr 1952 von Haver C. Currie in seinem Werk Projection of Sociolinguistics: Relationship of Speech to Social Status verwendet. Einige bedeutende Arbeiten Der eigentliche Beginn der Soziolinguistik geht auf die Arbeiten von Basil Bernstein in den 1960er Jahren zurück, der die Sprache der sozialen Unterschicht sowie der Mittel- und Oberschicht untersuchte. Das Ergebnis war seine sog. Defizithypothese, die im Kern besagt, dass Angehörige der Unterschicht die Sprache nur in beschränktem Maß verwenden (geringerer Wortschatz, einfachere syntaktische Strukturen etc.). Diese sah der Linguist William Labov jedoch als nicht legitime Bewertung und formulierte als Reaktion auf Bernstein die sog. Differenzhypothese, die die sprachlichen Unterschiede als gleichwertig ansah. Die im deutschen Sprachraum getroffene Unterscheidung zwischen „Sprachsoziologie“ und „Soziolinguistik“ gab es im angelsächsischen Raum nicht. Der Linguist Hugo Steger betrachtete 1973 die Variabilität in Sprachen und in welchen Formen sie allgemein auftraten. Der deutsche Soziolinguist Norbert Dittmar untersuchte zur gleichen Zeit die gesellschaftlichen Bedingungen und die Anwendung linguistischer und sozialwissenschaftlicher Methoden. 1997 strich Dittmar auch die soziale Bedeutung in Sprachsystemen heraus und differenzierte die soziolinguistischen Fragestellungen. Erwähnt werden dabei die Soziologie (mit ihren Kategorien soziale Systeme, Image, Prestige und Stigmatisierung), die Dialektologie, die Ethnographie der Kommunikation (auch: Ethnographie des Sprechens) sowie die Interaktionsanalyse. Themenbereiche soziolinguistischer ForschungDie Kategorisierungsmodelle soziolinguistischer Inhalte sind aufgrund der vielfältigen Beziehungen zu Nachbardisziplinen sehr unterschiedlich. Im Wesentlichen kann die Kerndomäne aus zwei Perspektiven betrachtet werden:
Weitere Möglichkeiten der Klassifizierung soziolinguistischer Forschungsarbeit bestehen in Hinblick auf ihre Nachbar- und/oder Teildisziplinen und sind sehr vielfältig. Dabei sind zu nennen:
Die Soziolinguistik beschäftigt sich mit konkreten Themen, die vielfach auch andere linguistische Disziplinen berühren. Vorrangige Fragen sind dabei etwa:
Bei der Untersuchung von Sprache im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Faktoren sind besonders diese von Bedeutung: Soziale Schichtung / Klasse, Alter, Geschlecht, Bildung, soziale Gruppe (Sondersprachen), soziale Rolle (Gender, soziale Stellung, …) Da die Fragestellungen der Soziolinguistik sowohl das Sprachsystem selbst (Beschreibung der Sprache unter sozialen Einflüssen) als auch außersprachwissenschaftliche Praxis (soziale Auswirkungen der Sprachverwendung, sprachpolitische Implikationen, …) betreffen, ist die Zuordnung der Soziolinguistik zur Allgemeinen Sprachwissenschaft oder zur Angewandten Sprachwissenschaft nicht eindeutig. Gerade in Hinblick auf die Anliegen der feministischen Linguistik („Frauensprache“ vs. „Männersprache“) oder auf die Thematik der Definition von Sprache vs. Dialekt und ihren politischen Auswirkungen (z. B. Kampf um Anerkennung von Sprachvarietäten als eine eigene „Sprache“ und ihrer Legitimierung etwa als Amtssprache) wird der Begriff Soziolinguistik oftmals mit Sprachsoziologie gleichgesetzt. Siehe auchQuellen und Literatur
WeblinksWiktionary: Soziolinguistik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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